H. G Götz

Caromera


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…, bereits vor geraumer Zeit damit begonnen Ausschau nach einem, nun nennen wir es mal, Mittel zu halten das in Frage kommen würde unsere

      Probleme zu lösen.“

      „Sie haben sich ein Serum besorgt, das in der Lage ist

      Menschen zu töten“, sagte Bogwin, dessen Maß an Erstaunen sprengte.

      „Und er ist hier in unserem Land“, wiederholte er, noch erstaunter als zuvor.

      „Hauptman drehte sich mit einem Ruck um, sah Bogwin scharf an.

      „Ja, das ist es!“

      „Ich habe wie jeder andere auch im obersten Rat, gesehen, auf welche Katastrophe wir zusteuern. Dass es Tausende und Abertausende von Toten geben würde. Und genauso wie alle anderen habe ich gewusst, dass das Problem nicht damit aus der Welt zu schaffen sein wird, indem wir hergehen und Sparmaßnahmen setzen.“ Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. Hauptman hatte sich in einen Eifer geredet, der die beiden in seiner Vehemenz überraschte.

      „Wir müssen das tun was notwendig, das unausweichlich ist. Wir müssen, dass tun, was uns als letzter Ausweg geblieben ist“, sagte er weiter.

      „Das wäre Mord!“

      Lampert, der die ganze Zeit damit zu kämpfen hatte,

      dass Gehörte zu verdauen hatte sich zur Überraschung der beiden wieder zu Wort gemeldet.

      „Mord wäre es auch, wenn man all jenen Menschen das Recht zu leben nimmt, die noch ein Leben haben“, schrie Hauptman ihn an.

      Mit drei schnellen Schritten war Hauptman bei Lampert, beugte sich zu ihm hinunter, stemmte sich dabei auf beide Armlehnen und sah ihn mit einem Blick an, der keinen Zweifel offenließ, dass er es ernst meinte. „Was bleibt denn jenen noch, die heute schon mehr dahinvegetieren als das sie leben? Außer der Gewissheit, dass sie in absehbarer Zeit entweder an Hunger, an Krankheit oder Verzweiflung sterben werden!“

      „Ist es denn da nicht rechtens wenigstens ihren Nachkommen ein Leben zu garantieren, dass es wert ist gelebt zu werden?

      Lampert sah erschrocken zu Hauptman hoch.

      „Wir sprechen hier von Tausenden von Menschen“, hörten beide Bogwin sagen.

      Hauptman und Lampert drehten sich zu ihm um. Hauptman stieß sich von den Armlehnen des Stuhls ab, auf dem Lampert saß und sagte zu Bogwin: „Mag sein, aber diese werden der Garant dafür sein, dass viele andere überleben.“

      Der Satz stand im Raum wie eine Hiobsbotschaft, wie eine Nachricht, von der alle wussten, dass sie eintreffen würde.

      Dennoch, die Unfassbarkeit der Idee, mit der sich Lampert und Bogwin konfrontiert sahen, raubte ihnen den Atem.

      Bogwin sah auf sein Glas mit dem Brandy darin. Nur zu gerne hätte er einen Schluck davon genommen aber er sich außerstande, das Glas auch nur zum Mund zu führen.

      Hier saßen sie nun. Sprachen von Mord an Tausenden von

      Menschen mit einem Glas Brandy in der Hand. Fast wäre Bogwin versucht, des Wahnsinns wegen die diese Idee ausströmte, aufzustehen um aus dem Raum, dem Haus zu stürmen.

      Irgendetwas hinderte ihn daran. Etwas, dass er nicht benennen konnte, wollte. Es hatte Macht. Macht ihn hier und jetzt, in diesem Raum festzuhalten.

      Schließlich war Lampert es, der wieder seine Stimme fand.

      „Und wie stellen sie sich vor, wollen sie diese Idee dem Rat beibringen?“

      Hauptmann langsam einen Fuß vor den anderen setzend, ging wieder hinter seinen Schreibtisch. Hinter diesem stehend, legte er seine rechte Hand auf den Tisch und sagte: „Es dürfte uns klar sein, dass der oberste Rat dieser Idee niemals zustimmen würde.“

      Er atmete tief durch, sah dann auf und sagte, in einem Ton der den beiden anderen, wie ein Flüstern vorkam: „Der oberste Rat darf von dieser ..., Maßnahme nichts erfahren.

      „Was wollen sie dann tun“, fragte ihn Bogwin.

      „Menschen still und heimlich ermorden?“

      „Sie gehen recht in der Annahme, dass der Rat, sollte er davon erfahren, dem niemals zustimmen wird. Einer solchen ..., Ungeheuerlichkeit!“

      Für eine Sekunde lang, hatte er gezögert, diesen Satz auszusprechen.

      „Eine Ungeheuerlichkeit wäre es, wenn man unzählige Menschen sterben lassen würde, wenn man die Möglichkeit hat, dies zu verhindern“, gab Hauptman zurück.

      Nun nahm Bogwin doch einen großen Schluck seines Brandys. Er sah in sein Glas, schwenkte den Inhalt hin und her, betrachtete die Schlieren, die die Flüssigkeit an den Seiten des Glases hinterließ.

      „Mit wem haben sie sonst noch darüber gesprochen“, wollte Bogwin von Hauptman wissen.

      „Nur mit ihnen beiden“, erwiderte Hauptman darauf.

      Bogwin nickte.

      „Warum haben sie gerade uns in diesen Plan eingeweiht? Wer sagt ihnen, dass wir nicht schnurstracks den Rat einberufen und sie festnehmen lassen?“

      Hauptman lehnte sich leger mit einer Hand an einen

      Stuhl und sagte: „Erstens würde ihnen niemand diese Geschichte abkaufen. Und zweitens, was hätten sie davon?“

      Er brachte es tatsächlich fertig, ein Lächeln auf seinem Gesicht zu zeigen.

      „Abgesehen davon müssten sie mit der Tatsache leben, ein ganzes Land, das sie genauso lieben wie ich es tue, dem Untergang übergeben haben.“

      „Ist ihnen klar, dass wir, wenn wir diesem …, Plan tatsächlich zustimmen würden und es herauskäme, wir nirgendwo auf der Welt mehr Unterschlupf finden würden“, gab Bogwin zu bedenken.

      Bogwin sah Hauptman fragend an.

      „Dann müssen wir dafür sorgen, dass es niemand herausfindet. Denn sollte es jemandem gelingen herauszufinden, brauchen wir uns um Unterschlupf wie sie es nennen, nicht mehr zu kümmern.“

      Das Lachen, das Hauptmann daraufhin ausstieß, ließ die beiden erschaudern.

      Bogwin nahm den letzten Schluck seines Brandys und stellte das Glas auf den Schreibtisch Hauptmans.

      Ruckartig stand er auf.

      „Ich muss das erst verdauen“, sagte er mit gesenktem Kopf.

      „Tun sie das, aber bedenken sie, dass wir nicht allzu viel Zeit haben, um das richtige zu tun. Und denken sie daran, dass es für niemanden gut wäre, wenn jemand von dieser Unterredung erfahren würde“, sagte Hauptman. Bogwin blieb vor seinem Stuhl stehen, hielt in der Bewegung, die er gerade noch tun wollte, inne. Hatte er sich getäuscht oder lag ein drohender Ton in dem, was Hauptman gesagt hatte? Doch er war zu müde, zu mitgenommen, um weiter darauf eingehen zu können. Langsam stand auch Lampert auf. Er hatte bisher nur an seinem Brandy genippt. Jetzt wünschte er, er hätte das Glas auf einen Zug leer getrunken. Mit einer langsamen Bewegung stellte er das Glas auf den Schreibtisch. „Ich brauche etwas Zeit“, ließ er Hauptman wissen, ohne ihn anzusehen.

      „Ich muss darüber nachdenken, kann jetzt und hier einer solchen Maßnahme nicht zustimmen.“ Er schüttelte den Kopf und begann, um den Stuhl, auf dem er noch kurz zuvor gesessen hatte, herum zu gehen.

      „Natürlich verstehe ich sie, werter Ratskollege. Doch sie wissen ...“, sagte Hauptman

      „Jaja, ich weiß“, antwortet Bogwin in scharfem Ton.

      „Die Zeit drängt!“

      „Ich schlage vor, wir sollten über dieses Thema nachdenken. Reiflich nachdenken“, schlug Bogwin vor, ohne sich zu Hauptman umzudrehen.

      „Natürlich“, erwiderte Hauptman.

      „Wir sollten alle noch einmal darüber nachdenken“, sagte Bogwin, der sich nun doch wieder zu Hauptman umdrehte und diesen mit