Daniela Christine Geissler

Fluch aus vergangenen Tagen


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Er konnte warten, ihre Erregung miterleben. Er spürte ihren zuckenden Leib, er war noch Herr seiner Sinne, sah wie sie außer Kontrolle geriet. Seine Beherrschung verlieh ihm ein wohltuendes Gefühl von Macht über sich selbst und er kostete ihre Abhängigkeit voll aus, indem er ihren Oberkörper, um sie besser sehen zu können, nach hinten drückte. Er sah, wie sich ihre Brust mit ihrem Stöhnen auf und ab bewegte. Wie eine Schlange wand sie sich unter ihm. Nach ihrer heftigen Erregung spürte er die Erschlaffung ihrer Muskulatur, ihren ruhiger werdenden Atem, spürte ihr Herz schlagen. Eine viertel Stunde erholte sie sich, dann warf sie sich über ihn. Sie saß auf ihm. Ihre dunkle Mähne bewegte sich im Rhythmus.

      Wenig später fuhr sein Wagen vor das große, weißgetünchte Gebäude.

      Richard schlenderte zufrieden Richtung Kaminzimmer und wollte sich noch einen Drink genehmigen, als er sie schlafen sah. Mit einem Buch unter ihrem Arm lag seine Nichte am weißen Ledersofa. Er bückte sich, hielt den Kopf leicht geneigt und las „Die Geschichte der katholischen Orden“. Dieser Unsinn geht ihr immer noch im Kopf herum, dachte er bitter und schluckte schnell seinen Whisky. Sie wachte auf. „Hi, Onkel Richard, ich muss mit dir reden.“ und umschloss das Buch dabei fest mit ihren Händen. Er sah sie erwartungsvoll an. Er hoffte, sie würde sagen, dass sie sich verliebt habe oder etwas Ähnliches.Vielleicht sogar, dass sie ihn um Erlaubnis fragen würde, eine wilde Party zu besuchen. Er hoffte so sehr, dass sie endlich eine Rebellionsphase hätte, wie alle anderen jungen Dinger auch. Stattdessen hauchte sie

      „Du musst dich jetzt setzen, Onkel Richard!“ und sah ihn eindringlich an.

      „Du weißt, Ruth, ich bin für jeden Unsinn zu haben, sprich dich aus.“, ermunterte er sie, während er ihr gegenüber Platz nahm.

      Sie hatte vor, es kurz und schmerzlos zu machen. Sie wurde nervös, stand auf und ging zum Kamin. Sie bot den Anblick einer störrischen Jeanne d`Arc, als sie vom Kaminfeuer beleuchtet, vor ihm stand

      „Ich will mein weiteres Leben dem Herrn widmen und werde wahrscheinlich, wenn Pater Thomas mit den Schwestern korrespondiert hat, in etwa zwei bis drei Monaten mein Noviziat in einem französischen Kloster antreten!“ Das Buch hielt sie immer noch fest vor ihrer Brust umklammert. Es war totenstill, nur der Kamin knisterte leise. Richards Gesicht nahm einen so verdutzten Ausdruck an, dass sie herzhaft lachen musste. Langsam, fast bittend, unterbrach sein dunkler Tonfall ihr Gelächter „Das ist nicht wahr, du willst mir etwas anderes sagen, etwas ganz anderes, ja?“ Er erhob sich langsam. Das Feuer beleuchtete beide. Er starrte auf ihr geschmackloses, kariertes Kleid und dachte: sie meint es tatsächlich ernst. Leise antwortete sie „Ich bitte dich, Onkel Richard, mach kein Theater und…..“ Er ließ sie nicht ausreden und verließ wortlos den Raum. In seinem Kopf begann es zu hämmern. Sie hörte, wie er die Stufen hinaufholperte, seine Zimmertüre zuknallte und ein zärtliches Gefühl für ihn beschlich sie. Sie eilte ihm nach. Er hörte Klopfen. Er konnte ihren Anblick nicht ertragen und rief

      „Ich bin müde. Gute Nacht!“

      Sie trat trotzdem ein. Wütend zerrte er am Knoten seiner Krawatte. Ihre geschickten Finger lockerten den Knoten. Dann legte sie ihre Arme um ihn und küsste ihn kurz auf den Mund. Er rührte sich nicht. „Du wirst ja rot, feuerrot!“ lächelte sie und sprach weiter „Glaubst du Richard, ich bin frigide, glaubst du ich bin verrückt? Ich mag eben keine Jungs. Vielleicht auch deshalb, weil ich den tollsten Onkel habe. Welcher Mann könnte mich schon interessieren? Keiner kann dir das Wasser reichen! Das weißt du doch.“, hauchte sie. Ihr Gesicht war dabei keinen Zentimeter mehr von seinem entfernt. Ihre Arme lagen immer noch auf seinen Schultern. Seine Atemzüge wurden rascher, seine Arme hingen seitlich herab. Er war irritiert.

      Sie zog seinen Kopf zu sich und küsste ihn diesmal intensiver. Anfangs zögerte er, doch dann gab er nach und erwiderte ihre Küsse, erst sanft, dann drängend. Plötzlich zur Besinnung gekommen, beendete er es rasch, indem er sie von sich stieß und mit belegter Stimme sagte

      „Es ist besser du gehst jetzt, Ruth..... bitte!“

      Er drehte sich zum Fenster und wartete bis sich die Tür hinter ihr schloss.

      In Gedanken versunken lag Ruth im Bett. Sie hatte noch seinen Whiskygeschmack im Mund, spürte die Wärme seines Körpers und hoffte ihn damit getröstet zu haben. Zufrieden dachte sie, dass man einen Mann wie Richard, nur auf eine Weise trösten konnte. Sie war eine Frau und für ihn war jede Frau ein Abendteuer, selbst seine Nichte.

      Er drehte sich erst auf die eine Seite, dann auf die andere. Die Nacht schien kein Ende zu nehmen und der Tag begann bereits zu dämmern. Die Uhr zeigte Sieben. Richard hatte die ganze Nacht keinen Schlaf gefunden.

      Kapitel 5

      Elisa und Joseph saßen beim Frühstück im Wintergarten. Verschlafen betrat Richard den Raum. „Na, wie siehst du denn aus, Junge?“

      „Morgen, Pa, ist wahrscheinlich das Wetter.“

      Joseph räusperte sich „Pah, das Wetter! Die Weiber machen dir zu schaffen. Am besten du setzt dich wieder an deine Staffelei. Seit einem halben Jahr haben wir kein Bild mehr von dir zu sehen bekommen. Arbeit ist immer noch die beste Ablenkung, wenn die Weiber Kummer machen.“

      Elisa sah ihren Mann scharf an. Seine derbe Ausdrucksweise hat ihr nie gefallen und seit er trank, wurde es mit den Jahren immer ärger. Richard musste lächeln. Seine Mutter war immer schon ein Snob. Vergnügt kam Ruth herein. „Da, sieh dir die Jugend an, Richard, die ist immer guter Laune!“, rief sein Vater erfreut aus und deutete auf Ruth. Ein unbekanntes Gefühl beschlich Richard, als sie ihm gegenüber Platz nahm. Seit gestern Abend war sie für ihn eine Frau, nicht mehr seine kleine Nichte und er spürte, dass sie ihn verwirren wollte. Es ärgerte und schmeichelte ihm. „Reichst du mir bitte die Butter, Richard!“ „Sie steht vor deiner Nase. Du brauchst nur deine Hand auszustrecken.“, fuhr er sie an und trank seinen Kaffee aus.

      „Wenn du schlechte Laune hast, solltest du diese nicht an anderen Leuten auslassen!“, herrschte ihn Elisa an. „Macht nichts Großmutter, wenn Männer älter werden, sind sie launisch.“ lachte Ruth und biss herzhaft in ihr Brötchen.

      „Könntest du mich heute in die Stadt fahren, Richard? Ich muss in die Bibliothek.“, schmatzte sie und meinte „Du könntest Manuela wieder besuchen und wir könnten anschließend essen gehen. Ich zieh mir auch die Sachen an, die du mir gekauft hast!“

      Ihr glühender Blick folgte seinen Bewegungen. Trocken gab er zur Antwort „Gut, mach dich fertig. In zehn Minuten fahr ich.“

      Angespannt wartete er im Wagen. In einer schwarzen Jean und mit einem grünen Oberteil bekleidet, kam sie zum Wagen. Sie sah toll aus. Sein Atem ging rascher und er bekam Angst vor sich selbst, vor dem, was er fühlte. Sie nahm im hinteren Teil des Wagens Platz. Sie sprachen kein Wort. Im Einkaufspark angekommen, hüpfte sie aus dem Wagen und rief ihm zu „Wir treffen uns wieder vor dem französischen Restaurant in zwei Stunden, ok?“ und hastete davon. Er nickte. Nachdem er zwei Stunden herumirrte, wartete er nervös vor dem Lokal. Manuela interessierte ihn momentan nicht, außerdem wollte er mit ihr alleine sein und herausbekommen, was in ihrem Kopf vorging. Er sah in der Auslage sein Spiegelbild und spürte eine Hand auf seiner Schulter. Dasselbe Gefühl wie am gestrigen Abend beschlich ihn wieder.

      „Hi, wo ist Manuela?“

      „Du hast genau gewusst, dass ich sie dieses Mal nicht mitnehmen würde.“ Sie blickte an ihm vorbei, zuckte unbekümmert mit den Schultern und erwiderte „Ich habe es mir gedacht.“

      Schroff befahl er „Komm! Wir fahren.“ Seine Übellaunigkeit war eine Abwehrreaktion seiner verwirrten Gefühlswelt. Sie stiegen ins Auto und fuhren ans Meer. Wieder sprachen sie kein Wort. Am Strand angekommen, stiegen sie aus.

      Sie forderte ihn auf „Ich will, dass du fröhlich bist!“

      „Mir ist nicht zum Lachen zumute.“, erwiderte er ernst. Sie kam einen Schritt näher und küsste ihn wieder. Zornig riss er sich von ihr los. „Hör auf damit, was ist denn los? Ich verstehe dein Verhalten nicht. Einerseits willst du in ein Kloster rennen und andererseits machst du solche Sachen. Du hast schon