Liv-Malin Winter

Eiskalte Energie


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Eingangsbereich in das Wohnzimmer führte, stand eine cremefarbene Sitzgruppe. An der Wand hing ein Flachbildschirm. Links vom Durchgang stand ein großer eleganter Esstisch mit passenden Stühlen.

      ››Bitte, nimm Platz.‹‹

      Isabella holte ihr Notebook aus der Tasche und schaltete es an. Sie schloss ihren Speicherchip an und begann die Daten hochzuladen. Sie merkte, dass ihre Hände dabei leicht zitterten. Erics ablehnende Haltung machte sie nervös. Sie warf einen schnellen Blick auf ihn, der auf der anderen Seite des Tisches stand und sie seinerseits abschätzend beobachtete. Als sie sich kennengelernt hatten, war er freundlich und charmant gewesen. Aber seit sie ihm von ihren Forschungsergebnissen berichtet hatte, verhielt er sich abweisend und kühl. Gab es viele Leute, die seine Unterstützung für ihre Projekte haben wollten? Reagierte er deshalb so ablehnend? Das war schon möglich, doch wie oft stieß jemand auf Ergebnisse, die die ganze Welt verändern konnten und bat ihn um Hilfe? Sie würde um eine Million wetten, dass sie die Erste war. Ein Blick auf den Bildschirm bestätigte ihr, dass die Daten fertig geladen waren.

      ››Hier hast du deinen Beweis‹‹, sagte sie herausfordernd.

      Eric kam zu ihr und sah auf den Bildschirm, aber da waren nur Unmengen von Zahlen zu sehen, die er nicht interpretieren konnte.

      ››Ich fürchte, dass du mir deine Zahlen erklären musst‹‹, sagte er. Es ärgerte ihn, dass er sie fragen musste, aber er war neugierig. Neugierig, wer sie war und was sie glaubte entdeckt zu haben. Allerdings hatte er nicht die Absicht, sich von ihr in etwas hineinziehen zu lassen. Er wollte sehen, auf was sie gestoßen war. Er würde sich eine Kopie von ihren Daten besorgen und dann musste er sie nur noch loswerden.

      ››Die Sache ist die‹‹, begann Isabella ihre Erläuterung. ››Die großen Energiekonzerne, vor allem Veller Energy, planen in der Zukunft, Methan aus Methanhydrat zu fördern und es als Energieträger zu nutzen.‹‹

      Eric überlegte einen Moment. Dann fragte er: ››Ach, du meinst den Abbau von Methanhydrat?‹‹

      Isabella verdrehte die Augen, was Eric nicht entging.

      ››Was ist?‹‹, fragte er.

      ››Das Methanhydrat wird nicht abgebaut. Das Hydrat wird destabilisiert, so dass das Methan austritt. Nur weil irgendein Journalist geschrieben hat, dass das Methanhydrat abgebaut wird, glaubt jetzt alle Welt, dass Methanhydrat vom Meeresboden abgebaut wird wie Kohle in einem Steinbruch‹‹, erwiderte Isabella genervt.

      Eric lachte. ››Gib es auf, dagegen wirst du nicht ankommen.‹‹

      ››Okay, jetzt werde ich nur noch Abbau von Methanhydrat sagen, schon um mir diese verwunderten Blicke zu ersparen. Jedenfalls meinen die Energiekonzerne, dass sie mit Methanhydrat alle Energieprobleme der Zukunft lösen können.‹‹

      ››Stimmt das denn nicht?‹‹, fragte Eric.

      ››Das ist nicht die Frage‹‹, antwortete Isabella. ››Die Frage ist vielmehr, was für Probleme der Abbau von Methanhydrat mit sich bringt? Und das sind eine Menge Probleme‹‹, sagte sie düster. ››Das Verfahren ist sehr kompliziert. Dabei besteht die Gefahr, dass unabsichtlich Methan freigesetzt werden kann, das als Gas an die Wasseroberfläche steigt und dann in die Atmosphäre gelangt. Methan ist ein sehr viel wirksameres Treibhausgas als Kohlendioxid und wird den Klimawandel erheblich beschleunigen.‹‹ Eric wollte etwas einwenden, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. ››Wenn sich das Klima erwärmt, erwärmen sich auch die Ozeane. Das führt dazu, dass mehr Methanhydrat freigesetzt wird. Du musst dir das wie Eis vorstellen, wenn es schmilzt. Es wird ja auch Methaneis genannt. Je wärmer es also wird, desto mehr Methaneis schmilzt. Allerdings ist das kein langsamer ruhiger Prozess wie bei Eis, das zu Wasser wird. Methanhydrat geht vom festen Zustand direkt in den gasförmigen über, wobei sich sein Volumen um ein Vielfaches erhöht. Das ist wie eine gewaltige Explosion. Der Meeresboden, aus dem das Gas entweicht, wird instabil und kann abrutschen. Du weißt, was das bedeutet?‹‹

      ››Tsunamis?‹‹, fragte Eric.

      ››Genau, dadurch werden Tsunamis ausgelöst. Außerdem ist das aus dem Meer aufsteigende Methan für den Schiffsverkehr gefährlich, denn es vermindert die Oberflächenspannung des Wassers. Wenn sich in so einer Gegend ein Schiff aufhält, wird es vom Wasser nicht mehr getragen und geht unter, ohne dass jemand etwas dagegen tun kann. Da Methan hochentzündlich ist, kann es auch tief fliegende Flugzeuge zur Explosion bringen.‹‹, Isabella sah Eric an. ››Ich weiß, das klingt wie in einem Katastrophenfilm, aber es ist leider die Wahrheit.‹‹

      Eric war schockiert. Obwohl sein Wissen über diese Problematik nicht umfassend war, deckten sich Isabellas Schilderungen mit dem, was er darüber wusste.

      ››Verstehe ich es richtig, dass man eine Kettenreaktion auslösen würde? Methanhydrat wird abgebaut und es wird unabsichtlich Methan freigesetzt. Das Klima und damit auch die Meere erwärmen sich und dadurch wird weiteres Methan freigesetzt und so geht es immer weiter?‹‹

      ››Genau, wenn erst einmal begonnen wird, das Methanhydrat abzubauen, beginnt eine Kettenreaktion, die keiner mehr stoppen kann. Dazu sind wir auch mit all unserem Know-how und unserer Technik nicht in der Lage‹‹, bestätigte Isabella. ››Außerdem würden Schiffsreisen extrem gefährlich werden.‹‹

      ››Was das für die Weltwirtschaft bedeutet!‹‹, sagte Eric. ››Seit der Ölkrise kann sich doch kaum noch jemand die Kosten für ein Flugzeug leisten. Praktisch alles wird wieder mit Schiffen transportiert. Es wäre nur noch Handel mit Ländern möglich, die auf dem Landweg zu erreichen sind. Undenkbar!‹‹

      Eric dachte darüber nach, was Isabella ihm erklärt hatte. Ihre Erklärungen erschienen ihm plausibel. Er vermutete, dass die Daten echt waren, aber er konnte sich nicht sicher sein. Konnte es sein, dass ihm irgendjemand eine Falle stellen wollte? Er dachte daran, wie sie sich kennengelernt hatten. Er hatte sie beinahe umgerannt. So etwas war nicht so einfach zu simulieren. In das Café ging er normalerweise nicht hinein, also konnte sie dort nicht gewartet haben, um ihn ››zufällig‹‹ kennenzulernen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf ihn angesetzt war, war äußerst gering.

      Ihre Forschungsergebnisse waren in der Tat besorgniserregend, aber eigentlich wollte er damit nichts zu tun haben. Solche Sachen brachten nur Ärger.

      ››Was erwartest du von mir?‹‹, fragte er abrupt.

      ››Du kennst Leute in der Politik. Du könntest ihnen erklären, welche Gefahren mit dem Abbau von Methanhydrat einhergehen.‹‹

      ››Ich würde mal sagen, da überschätzt du mich gewaltig‹‹, sagte er abwehrend. Isabella sah Eric an und versuchte ihn einzuschätzen. Sein Gesicht zeigte jedoch keine Regung und sie konnte nicht erahnen, was er dachte.

      ››Bitte Eric, du musst mir helfen! Du arbeitest doch auch daran, die Umwelt zu schützen und den Klimawandel zu verhindern. Du kannst das doch nicht ignorieren!‹‹ Sie sah ihn mit einem bittenden und schon etwas verzweifelten Gesichtsausdruck an.

      ››Ich arbeite nur in der Branche, weil es ein gutes Geschäft ist. Früher waren es die Finanzmärkte, in denen man gut verdient hat. Heute ist es der Umweltbereich. Alles nur Business‹‹, antwortete er und versuchte möglichst kühl zu wirken. Doch das fiel ihm zusehends schwerer, denn Isabella sah ihn mit ihren grünen Augen durchdringend an.

      ››Nein, das glaube ich dir nicht! Ich glaube, für dich ist der Umweltschutz mehr als nur ein Geschäft.‹‹

      ››Wie kommst du darauf?‹‹

      ››Ist so ein Gefühl. Nenn es meinetwegen Intuition. Was hast du denn zu verlieren, wenn du mir hilfst?‹‹, fragte Isabella herausfordernd.

      Oh, eine ganze Menge, dachte Eric, aber das konnte er ihr nicht sagen. Sie hatte ihn in die Enge getrieben.

      ››Was hast du jetzt vor? Wie sieht dein Plan aus?‹‹, fragte er, um sie von seinen Motiven abzulenken.

      Doch Isabella ging nicht direkt