H. G Götz

Caromera


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      Schließlich sagte er: „Ich muss eine sehr delikate

      Entscheidung treffen.“

      Sie wartete einen Moment lang ab. Als er schließlich nicht weiterredete, fragte sie ihn: „Willst du darüber sprechen?“

      Sie hörte, wie er einen tiefen Zug von seiner Pfeife nahm.

      „Wie gerne würde ich mit dir darüber reden meine Liebe.

      Aber ich kann es nicht, darf es nicht.

      Rosalies Stirn legte sich in Falten.

      „Ist es denn so schlimm“, fragte sie ihren Mann.

      Bogwin antwortet nicht, nickte nur bejahend mit dem

      Kopf.

      Nachdem er seine Pfeife zu Ende geraucht und seinen Tee getrunken hatte, schlug er vor, dass sie noch einmal nach dem Mädchen sehen sollten. Vorsichtig öffneten sie einen Spaltbreit die angelehnte Tür und sahen das

      Mädchen schlafend vor.

      „Morgen früh müssen wir sie von Dr. Campbell untersuchen lassen. Ja, nachdem sie etwas gefrühstückt hat und sie ein Bad genommen hat“, meinte Rosalie. „Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee“, musste

      Bogwin mit einem Lächeln zugeben.

      Er lag in dieser Nacht noch lange wach. Immer wieder ging er in Gedanken das Gespräch mit Hauptman durch. Immer wieder stellte er sich die gleichen Fragen, auf die er, auch nachdem er sich diese zum hundertsten Mal gestellt hatte, keine Antwort fand.

      Erst gegen Morgen, als der Himmel sich allmählich von einem dunklen Schwarz, in ein heller werdendes Grau verwandelte, fiel er in tiefen Schlaf.

      Die Unterredung

      Bogwin hatte sich nach zwei weiteren fast schlaflosen Nächten dazu entschlossen sich vor der Zeit wieder mit Hauptman zu treffen.

      Mit fest entschlossenen Schritten ging er spätabends die verlassenen Straßen entlang. Wieder fiel ihm der Schmutz auf, der die einst so sauberen Straßen dieser ehemals so properen Stadt verunzierte. Wieder wurde ihm bewusst in welch verheerender Situation, sie sich alle befanden.

      Doch sein Entschluss stand fest.

      Als er an der Tür Hauptmans klopfte, sah er sich verstohlen nach links und rechts um. Es wäre ihm, aus welchen Gründen wusste er selbst nicht unangenehm gewesen, wenn man ihn um diese Zeit hier sehen würde.

      Von innen hörte er Schritte, die sich gemächlich der

      Tür näherten.

      Hauptman selbst öffnete die Tür und bat ihn einzutreten.

      Als dieser die Tür wieder geschlossen hatte, sagte dieser: „Ich habe nicht erwartet, sie so früh wieder begrüßen zu dürfen, werter Amtskollege. Doch freue ich mich über ihren Besuch.“

      Hauptman ging Bogwin voraus, bat ihn, mit einer einladenden Handbewegung ihm zu folgen. Kurze Zeit später betraten sie dessen Arbeitszimmer.

      „Bitte, nehmen sie doch Platz“, forderte Hauptman ihn auf.

      „Brandy?“

      Bogwin lehnte dankend ab.

      Bogwin spürte, wie sich Unruhe in seinem Inneren regte. Hauptman goss sich selbst ein Glas ein, ging langsam hinter seinen Schreibtisch zurück und setzte sich. Nachdem er einen Schluck vom Brandy gemacht hatte, sagte er: „Nun, womit habe ich diese unerwartete und schnelle Freude verdient?“

      Bogwin sah in dessen Augen, dass er sich keineswegs darüber freute ihn wiederzusehen.

      Die Gleichgültigkeit in dessen Augen, war nur zu deutlich erkennbar.

      Schnell schob er den Gedanken beiseite. Er hatte nicht vor allzu lange in dessen Gegenwart verbringen zu wollen.

      „Ich habe reiflich darüber nachgedacht, worüber wir das letzte Mal gesprochen haben“, begann Bogwin. „Sehr schön“ erwiderte Hauptman mit einem Lächeln auf den Lippen, dass kälter nicht hätte sein können.

      „Und wie stehen sie nun zu der Sache?“

      Bogwin erkannte die Ungeduld in der Stimme Hauptmans, der wieder einen Schluck von seinem Brandy nahm. „Ich fühle mich außerstande, mich diesem Vorhaben anzuschließen. Es muss eine andere Möglichkeit geben, die Misere, in der wir uns befinden, zu beseitigen.“ Als er seinen Kopf hob, um Hauptman anzublicken, sah er, wie diesem das Lächeln auf seinem Gesicht gefror. „Das ist ausnehmend bedauerlich“ hörte er Hauptman sagen, der sein Glas wieder zum Mund hob.

      „Wirklich ausnehmend bedauerlich!“

      „Ich kann so ein …, Vorhaben mit meinem Gewissen einfach nicht vereinbaren. Ein Menschenleben auszulöschen, damit ein anderes gerettet werden kann.

      Das ist nicht richtig!“

      Grabesstille füllte mit einem Mal den Raum.

      „Wir haben nicht das Recht Gott zu spielen.“ „Aber, aber werter Ratskollege“, sagte Hauptman. „Wer hat denn gesagt, dass wir uns dergleichen anmaßen wollen?“

      „Nun“, begann Bogwin einzuwenden. „Genau das wäre es doch.“

      Hauptman hob abwehrend die Hand.

      „Nicht doch“, sagte er.

      „Alles was zur Debatte stand, war, viele Menschenleben zu retten“.

      „Ja, welches ihrer Meinung nach nur möglich wäre, wenn wir andere dafür opfern würden.“

      Hauptman wandte den Kopf ab. So sehr er sich auch darum bemühte seine Enttäuschung, nicht zu zeigen, konnte er es doch nicht verhindern, dass seine Mundwinkel für einen Moment nach unten sanken.

      „Nun, wie ich sehe, werter Kollege, können sie sich für die …, Idee, die ich ihnen und unserem Kollegen Lampert das letzte Mal unterbreitet habe, nicht erwärmen.“

      Wieder nahm Bogwin dieses eiskalte Lächeln, auf

      Hauptmans Gesicht war.

      „Absolut nicht“, antwortete Bogwin.

      „Nun ja“, setzte Hauptman an. „Es war ja nur so eine …,

      Idee, nicht wahr.“

      „Es war wohl mehr wie nur eine Idee“, widersprach Bogwin.

      „Sie haben etwas von einem Serum erzählt, in dessen

      Besitz sie sind.“

      Erstaunt sah Bogwin, wie die selbstsichere Fassade Hauptmans zu bröckeln begann.

      „Da müssen sie etwas falsch verstanden haben, werter

      Kollege. Absolut falsch!“

      Das zurückgekehrte Lächeln auf dem Gesicht Hauptmans, so es auch zu sehen war, hatte nichts mehr von seiner Arroganz, die es ansonsten zu zeigen gewohnt war.

      Bogwin wurde es zu viel. Er musste raus aus diesem Raum, diesem Haus, weg von diesem Mann.

      Bogwin stand auf, strich sich seinen Mantel zurecht. „Hören sie Herr Ratskollege, um der gemeinsamen Sorge um unser Land willen. Sollten sie wirklich im Besitz eines solchen …, Stoffes sein ...!“

      „Werden sie ihn los. Und zwar so, dass er niemanden schaden kann und wir vergessen die ganze Sache!“ Kaum hatte Bogwin den Satz beendet, stand Hauptman auf und ging auf ihn zu.

      Jeder Muskel in Bogwins Körper begann sich anzuspannen.

      „Lieber Kollege, seien sie versichert“, begann er zu Bogwin zu sagen.

      „Sie haben da etwas völlig falsch verstanden. Es wird nichts das was sie irrtümlicherweise vermutet haben geschehen. Es gibt keinen solchen …, Stoff, noch war jemals geplant einen solchen zum Einsatz zu bringen.

      Wie