Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen


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jemand haben.

      SCHNAPS. Und werden deshalb billig durch den Zucker repräsentiert. Der wird nun auch gerieben –

      MÄRTEN. Was fang ich an?

      SCHNAPS. Und drüber gestreut.

      MÄRTEN beiseite. Ich hoffe, du sollst mir das bezahlen. Ans Fenster. Horch! Kommt Görge wohl?

      SCHNAPS. Und so ist die sauersüße Milch der Freiheit und Gleichheit fertig.

      MÄRTEN am Fenster, leise. Es war nichts.

      SCHNAPS. Kommt her! Was macht Ihr am Fenster?

      MÄRTEN. Ich dachte, es käme jemand.

      SCHNAPS. Görge kömmt doch nicht? Er steht auf.

      MÄRTEN. Es ist alles stille.

      SCHNAPS. Laßt einmal sehen. Er tritt an das Fenster und legt sich auf Märten.

      Zehnter Auftritt

      Die Vorigen. Görge, der zur Hintertür hereinschleicht.

      GÖRGE leise. Wer zum Henker ist beim Vater? Sollte das Schnaps sein?

      MÄRTEN am Fenster. Drückt mich nicht so!

      SCHNAPS. Ich muß ja sehen. Lehnt sich hinaus.

      MÄRTEN. Was denn?

      SCHNAPS. Wie sich meine Soldaten betragen.

      GÖRGE wie oben. Es ist seine Stimme! Wie sieht der Kerl aus?

      SCHNAPS. Brav! meine wackern Freunde!

      MÄRTEN. Mit wem redet Ihr?

      SCHNAPS. Seht Ihr nicht, wie meine Leute um den Freiheitsbaum tanzen?

      MÄRTEN. Seid Ihr toll? Es regt sich keine Seele.

      GÖRGE. Er ist's fürwahr! Was heißt das? Der Vater schließt sich mit ihm ein! Wie er vermummt ist! Glücklich, daß ich die Hintertür offen fand!

      SCHNAPS. So seht doch, wie man euern Weibern und Töchtern Begriffe von der Freiheit und Gleichheit beibringt!

      MÄRTEN der sich losmachen will, aber von Schnaps gehalten wird. Das ist zu arg!

      GÖRGE. Was sie nur zusammen reden! Ich verstehe nichts. Sich umsehend. Was soll das heißen? Der Schrank offen! Saure Milch zurechtegemacht! Das soll wohl ein Frühstück werden?

      SCHNAPS wie oben. So freut Euch doch, wie alles einig und vergnügt ist.

      MÄRTEN. In Eurem Kopfe muß es wunderlich spuken. Ich sehe nichts.

      GÖRGE sich zurückziehend. Ich muß nur horchen.

      SCHNAPS Märten loslassend. Ich sehe alles im Geiste; Ihr werdet es bald vor Eurem Hause mit Augen sehen.

      MÄRTEN. In meinem Hause seh ich schon im voraus nichts Gutes.

      SCHNAPS noch einmal zum Fenster hinaussehend, für sich. Alles ist ruhig und sicher. Nun geschwind an die Mahlzeit! Er tritt an den Tisch.

      MÄRTEN. Säh ich dich woanders!

      SCHNAPS. O du liebliche Suppe der Freiheit und Gleichheit, sei mir gesegnet! – Seht her!

      MÄRTEN. Was gibt's?

      SCHNAPS. Nun setzt sich der Bürgergeneral drüber.

      MÄRTEN. Das dacht ich.

      SCHNAPS. Und verzehrt sie.

      MÄRTEN. Allein?

      SCHNAPS essend. Nicht doch! – Mit den Seinigen.

      MÄRTEN. Das ist honett.

      SCHNAPS. Setzt Euch, Bürger Martin.

      MÄRTEN. Danke schön!

      SCHNAPS. Laßt's Euch schmecken.

      MÄRTEN. Ich bin nicht hungrig.

      SCHNAPS. Scheut Euch nicht vor mir, wir sind alle gleich.

      MÄRTEN. Das merk ich.

      SCHNAPS. Ihr seid ein braver Bürger.

      MÄRTEN. Davon weiß ich kein Wort.

      SCHNAPS. Ihr sollt mein Korporal werden.

      MÄRTEN. Viel Ehre!

      SCHNAPS. Setzt Euch, mein Korporal!

      MÄRTEN. Ihr scherzt, mein General.

      SCHNAPS aufstehend und komplimentierend. Mein Korporal!

      MÄRTEN. Mein General!

      Görge, der sich indessen hervorgeschlichen, trifft Schnapsen mit dem Stocke, indem er sich bückt.

      SCHNAPS. Was ist das?

      GÖRGE. Mein General!

      MÄRTEN. Bravo, Görge!

      GÖRGE auf Schnapsen schlagend. Mein Korporal!

      SCHNAPS. Heilige Freiheit, stehe mir bei!

      GÖRGE. Find ich dich so?

      MÄRTEN. Nur zu!

      SCHNAPS. Heilige Gleichheit, nimm dich meiner an!

      GÖRGE. Singe nur! ich schlage den Takt.

      SCHNAPS den Säbel ziehend und sich zur Wehre setzend. Heilige Revolutionsgewalt, befreie mich!

      GÖRGE. Was? Du willst dich wehren?

      MÄRTEN. Nimm dich in acht, der Kerl ist desperat.

      GÖRGE. Der Nichtswürdige! er soll mir kommen! Dringt auf Schnaps ein.

      SCHNAPS. O weh mir!

      GÖRGE. Du sollst empfinden!

      MÄRTEN. Den Säbel her!

      GÖRGE ihn entwaffnend. Ich habe ihn schon.

      SCHNAPS hinter Tisch und Stühle sich verschanzend. Nun gilt Kapitulieren.

      GÖRGE. Hervor!

      SCHNAPS. Bester Görge, ich spaße nur!

      GÖRGE. Ich auch. Er schlägt nach ihm, trifft aber nur den Tisch.

      MÄRTEN. Triff ihn!

      SCHNAPS macht sich hervor und läuft herum. Oder sonst –

      GÖRGE ihm nach. Das soll dir nichts helfen.

      SCHNAPS da er gegen das Fenster kommt. Hülfe! Hülfe!

      GÖRGE treibt ihn weg. Willst du schweigen!

      SCHNAPS wie oben. Feuer! Feuer!

      MÄRTEN verrennt ihm von der andern Seite den Weg. Stopf ihm das Maul!

      SCHNAPS hinter zwei Stühlen verschanzt. Verschont mich! Es ist genug.

      GÖRGE. Willst du heraus!

      SCHNAPS wirft ihnen die Stühle nach den Beinen, sie springen zurück. Da habt ihr's!

      GÖRGE. Warte nur!

      SCHNAPS. Wer ein Narr wäre! Springt zur Hintertür hinaus.

      GÖRGE. Ich hasche dich doch. Ihm nach.

      MÄRTEN steht und reibt das Bein, das der Stuhl getroffen hat, und hinkt den übrigen Teil des Stücks. Der Bösewicht! Mein Bein! Hat er's doch auch brav abgekriegt!

      Elfter Auftritt

      Märten. Röse. Hernach Görge.

      RÖSE von außen. Vater! Vater!

      MÄRTEN. O weh! Röse! Was wird die zu der Geschichte sagen?

      RÖSE. Macht auf, Vater! Was ist das für ein Lärm?

      MÄRTEN am Fenster. Ich komme! Warte nur!

      GÖRGE zur Hintertür herein. Der verwünschte Kerl! Er hat sich in die Kammer eingesperrt; ich hab