J.D. David

Sonnenfeuer


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des Jungen und drückte ihn zurück auf die Pritsche.

      Lerke atmete schnell, panisch. „Lass mich sofort los.“, schrie sie nun den Mann an. Sie spürte die Panik in sich aufsteigen. Hatte sie nicht noch gerade die Ehrenhaftigkeit von Arthur herausgestellt? Wieso waren dann solche Männer in seinem Gefolge?

      „Lass mich los. Wenn Arthur davon erfährt, wird er dich aufhängen.“, schrie sie laut und verlieh dem Nachdruck, indem sie versuchte kräftig den Mann davonzustoßen. Doch dieser hielt sie fest im Griff.

      „Je mehr du dich wehrst, desto unangenehmer wird es.“, sagte er nur gehässig und warf sie mit einem Ruck auf die andere Pritsche. Er drückte sie mit einer Hand nach unten und begann, mit der anderen Hand ihre Beine zu streicheln, die durch den heraufgerutschten Rock freigelegt waren.

      Lerke schluchzte. Sie versuchte alle Kraft aufzubringen, um sich zu befreien. Aber es war vollkommen ausweglos. Sie spürte wie der Mann den Stoff ihres Kleides umfasste. Sie versuchte ihre Gedanken abzuwenden. Nicht daran denken. Nichts wahrnehmen. Alles ausschalten.

      „Ihr dreckiges Pack, lasst sie sofort los!“

      Diesmal war es die Stimme eines Mannes, die in der Höhle ertönte. Lerke öffnete die Augen und schaute auf. Es war der Mann mit den dunkelroten Haaren und fast schwarzen Augen. Gerade wollte sie ihm danken, als auf einmal Bewegung aufkam.

      Der junge Mann, der gerade noch Sylvius in Schach gehalten hatte, sprang auf und ging auf ihren offensichtlichen Retter los. Mit einer schnellen Bewegung nach links wich Arved der Klinge aus und packte die Hände des Angreifers. Er drehte den Schwung des Angriffs in eine andere Richtung. Das nächste, was Lerke aktiv wahrnahm, war wie die beiden Kämpfenden eng umschlungen waren. Dann glitt der böse Mann zu Boden. Jetzt erst sah sie die Klinge, die tief in seiner Brust steckte.

      „Du!“, rief der ältere Mann und sprang auf. Lerke fühlte sich wie befreit, als sie nicht mehr die Kraft und das Gewicht des Mannes spürte. Dieser zog seine Klinge aus dem Gürtel und ging auf ihren Retter zu. Doch er kam nicht weit.

      Man hörte noch das Surren des Pfeiles, der aus dem Höhleneingang geflogen kam, an der Schulter des Rothaarigen vorbei, und sich dann in das linke Auge ihres Angreifers bohrte. Der Mann fiel sofort tot zu Boden. Lerke schrie auf. Es war eine Mischung aus Schreck und Erleichterung.

      Kurz lag eine Ruhe in dem Raum, als die Toten still am Boden lagen, während sich ihr Blut ausbreitete. Die Stille wurde durch Schritte durchbrochen, als der Bogenschütze den Raum betrat.

      „Ritter Arthur.“, hauchte Lerke leise, als sie den Mann erkannte. Sie spürte immer noch ihren schnellen Herzschlag, aber die Gefahr schien nun gebannt.

      „Geht es euch gut, Euer Gnaden?“, fragte Arthur mit einer leichten Verbeugung, schaute zuerst zu Lerke, dann aber auch zu Sylvius.

      „Ich…ich…“, stotterte Lerke leise. Auch Sylvius fand keine Worte. Arthur nickte aber verständnisvoll.

      „Kilian!“, rief der Ritter laut und im nächsten Moment erschien ein weiterer älterer Krieger. „Lass diese Schweinerei aufräumen. Und sage allen Männern, dass ein Angriff auf meine Gäste ein Angriff auf mich ist. Nur das wir uns alle verstehen.“

      „Natürlich, Arthur!“

      „Sylvius. Komm mit mir.“, sagte Arthur an den jungen Sohn Tandors gerichtet und wandte sich dann an den Rothaarigen. „Arved. Bitte begleite doch Lerke nach draußen. Ich glaube, sie kann ein bisschen frische Luft brauchen. Außerdem bist du für ihre Sicherheit verantwortlich, egal was passiert.“

      „Natürlich, Vater.“, bestätigte Arved und ging dann vorsichtig auf Lerke zu. Er streckte ihr seine Hand entgegen.

      „Euer Gnaden, ich würde vorschlagen wir gehen nach draußen und vielleicht in den Wald. Die frische Luft und Ruhe wird Euch nun gut tun.“

      Lerke nickte nur und umfasste die Hand. Auf einmal fühlte sie sich wieder sicher.

      Sie waren Seite an Seite gelaufen und hatten dennoch kein Wort geredet. Erst als Lerke und Arved am Kamm des kleinen Berges ankamen, hielten sie inne. Lerke sah einen größeren Felsen, der von der Sonne beschienen wurde, und setzte sich dort hin. Sie spürte, wie der Wind ihre blonden Haare erfasste und um ihr Gesicht herumwehte. Es war ein gutes Gefühl. Ein Gefühl der Freiheit. Obwohl sie natürlich wusste, dass sie noch immer in Gefangenschaft war.

      Ihre erste Vermutung schien sich zu bestätigen. Sie befanden sich in einem Gebirge. Am Horizont erkannte man die hohen Bergspitzen, die in die Wolken stießen. Sie selbst waren in den flacheren Ausläufern, und dennoch war das Land steinig und karg. Am Fuße des Hügels, den sie mit Arved hinaufgegangen war, befand sich das Lager von Arthurs Männern. In einem Wald verborgen waren die Zelte und Hütten fast nicht zu erkennen. Selbst von hier nicht, obwohl sie wusste, wo das Lager war. Aus weiterer Entfernung gab es keine Möglichkeit sie zu finden. So war auch ihre Chance auf eine Befreiung – durch die Männer ihres Großvaters oder durch die Soldaten Tandors – verschwindend gering. Wohl nicht existent.

      „Geht es Euch besser?“, fragte Arved die sitzende Lerke, die immer noch ihre Augen geschlossen hatte und den Wind genoss. Sie öffnete diese und schaute dem jungen Mann ins Gesicht und nickte.

      „Ja. Es geht schon. Du musst mich nicht so förmlich ansprechen. Nenn mich einfach Lerke.“, sagte sie, nur um dann noch etwas nachzuschieben. „Danke, dass du uns beschützt hast.“

      „Natürlich, eue... Lerke. Es tut mir leid, dass wir dich und Sylvius entführen mussten. Aber es ist das einzige Mittel, gegen Celan von Tandor. Es gibt keinen anderen Weg mehr.“

      „Das verstehe ich.“, sagte Lerke leise.

      „Wirklich?“, fragte Arved ungläubig. Welche Geisel verstand schon ihre Situation?

      „Es wird uns doch nichts passieren, oder?“, fragte Lerke eine Gegenfrage, ohne Arved zu antworten. Dieser schüttelte den Kopf.

      „Nein, es wird dir nichts passieren. Das schwöre ich bei meiner Ehre. Mein Vater wird nicht zulassen, dass euch auch nur ein Haar gekrümmt wird.“

      „Bin ich mit dir geritten? Also ich meine, als ihr uns hierher gebracht habt, saß ich glaube ich bei dir auf dem Pferd, oder?“

      Arved wandte sich ab und schaute in die Täler, die vor ihnen lagen. Er zögerte kurz, bevor er antwortete.

      „Ja. Wieso?“

      „Wieso hast du nicht mit mir gesprochen?“

      Erneut zögerte Arved, bevor er antwortete. Wieso stellte sie solche Fragen? So richtig ergab es keinen Sinn. Andererseits war seine Rolle sie zu beschützen. Bei ihr zu sein.

      „Ich sollte nicht.“, antwortete er erst. „Außerdem hast du ja nichts gefragt.“, fügte er dann hinzu.

      Lerke lächelte. Das erste Lächeln, seit dem Angriff auf Sylvius und sie in der Höhle. Es war noch zaghaft, aber dennoch ehrlich. „Dann kann ich ja jetzt fragen.“

      „Bitte.“

      „Was wünschst du dir? Was willst du erreichen, mit dem Kampf gegen Rethas?“

      Arved ging auf Lerke zu und setzte sich auf den Felsen neben sie. Obwohl sie sich nicht berührten, spürte sie die Wärme des jungen Mannes.

      „Wir kämpfen nicht gegen Rethas. Wir kämpfen für Rethas und sein Volk. Für Freital. Für Ostwacht. Für Grünburg. Wir kämpfen gegen Celan und seine Häscher. Und ja, auch gegen deinen Großvater, denn er hat die Seite dieses Tyrannen und Verräters gewählt. Aber ich will nicht kämpfen. Ich wünsche mir Frieden und Freiheit. Die Freiheit, dass jeder Mensch in Rethas, in Valorien, das tun kann und so leben kann, wie er will. Unter dem Schutz der Ritter und Adeligen des Reiches.“

      Lerke nickte. Die Worte aus Arveds Mund waren schön. Er verstand es, zu formulieren. Sie verstand ihn auch. Wenn es das Schicksal anders mit ihr gemeint hätte, würde sie nun auf seiner und Arthurs Seite sein. Denn der Wunsch, den auch sie hegte, war der gleiche.

      „Woher