Liv-Malin Winter

Eiskalte Energie


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nach einem Mann sei. Also nahm Isabella ihren Mut zusammen.

      ››Weißt du, ich bin Umweltforscherin im Bereich Wechselwirkungen von Klima und Technologie. Ich habe an den Auswirkungen geforscht, die sich aus der Nutzung von Methan aus Methanhydraten als Energieträger ergeben würden.‹‹

      ››Das hört sich interessant an‹‹, antwortete er mechanisch. Das hatte er nun überhaupt nicht erwartet. Er hatte sich auf einen romantischen Abend gefreut und nun sprach sie ausgerechnet dieses Thema an.

      ››Bei den neuesten Berechnungen, die ich durchgeführt habe, haben sich sehr überraschende Ergebnisse ergeben‹‹, sagte Isabella und versuchte einzuschätzen, was Eric dachte. Aber aus seiner Miene konnte sie nichts ablesen. Sie fragte sich, wie viel sie ihm erzählen sollte, fragte sich, ob sie ihm trauen konnte. Schließlich entschloss sie sich, offen zu sein, denn Eric schien eine ausgezeichnete Chance sein. Sie musste ihn überzeugen.

      ››Die Ergebnisse sagen voraus, dass die Förderung von Methan aus Methanhydraten sehr gefährlich ist. Die Klimaerwärmung könnte weiter beschleunigt werden. Dadurch würden sich die Ozeane erwärmen, was dazu führt, dass weiteres Methanhydrat im Meeresboden auftaut und in die Atmosphäre entweicht. Das beschleunigt die Klimaerwärmung weiter und so kommt eine Kettenreaktion in Gang‹‹, erklärte Isabella. Durch ihre Nervosität war die Erklärung jedoch nicht so strukturiert und verständlich wie beabsichtigt.

      ››Am besten essen wir erst einmal, da kommt der Ober mit unserem Essen‹‹, unterbrach Eric sie freundlich, aber reserviert. Obwohl das Essen vorzüglich war, konnte Isabella es nicht richtig genießen, denn sie war zu sehr mit ihren Gedanken beschäftigt. Auch ihre Unterhaltung war nun nicht mehr so ungezwungen wie vorher. Als sie das Essen beendet hatten, verließen sie gemeinsam das Restaurant. Isabella war enttäuscht, denn Eric hatte ihr keine Chance gelassen, noch einmal über ihre Forschungsergebnisse zu sprechen. Immer wenn sie es versuchte, hatte er abgelenkt.

      ››Darf ich dich nach Hause bringen?‹‹, erkundigte er sich höflich.

      ››Ja, gerne‹‹, antwortete sie. Damit hatte sie noch ein bisschen Zeit gewonnen, um ihn zu überzeugen. Er ging auf einen BMW zu und öffnete ihr die Tür.

      ››Ist das deiner?‹‹, fragte Isabella überrascht. Seit der dritten Ölkrise waren Autos aus dem Straßenbild fast komplett verschwunden. Dieses wurde seit einigen Jahren von Fahrrädern beherrscht. Nur die wenigsten Leute fuhren privat noch Auto.

      ››Das ist nur ein Firmenwagen‹‹, antwortete Eric und stieg ebenfalls ein. Er startete den Wagen und das leise Surren eines Elektromotors wurde hörbar.

      ››Oh, das ist ein Elektroauto‹‹, stellte Isabella fest.

      ››Ich arbeite als Umweltberater, da kann ich ja wohl schlecht mit einem Benziner herumfahren.‹‹

      ››Das stimmt natürlich.‹‹

      Eric drehte sich zu Isabella und sah ihr ins Gesicht. Auf einmal sah er ärgerlich aus.

      ››Eigentlich dachte ich, dieser Abend soll ein angenehmes Date werden und dann erzählst du mir was von Klimaforschung und gefährlichen Kettenreaktionen. Was erwartest du jetzt von mir?‹‹

      Isabella versuchte ihre Nervosität zu unterdrücken und antwortete: ››Ich will, dass du mir hilfst meine Ergebnisse an die richtigen Leute zu bringen, damit der Abbau von Methanhydrat verhindert wird.‹‹

      ››Hast du Beweise für deine Behauptungen?‹‹

      ››Nein‹‹, sagte Isabella ernüchtert. Daran hatte sie bisher nicht gedacht. ››Alle meine Unterlagen sind im Institut für Umweltforschung und die haben mich entlassen.‹‹

      ››Tja, tut mir leid, ohne Beweise kann ich dir nicht weiterhelfen‹‹, sagte er abweisend. ››Wo wohnst du?‹‹

      Isabella nannte ihm die Adresse und Eric fuhr los. Fast lautlos glitten sie durch die nur spärlich erleuchteten Straßen. Einige Minuten später erkundigte er sich: ››Ist es hier?‹‹

      ››Ja‹‹, antwortete Isabella frustriert.

      ››Gute Nacht‹‹, sagte Eric distanziert.

      Isabella blieb nichts anderes übrig als auszusteigen. Kaum hatte sie die Tür geschlossen, gab Eric Gas und fuhr davon. Enttäuscht schaute Isabella ihm nach und sah seine Rücklichter in der Dunkelheit verschwinden.

      In der folgenden Nacht schlief Isabella schlecht. Alle ihre Hoffnungen hatten sich in Luft aufgelöst. Als sie am nächsten Morgen erschöpft aufstand, stolperte sie über den Beutel mit ihren Bürosachen. Den musste sie auch endlich auspacken, damit er nicht ewig herumlag. Aber das hatte Zeit bis nach dem Frühstück.

      Nach dem Frühstück machte sich Isabella widerwillig daran, den Beutel auszupacken. Sie zog einen Stapel Papiere heraus und sah sie an. Da waren alle möglichen Notizen und Schmierzettel, Sachen, die eigentlich in den Müll gehörten. Ein paar bunte Stifte waren auch darin. Dann sah sie einen Locher. Fast musste sie lachen. Sie hatte aus Versehen einen Locher vom Institut für Umweltforschung mitgehen lassen. Der Beutel war fast leer, nur etwas Kleines befand sich noch darin. Sie sah genau hin und ihr stockte der Atem. Da war ihr Speicherchip! Auf diesem Chip hatte sie immer ihre Zwischenergebnisse aus Angst vor einem Computerfehler gespeichert. Auf diesem Chip befand sich auch das Endergebnis ihrer Studie. Sie hatte ihn selbst für die Arbeit gekauft, weil ihr Chef kein Geld für unnötige Datensicherung, wie er es nannte, ausgeben wollte. Da war der Beweis, den Eric wollte! Aufgeregt ergriff sie das Telefon und rief ihn an.

      ››Hallo, hier ist Isabella Filanders‹‹, meldete sie sich aufgeregt.

      ››Ja, was gibt es?‹‹, fragte Eric.

      ››Ich habe den Beweis, den du wolltest‹‹, rief sie immer noch aufgeregt.

      ››Also gut, dann treffen wir uns 18:00 Uhr am Café‹‹, sagte er nach kurzem Zögern.

      Er schien irgendwie verärgert zu sein. Sie wusste nicht warum, aber das war ihr auch egal. Jetzt, wo sie ihre Daten hatte, musste er ihr helfen!

      Isabella erreichte das Café zu früh, aber sie wollte Eric auf keinen Fall verpassen. Um die Wartezeit zu überbrücken, kaufte sie einen Cappuccino. Eigentlich brauchte sie keinen Kaffee, denn sie war auch so schon nervös und aufgeregt genug, aber so war sie wenigstens beschäftigt. Sie hatte das Gefühl, dass die Zeit nur sehr langsam verging. Als es endlich 18:00 Uhr war, erwartete sie ihn jeden Moment und hielt erwartungsvoll Ausschau. Aber von Eric war weit und breit nichts zu sehen. Langsam vergingen die Minuten, doch er war immer noch nicht da. Isabella wurde immer unruhiger. Kam er etwa nicht? Das konnte er doch nicht machen!

      Nach einigen weiteren Minuten ungeduldigen Wartens sah sie einen Mann im dunklen Anzug um die Ecke biegen. Es war Eric! Erleichterung durchströmte Isabella. Er hatte sie also doch nicht versetzt.

      ››Hallo! Also, wo sind deine Beweise?‹‹, begrüßte er sie und kam sofort zur Sache.

      ››Ich habe meinen Speicherchip gefunden, auf dem sind alle meine Ergebnisse‹‹, antwortete Isabella. ››Wenn du willst, kann ich sie dir im Café zeigen. Ich habe mein Notebook dabei.‹‹ Sie sah ihn fragend an. Eric überlegte einen Moment. Wenn diese Ergebnisse tatsächlich brisant waren, wollte er sie auf keinen Fall in der Öffentlichkeit diskutieren.

      ››Nein, wir gehen zu mir. Meine Wohnung ist nicht weit von hier.‹‹ Seine Stimme zeigte keine Spur von Wärme und auch seine Haltung war abweisend.

      Sie fragte sich, wo Eric wohnte, während sie einige Minuten schweigend durch die Straßen gingen. Er steuerte auf eine elegante Wohnanlage zu, die sie kurz darauf betraten. Sie kamen an einem Portier vorbei, der sie freundlich begrüßte. Dann fuhren sie mit dem Fahrstuhl in eine der oberen Etagen, wo er mit seiner Key-Card die Wohnungstür öffnete und sie eintreten ließ.

      Isabella betrat den Eingangsbereich der Wohnung. Der Boden war mit dunklem Parkett bedeckt und die Wände waren in einem zarten Cremeton