H. G Götz

Caromera


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sie mir bitte …!“

      „Das Mädchen befindet sich im Nebenzimmer. Es geht ihr gut. Wer ist die Kleine überhaupt?“

      Bogwin schloss wieder seine Augen. Die Erinnerung, all das was geschehen war, schwappte über ihn.

      Edna, die panisch versuchte, ihn aufzuwecken, wie er+0 versucht hatte Rosalie zu wecken, die Tür, die in Flammen stand …!

      „Ihr Haus ist vollständig niedergebrannt“, hörte er

      Lampert sagen.

      „Genauso wie meines!“

      Bogwin riss die Augen auf, sah ihn mit entsetztem Blick an.

      „Aber wie kann das sein? Beide Häuser zur gleichen

      Zeit!“

      Lampert gab darauf keine Antwort.

      Erst jetzt nahm er wieder den Raum wahr, in dem er lag.

      „Und warum bin ich nicht in einem Krankenhaus?“

      „Dort wollte man sie auch hinbringen“, sagte Lampert.

      „Ich war gerade zu Besuch bei Freunden, als mich die Nachricht erreichte, dass ihr Haus in Flammen stand. Ich bin sofort zu ihrem Haus gelaufen, wo man mich angetroffen hat. Und wo man mich davon unterrichtet hat, dass auch mein Haus in Flammen steht!“ Der Schwindel, der Bogwin für kurze Zeit verlassen hatte, befiel ihn wieder. Er griff sich an den Kopf.

      Alles drehte sich darin.

      „Wir können nicht lange hierbleiben“, hörte er Lampert sagen.

      „Was soll das heißen“, wollte Bogwin von ihm wissen. „Ich denke, wir sind beide in Lebensgefahr. Oder glauben sie wirklich das unsere beiden Häuser zufällig zur gleichen Zeit, in der gleichen Nacht abgebrannt sind?“

      Verwundert sah Bogwin ihn an.

      „Sie meinen …“, begann er.

      „Sie glauben, man hat unsere Häuser absichtlich in

      Brand gesteckt?“

      Er konnte den Gedanken kaum fassen.

      „Ja das denke ich“ bestätigte ihm Lampert.

      „Aber, dann müssen wir die Polizei davon unterrichten.“ „Das werden wir auch. Doch im Moment ist es wichtiger, dass wir am Leben bleiben.“

      „Aber wer …!“ Bogwin beendete den Satz nicht. Lampert sah seinen Freund an. Dessen Blick bestätigte den Verdacht, den er selbst hatte.

      „Schnell, wir müssen hier weg. Ich bin überzeugt, dass man bereits nach uns sucht!“

      Bogwin konnte die Panik in der Stimme Lamperts hören. „Sie glauben, dass er wirklich vorhat es noch einmal zu versuchen“, fragte Bogwin ihn.

      Erst da wurde ihm der zuvor noch unausgesprochene

      Gedanke zur Wirklichkeit.

      Das Gespräch mit Hauptman. Ihrer beider Besuch bei diesem. Natürlich musste er dafür sorgen, dass sie beide nicht redeten!

      Angst erfasste ihn. Angst, die ihm die nötige Energie gab, sich aufzurichten und der Aufforderung seines Freundes Folge zu leisten.

      „Aber …, wo sollen wir denn hin“ fragte Bogwin ihn.

      „Ich habe dafür gesorgt, dass man uns raus aus der Stadt bringt“, ließ Lampert ihn wissen.

      „Ich habe einen guten alten Freud, der dafür sorgt, dass wir fürs erste sicher sind. Aber wir müssen uns beeilen!“

      „Das Mädchen“, rief Bogwin erschrocken.

      „Wir müssen das Mädchen unbedingt mitnehmen. Sie hat doch sonst niemanden, der sich um sie kümmert!“ Lampert hielt ihm ein paar Kleidungsstücke hin und sagte: „Hier ziehen sie das an. Schnell!“ Bogwin nahm die Kleidungsstücke, sah einen Moment verwundert darauf. Erst da fiel ihm auf, dass er noch immer seinen Pyjama trug.

      Nach einem Moment des Zögerns begann er sich anzuziehen.

      „Machen sie sich um das Mädchen keine Sorgen. Wir werden sie natürlich mitnehmen“, hörte er Lampert sagen.

      Fertig angezogen und mit Edna an der Hand, schlichen sie zur Hintertür des Hauses hinaus, in dem er noch nie zuvor gewesen war. Draußen, in der kleinen Seitengasse, stand ein Wagen.

      „Schnell, steigt ein“, riet Lampert.

      „Auf den Hintersitz. Und duckt euch, so dass euch niemand sehen kann!“

      Bogwin tat wie ihm geheißen. Er schob Edna, die keinen Laut von sich gab in den Wagen und stieg dann selbst ein.

      Lampert stieg vorn ein und tat es ihnen nach.

      „Miguel, fahren wir“, hörten die beiden Lampert zu dem Mann sagen, den sie zuvor nur für ein paar Sekunden wahrgenommen hatten.

      Der Wagen begann sich zu bewegen, rollte langsam vorwärts, bis er aus der Seitengasse bog. Schnell nahm er Fahrt auf.

      Hinten auf der Rückbank drückte Bogwin das kleine

      Mädchen an sich.

      Tränen traten ihm in die Augen.

      Was sollte nun werden? Wie würde es weitergehen?

      Fragen, die ihm Angst machten.

      Da sah er auf Edna, die sich vertrauensvoll an ihn drückte.

      Auf der Flucht

      Zusammengekauert auf der Rückbank des schrottreifen Wagens, hielt Bogwin das kleine Mädchen eng an sich. Dann und wann, wenn der Wagen an einer Kreuzung ankam, mahnte Lampert sie, unten zu bleiben.

      Endlich, als sie die Stadt verlassen hatten, der Wagen hatte schon längere Zeit nicht mehr angehalten, wagte es Bogwin, sich vorsichtig aufzurichten. Beim ersten Blick aus dem Wagen sah er, dass sie sich auf einer Landstraße befanden. Links und rechts erstreckte sich Wald und Buschwerk.

      „Ich denke, sie können sich jetzt aufsetzen werter Freund“, sagte Lampert.

      „Doch wenn sie einen Wagen kommen sehen, gehen sie wieder in Deckung!“

      Langsam richtete Bogwin sich auf, warf dabei einen Blick nach hinten. Kein Wagen, keine Menschenseele war weit und breit in Sicht. Erleichtert atmete er auf. „Komm meine Kleine“, sagte er zu Edna. „Du kannst dich jetzt ein wenig aufsetzen.“

      Edna setzte sich auf, sah sich verängstigt um. „Ist schon gut“, sagte er zu ihr, während er ihren Kopf an seine Brust drückte.

      Nach einer Weile – sie hatten schon seit ein paar Kilometern keinen Wagen gesehen -, fragte er schließlich Lampert: „Denken sie wirklich, dass wir in so großer Gefahr schweben? Ich meine, wie sind doch beide Mitglieder des obersten Rates dieses Landes.“ Lampert drehte sich um.

      „Lieber Freund, machen wir uns nichts vor. Der oberste Rat ist schon lange nicht mehr das, was er einst war.“ „Seit die Krise begonnen hat, haben sich Risse in unseren Reihen gebildet. Risse die von allen möglichen Kräften ausgenutzt wurden, um eigenen Interessen zu folgen.“

      „Und das Volk …“, meinte er weiter.

      „Warum sollte das Volk hinter einem Rat stehen, der nicht dazu in der Lage ist, sich um sie zu kümmern.“ Bogwin wusste, dass sein Freund recht hatte, wusste es seit langem, doch fühlten sich diese Worte, die nun zum ersten Mal ausgesprochen worden waren, wie ein schmerzhafter Schnitt mit dem Messer an.

      Nach einer kurzen Weile – Bogwin sah aus dem Fenster, ohne auch nur das geringste wahrzunehmen -, hörte er Lampert sagen: „Unser …, gemeinsamer Freund, er musste den Namen Hauptmans nicht aussprechen, war seit Anbeginn der Krise, darum bemüht seine Position zu stärken. Und das nicht nur in den Reihen des obersten

      Rates.“

      Schon