dass ich Sammler bin. Diese Reliquienfiguren sind sehr wertvoll. Bitte belassen Sie den jeweiligen Inhalt unter allen Umständen in den Figuren. Es wäre eine Katastrophe, wenn Sie da drangehen. Ich persönlich nehme die Reliquien heraus, sodass die Figuren mit Blei ausgekleidet werden können. Danach werde ich sie mit den wertvollsten Reliquien wieder befüllen. Sie haben damit keine Arbeit. Erst dann werden die Figuren von Ihnen verschickt. Die Adressen bekommen Sie zusammen mit der befüllten Reliquie.“
„Gut, wie Sie wollen. Die erste Hälfte des Geldes bekomme ich, wenn Sie die Reliquien herausgenommen haben. Die andere Hälfte ist fällig, wenn sie mir die Figur für den Versandweg übergeben.“
„Einverstanden.“
Arsai sah aus dem Fenster, wie der Wagen mit Kurowski davonfuhr. Der Mann hatte die Wahrheit gesagt, als er vom Versand sprach. Hätte er das nicht gemacht, hätte er ihn töten müssen. Niemand wagte es ungestraft, ihn anzulügen.
Kurowski war perfekt. Er besorgte ihm nicht nur die Reliquienfiguren, sondern übernahm auch noch den Transport. Einen perfekteren Geschäftspartner hätte er nicht finden können.
Arsai lehnte sich zurück und trank einen Kaffee. Dann kam sein treuer Freund Iwan zurück.
„Hast du Kurowski am Bahnhof abgeliefert?“
„Ja.“
„Hat er versucht, mit dir zu sprechen?“
„Ja. Aber ich bin nicht darauf eingegangen. Ich mag den Typen nicht. Warum diese Figuren?“
„Überleg doch, Iwan. Die Figuren sind perfekt. Du weißt, dass ich Reliquienfiguren liebe. Auf diese Weise kann ich mir die schönsten Stücke sichern. Die anderen kann ich ohne Risiko an meine Kunden ausliefern. Ich trage nicht das kleinste Risiko.“
„Wie du meinst. Trotzdem mag ich Kurowski nicht.“
„Ich auch nicht. Aber das spielt keine Rolle, mein Freund.“
Gerhard holte die Ware aus dem Schließfach, stieg in seinen Wagen und dachte darüber nach, was eben geschehen war. Ging es Arsai wirklich nur um Sammlerstücke? Er zweifelte daran. Der Mann hatte eine Sauerei vor und war nicht ehrlich zu ihm. Gut, er würde mit ihm ins Geschäft kommen. Sollte Arsai ihm eine Figur zum Versand übergeben, musste er sich diese genauer ansehen. Sollte er Kevin und Torsten davon erzählen? Nein. Die beiden waren dafür nicht clever genug. Sie hatten nicht einmal gemerkt, dass er sie mit der Bezahlung regelmäßig beschiss. Nein, die Zusammenarbeit mit Arsai lief nur zwischen ihnen beiden ab.
Der englische Geheimdienst verfolgte wie alle anderen Staaten auch die Handelstätigkeiten zwischen Deutschland und dem Ausland. Einem der englischen Kollegen waren die kleinen Aufkleber auf den Paketen aufgefallen, die immer an derselben Stelle angebracht wurden. Allerdings hatten die Absender und Adressaten nichts gemeinsam. Patrick Lynch sprach mit seinen Kollegen darüber, die sich jedoch nicht dafür interessierten.
„Das ist doch völlig verrückt, Patrick. Diese Pakete haben absolut nichts gemeinsam. Abgesehen von den völlig unterschiedlichen Absenderadressen gleichen sich die Handschriften nicht einmal annähernd. Das sind alte Leute, die ihren Verwandten Geschenke schicken, mehr nicht. Sieh dir schon allein die Verpackungen an. Die sind selbstgebastelt und stümperhaft gemacht. Niemand wird in solchen Paketen Wertvolles verschicken.“
„Seht ihr die kleinen Aufkleber nicht? Die sind identisch!“
„Vielleicht ist das nur eine Werbung der deutschen Post und hat mit den Absendern nichts zu tun. Das würde auch die Häufigkeit erklären.“ Auch andere Kollegen argumentierten ähnlich und winkten ab. Trotzdem blieb Lynch dabei und suchte gezielt nach diesen Aufklebern. Nach vier Wochen hatte er viele dieser Pakete sichten können, für seine Begriffe zu viele. Patricks Kollegen waren immer noch nicht überzeugt, deshalb ging er zu seinem Vorgesetzten Barnes.
„Sie haben eine sehr gute Beobachtungsgabe, Lynch. Auch deshalb wollte ich Sie in meinem Team haben,“ sagte Barnes begeistert. Ihm wäre diese Kleinigkeit der Aufkleber wahrscheinlich nie aufgefallen. „Konzentrieren wir uns auf diese Pakete. Melden Sie mir umgehend, wenn wieder eins aufgegeben wurde.“
„Sie wollen ein Paket abfangen?“
„Selbstverständlich. Überzeugen wir uns von dem Inhalt, dann wissen wir mehr.“
Von all dem hatte die Familie Kurowski keine Ahnung. Kevin und Torsten gingen weiter unbehelligt auf Diebestour, während Gerhard ein Paket aus dem bayerischen Cham nach Spanien verschickte, nachdem er eines aus Deggendorf und eines aus Straubing versandte. Auch heute hatte er ältere Damen gefunden, die ihm bereitwillig die Paketaufkleber beschriftet hatten, nachdem er ihnen seine vermeintlich lädierte Hand zeigte.
All das ahnte die Mühldorfer Kriminalpolizei nicht. Für sie ging es um einen umfangreichen Diebstahl von Volkskunst, mehr nicht. Täglich landeten immer mehr Anzeigen auf dem Tisch der Beamten, die kaum hinterherkamen. Die Befragungen der Geschädigten waren immer dieselben: Niemand hatte etwas gesehen oder gehört. Ab und zu wurde ein heller Lieferwagen erwähnt, zu dem es aber keine näheren Angaben gab. Die Diebe gingen dreist vor und nahmen tatsächlich alles mit, was ihnen vor die Augen kam.
4.
Die Mühldorfer Kriminalbeamten arbeiteten auf Hochtouren. Zwischen Asanger, Leo und Hans war ein regelrechter Konkurrenzkampf entbrannt. Jeder war bemüht, als erster Ergebnisse zu liefern, was nicht einfach war, denn jeder Ermittlungsansatz endete in einer Sackgasse. Werner und Stumpf hatten für diese Art Arbeit nichts übrig und hielten sich heraus.
Krohmer war enttäuscht, als auch nach Wochen noch keine Ergebnisse präsentiert wurden. Er drängelte und wies seine Leute an, den Fall so schnell wie möglich zu lösen. Vor allem, nachdem auch Staatsanwalt Eberwein Opfer eines Diebstahls wurde. Eberwein und seine Familie hatten erst vor wenigen Jahren einen alten Bauernhof erworben und ihn mühsam und aufwändig restauriert. Auf dem Grundstück befand sich eine kleine Kapelle, die ebenfalls wieder in neuem Glanz erstrahlte. Eberwein war auf die Kapelle besonders stolz und reagierte sehr ungehalten, als sie rüde aufgebrochen wurde.
„Am helllichten Tag wurden drei alte Statuen entwendet,“ schrie er Krohmer an. „Können Sie sich vorstellen, wie sehr sich meine Frau jetzt fürchtet?“
„Handelt es sich um wertvolle Figuren?“
„Meines Wissens nach stellen sie keinen großen Wert dar. Das ist es ja, was mich besonders ärgert. Wer hat Interesse daran? Es ist Maria mit dem Kinde, Petrus und die Heilige Barbara.“
„Haben Sie Fotos von den Figuren?“
„Ja. Ich maile sie Ihnen zu. Ich bitte Sie, diese Ganoven endlich dingfest zu machen.“
Als Krohmer die Fotos der Figuren bekam, mailte er sie sofort an einen Kunstsachverständigen weiter, der sich bereiterklärt hatte, der Polizei zu helfen.
„Das ist normale Volkskunst,“ lautete die Expertise. „Die Barbara stellt einen Wert von circa 100 € dar, die beiden anderen jeweils die Hälfte.“
Krohmer war erstaunt. Das wären gerade mal 200 €.
„Wie alt sind die Figuren?“
„Schwer zu sagen, schließlich habe ich nur Fotos, auf die ich meine Einschätzung abgeben kann. Alle drei sind mindestens 100 Jahre alt, die Barbara dürfte die älteste sein.“
„So alt? Und dann dieser geringe Schätzwert?“
„Leider ja. Die Figuren sind in einem erbärmlichen Zustand. Sehen Sie sie genauer an, dann werden sie feststellen, dass nicht nur Stellen abgeschlagen sind. Es fehlen Finger, die Maria hat sogar nur eine Hand. Die Figuren wurden nicht pfleglich behandelt und stellen trotz ihres hohen Alters keinen größeren Wert dar.“
Bei genauerer Betrachtung sah Krohmer, was der Mann meinte. Ja, die Figuren sahen wirklich schlecht aus. Aber warum wurden sie dann gestohlen?
Mit dieser Information eröffnete Krohmer die tägliche