Daniela Christine Geissler

Fluch aus vergangenen Tagen


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wenn schon!“, schrie sie zurück und rannte weg. Er lief ihr nach. Völlig außer Atem erhaschte er sie und beide fielen auf den sandigen Boden. Sie fiel auf ihn und machte keine Anstalten sich zu erheben. Sie küsste ihn wieder. Er schloss die Augen, drehte sein Gesicht weg und erwartete, dass sie aufhörte, aber sie küsste ihn umso heftiger. Er wollte die Sache beenden, aber er konnte nicht. Dann wollte er ihr nicht mehr widerstehen und erwiderte ihr Drängen. Sie küsste seine Wange, seine Stirn, seine Lippen. Sie spürte seine Erregung und wollte sich ausziehen. „Nein, das geht zu weit, versteh das doch! Es ist unmöglich!“, bat er, während sie sich fortwährend an ihn drängte. „Warum? Du nimmst doch jede Dirne.“ Sie wurde ärgerlich. Sie fand ihn bieder und rollte sich auf die Seite. Frustriert stapfte sie davon. Er rief ihr nach „Es gibt Grenzen..... für alles!“ „Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein Spießer bist, Richard... dass du solche Skrupel hast.“

      Er hatte sie eingeholt und fasste sie an der Schulter. Sie schlang ihre Arme verzweifelt um ihn und küsste ihn wieder und auch dieses Mal erwiderte er ihre Küsse. Jetzt war er wieder ganz Mann und hielt sich nicht mehr zurück. Gleichgültig, ob sie seine Nichte oder sonst in irgendeiner Weise mit ihm verwandt war. Er wollte sie nicht enttäuschen, er war nicht fähig ein weibliches Wesen abzulehnen und außerdem hoffte er, dass er sie vielleicht vom irren Gedanken Nonne zu werden, abhalten konnte. Sie versank in einen Rausch, spürte seine warmen Lippen, drängte sich an ihn, aber weiter ließ er es nicht kommen. Mit ihr zu schlafen wäre falsch gewesen. So weit hatte er sich noch in der Gewalt. Zärtlich hob er sie von sich weg, nahm sie bei der Hand und ging mit ihr zum Wagen zurück.

      „Wir brauchen beide eine Stärkung.“, lächelte er sanft. „Wie du meinst, Richard.“, antwortete sie wie in Trance und stapfte neben ihm her. Er dachte sich, dass die Kleine nicht in Ordnung ist und dass er alles erwartet hätte, sogar dass sie lesbisch ist, doch niemals, dass sie ihn als Mann wollte.

      Das machte die Sache kompliziert, ihr helfen zu können. Während der Fahrt entschied er sich deshalb abzureisen. Ruth war glücklich, wie immer, wenn sie mit ihm zusammen war. Ein Mann war anders, als ein Junge. Sie verglich Richard mit einem guten schweren Wein, von dem man sofort berauscht wurde. Sie verstand jetzt, warum viele Frauen ihn liebten und wollte sich von ihm nehmen, soviel er bereit war, ihr zu geben, aber ihre weibliche Intuition verriet ihr seine Gedanken und leise sprach sie

      „Du willst wieder verreisen! Hab ich recht?“

      Mit sanfter Stimme gab er zurück „Ich habe in Europa noch einige Dinge zu erledigen. Warte, ich hab eine Idee!“ Er sprach aufgeregt „Komm doch mit mir nach Rom!“ Fassungslos erwiderte sie „Du willst mich wirklich mitnehmen? Du willst, dass ich bei dir bin!“ Richard stockte und meinte daraufhin „Natürlich, sonst würde ich dir den Vorschlag nicht machen. Dann könnte ich meiner kleinen Nichte endlich die große weite Welt zeigen.“ Er fühlte ihre Enttäuschung. Für ihn werde ich immer seine Nichte sein, nie eine Frau. Ich werde nie mit den anderen Weibern konkurrieren können, dachte sie bitter.

      Vor einem kleinen Strandrestaurant hielt er den Wagen an. Sie nahmen an einem der Tische Platz. Ruth sah ihn nicht an und las trotzig die Speisekarte. Fast körperlich spürte er ihren Kummer. Er nahm ihre Hand „Ich bin dein Onkel. Es wäre verantwortungslos von mir deine momentane Schwärmerei für mich auszunützen. Begreif das doch! Für mich bist du wunderschön und wenn du nicht meine Nichte wärst….“ Weiter kam er nicht.

      Sie erhob sich abrupt und rannte zum Wagen. Langsam stand er auf. Sie saß, wie immer, hinten.

      Sie hielt sich die Hände vors Gesicht und schluchzte heftig „Ich habe dich immer geliebt. Schon als Kind wollte ich nur dich!“ Richard war am Ende seiner Weisheit. Er hatte sich zwar jahrelang mit Psychologie beschäftigt, aber das war eine Nummer zu hoch für ihn. Es war ihm klar, dass sich wegen des Verlustes ihres Vaters in ihr ein Vaterkomplex gebildet hatte. Doch nun stellte er fest, dass sich dieser Komplex all die Jahre in seine Richtung verlagert hatte. Er wusste nicht weiter und nahm sie in seine Arme. Sie weinte jämmerlich. Nach einer viertel Stunde hatte sie sich soweit beruhigt, dass er weiterfahren konnte. Er fuhr zu einem Schnell-Imbiss und besorgte zwei Hamburger und Pommes. Sie verzehrten das Essen am Rücksitz. Sie war nicht dazu zu bewegen, auszusteigen. Er fühlte, wie sie sich schämte, als sie sagte „Du hast recht, Richard. Ich habe mich unmöglich benommen. Ich muss verrückt gewesen sein. Verachtest du mich jetzt?“ „Warum sollte ich das tun? Immerhin schwärmt für mich eine schöne junge Frau. Es schmeichelt mir, aber ich bin auch froh über deine Einsicht. Heute Abend werde ich dir die Sache erklären. Ich meine, ich werde dir sagen, warum du glaubst, ausgerechnet mich zu lieben! Einverstanden?“ „Na gut, wenn du meinst, dass das hilft.“, antwortete sie schwach. Den weiteren Nachmittag verbrachte er im Kaminzimmer und durchstöberte Psychologieskripten aus seiner Studienzeit. Er wollte keinen Fehler mehr machen. Das nahm er sich jedenfalls vor.

      Das Kaminfeuer flackerte hell, sodass eine weitere Lichtquelle nicht nötig war. Die Hände in ihrem Schoß gefaltet, saß sie ihm wie ein braves Schulmädchen gegenüber. Richard registrierte ihre Veränderung. Sie trug eine Jean und ein rosafarbenes Trägerleibchen.

      Erfreut stellte er fest, dass es ihm gelungen war, sie wenigstens in dieser Richtung beeinflusst zu haben und er spann seine Gedanken sogar weiter, sie vielleicht zu einer normalen Lebenseinstellung bringen zu können. Verträumt sah sie ihn an. Sein brauner Wollpullover passte hervorragend zu seinen dunkelbraunen Augen, stellte sie fest. Er begann „Du weißt ja, dass ich mich in meiner Studienzeit mit Psychologie befasst habe und du bist ein kluges Mädchen. Ich nehme an, dass du einen Vaterkomplex hast. Weißt du was das ist?“„Natürlich, weiß ich das!“ Langsam erhob er sich „Mit Psychotherapie habe ich mich noch nie befasst und ich will keinen Fehler machen, wenn ich dir jetzt deine psychodynamischen Zusammenhänge erklären werde.“ Seine Hilflosigkeit rührte sie. Er atmete tief durch und sprach weiter „Aufgrund des Verlustes deines Vaters bin ich all die Jahre in seine Rolle geschlüpft, vielleicht war das falsch. Aber ich habe immer versucht, dich aufzuheitern.“ Sie fand ihn rührend und ging auf ihn zu, während er sprach. Sie umarmte ihn. Er wehrte sich nicht, erwiderte ihre Umarmung aber auch nicht und meinte „Du glaubst in mir etwas gefunden zu haben, Ruth, was ich dir leider nicht geben kann. Ich kann dir väterliche Gefühle entgegenbringen, aber keine anderen.“ Sie schüttelte ihren Kopf „Das ist nicht wahr, Richard. Gestern habe ich deine Leidenschaft gespürt.“ Er befand sich in einer Sackgasse. Dem konnte er nichts entgegensetzen. Sie begann sein Kinn sanft mit ihren Zähnen zu bearbeiten.

      „Du hast mir versprochen, brav zu sein.“, mahnte er sie zärtlich, aber sie fuhr fort ihn zu küssen. Er wurde schwach. Er gab nach, schloss seine Augen und erwiderte ihre Küsse.

      Sie spürte seinen raschen Atem, vernahm zufrieden sein Seufzen. Sie löste sich, nahm ihn bei der Hand und sagte „Gehen wir.“

      Er schluckte. „Nein, es geht nicht!“, dabei nahm er all seine Kraft zusammen.

      „Du willst mich, ich weiß es. Psychologie hin, Psychologie her. Ich weiß, dass du mich willst, so wie du jede Frau willst. Du kannst gar nicht anders.“ beharrte sie.

      „Du bist ein ganz schönes Luder, Ruth. Das hätte ich mir von dir gar nicht gedacht.“, erwiderte er trocken.

      Sie verteidigte sich mit tränenerstickter Stimme „Du warst es doch, der mich auf die Idee gebracht hat, einen Mann mit schicken Klamotten beeindrucken zu können!“

      „Ja, andere Männer, nicht mich!“, schrie er verzweifelt. Sie näherte sich ihm und fuhr beharrlich fort. In ihrer kindlichen Verliebtheit hauchte sie ihm zu „Ich will nur dich und wenn ich einen anderen Mann lieben würde, wären es deine Hände, deine Beine und dein Gesicht.“

      So einem Kompliment, so viel Sehnsucht konnte er nicht widerstehen. Er zog sie zu sich und küsste sie so heftig, dass es ihr weh tat. Er saugte sie fast in sich auf. Verzweifelt schrie er ihr ins Gesicht. „Du willst mich, gut, gut. Ich kann nicht mehr!“ Er zerrte sie die Treppe in sein Zimmer hinauf und warf sie auf sein Bett. Irrsinnig sah er sie an und schrie

      „Es ist so, ich kann keiner Frau widerstehen und wenn man es recht sieht, bist du für mich gar nicht meine Nichte, weil ich dich gar nicht habe aufwachsen sehen. Ich bin einmal in zwei Jahren