Wenn's nicht anders ist, so soll Schnaps auch mit. Da muß sich die Sache aufklären.
RICHTER. Was sagt Ihr von Schnaps?
GÖRGE. Ich sage –
RÖSE am Fenster. Da kommt zum Glück der gnädige Herr.
RICHTER. Der wird's zeitig genug erfahren.
GÖRGE. Ruf ihn!
RÖSE. Gnäd'ger Herr! Gnäd'ger Herr! Zu Hülfe! Zu Hülfe!
RICHTER. Schweigt nur! Er wird euch nicht helfen; er wird froh sein, daß solche Bösewichter entdeckt sind. Und dann ist es eine Polizeisache, eine Kriminalsache; die gehört für mich, für den Gerichtshalter, für die Regierung, für den Fürsten! Es muß ein Exempel statuiert werden!
MÄRTEN. Da haben wir das Exempel!
Dreizehnter Auftritt
Die Vorigen. Der Edelmann.
EDELMANN. Kinder, was gibt's?
RÖSE. Helfen Sie uns, gnädiger Herr!
RICHTER. Hier sehen Euer Gnaden, was sich im Hause findet.
EDELMANN. Was denn?
RICHTER. Eine Freiheitsmütze.
EDELMANN. Sonderbar!
RICHTER. Eine Nationalkokarde.
EDELMANN. Was soll das heißen?
RICHTER. Verschwörung! Aufruhr! Hochverrat! Er behält die Mütze und Kokarde in der Hand und nimmt sie hernach mit hinaus.
EDELMANN. Laßt mich fragen!
RICHTER. Lassen Sie uns nachsuchen! Wer weiß, was noch im Hause steckt.
EDELMANN. Stille!
RÖSE. Gnädiger Herr!
EDELMANN. Diese Sachen?
MÄRTEN. Brachte Schnaps ins Haus.
GÖRGE. In meiner Abwesenheit.
MÄRTEN. Brach die Schränke auf –
RÖSE. Machte sich über die Milchtöpfe –
MÄRTEN. Und wollte mich in der Gleichheit und Freiheit unterrichten.
EDELMANN. Wo ist er?
GÖRGE. In der Hinterkammer. Er hat sich eingesperrt, als ich ihn verfolgte.
EDELMANN. Schafft ihn herbei!
Görge mit dem Richter und den Bauern ab.
EDELMANN. Das ist also wieder ein Streich von Herrn Schnaps, wie ich merke.
MÄRTEN. Nichts anders.
EDELMANN. Wie kam er ins Haus?
MÄRTEN. In meiner Kinder Abwesenheit.
RÖSE. Er fürchtet sich vor Görgen.
MÄRTEN. Er machte mich neugierig.
EDELMANN. Man sagt, Ihr seid's manchmal.
MÄRTEN. Verzeihen Sie!
EDELMANN. Und ein bißchen leichtgläubig dazu.
MÄRTEN. Er machte es gar zu wahrscheinlich, daß er die wichtigsten Sachen wisse.
EDELMANN. Und hatte Euch zum besten.
MÄRTEN. Wie es scheint.
RÖSE. Es war ihm nur um ein Frühstück zu tun. Da sehen Sie nur, gnädiger Herr, welche schöne saure Milch er sich zurechtgemacht hat, mit geriebenem Brot und Zucker und allem. Das liebe Gut! man muß es nun wegwerfen; es kann's kein ehrlicher Mensch genießen, da der Unflat die Schnauze drüber gehabt hat.
EDELMANN. Er wollte also ein Frühstück gewinnen?
MÄRTEN. Nach seiner Art. Er sagte, er sei von den Jakobinern abgeschickt.
EDELMANN. Und weiter?
MÄRTEN. Zog er eine Uniform an und bewaffnete sich.
EDELMANN. Toll genug!
MÄRTEN. Und sagte, er wäre Bürgergeneral, und ward mit jedem Augenblick gröber.
EDELMANN. Das ist so die Art.
MÄRTEN. Erst tat er freundlich und vertraut, dann ward er brutal und brach mir den Schrank auf und nahm, was ihm gefiel.
EDELMANN. Gerade wie seine Kollegen!
MÄRTEN. Ich bin recht übel dran.
EDELMANN. Noch nicht so übel wie die Provinzen, wo seinesgleichen gehaust haben; wo gutmütige Toren ihnen auch anfangs zufielen, wo sie mit Schmeicheln und Versprechungen anfingen, mit Gewalt, Raub, Verbannung ehrlicher Leute und allen Arten böser Begegnung endigten. Dankt Gott, daß ihr so wohlfeil davonkommt!
RÖSE. Sie schützen uns also, gnädiger Herr?
EDELMANN. Es scheint, daß ihr nichts verschuldet habt.
MÄRTEN. Da kommen sie.
Vierzehnter Auftritt
Die Vorigen. Görge. Der Richter. Schnaps, von den Bauern geführt, in der Uniform, mit Säbel und Schnurrbart.
EDELMANN. Hervor, Herr General!
RICHTER. Hier ist der Rädelsführer! Sehen Sie ihn nur an. Alles, wie die Zeitungen schreiben. Uniform! Säbel! Er setzt ihm Mütze und Hut auf. Mütze! Hut! So soll er am Pranger stehen! Geschwind zum Gerichtshalter! Verhört! In Ketten und Banden nach der Residenz geschleppt!
EDELMANN. Sachte! sachte!
RICHTER. Boten fort! Der Kerl ist nicht allein! Man muß ihn torquieren! Man muß die Mitverschwornen entdecken! Man muß Regimenter marschieren lassen! Man muß Haussuchung tun!
EDELMANN. Nur gemach! – Schnaps, was sind das für Possen?
SCHNAPS. Jawohl, eitel Possen!
EDELMANN. Wo sind die Kleider her? Geschwind! Ich weiß schon.
SCHNAPS. Sie können unmöglich wissen, gnädiger Herr, daß ich diese Kleider mit dem ganzen militärischen Apparat von einem armen Teufel geerbt habe.
EDELMANN. Geerbt? Er pflegt sonst zu stehlen.
SCHNAPS. Hören Sie mich an.
MÄRTEN. Was wird er sagen?
SCHNAPS. Als der letzte Transport französischer Kriegsgefangenen durch die Stadt gebracht wurde –
EDELMANN. Nun?
SCHNAPS. Schlich ich aus Neugierde hinein.
EDELMANN. Weiter!
SCHNAPS. Da blieb im Wirtshause in der Vorstadt ein armer Teufel liegen, der sehr krank war.
RICHTER. Das ist gewiß nicht wahr.
SCHNAPS. Ich nahm mich seiner an, und er – verschied.
EDELMANN. Das ist sehr wahrscheinlich.
SCHNAPS. Er vermachte mir seine Sachen, für die Mühe, die ich mir genommen –
EDELMANN. Ihn umzubringen.
SCHNAPS. Bestehend aus diesem Rocke und Säbel.
EDELMANN. Und die Mütze? Die Kokarde?
SCHNAPS. Fand ich in seinem Mantelsack unter alten Lumpen.
EDELMANN. Da fand Er sein Generalspatent.
SCHNAPS. Ich kam hierher und fand den einfältigen Märten.
MÄRTEN. Den einfältigen Märten? Der Unverschämte!
SCHNAPS. Leider gelang es mir nur zur Hälfte; ich konnte die schöne Milch nicht aufessen, die ich eingebrockt hatte. Ich kriegte darüber eine kleine Differenz mit Görgen –
EDELMANN. Ohne