Angela Zimmermann

Erlös mich, wenn du kannst


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habe mir nur den Garten angeschaut“, antworte ich ihn etwas mürrisch, denn ich will mich nicht hetzen lassen.

      „Drinnen ist alles sehr schön geworden, Schatz. Gehe hinein und schaue dir das an“, lächelt Manuel mich an und hat mein Murren einfach überhört.

      Ich lächele zurück und gehe die Stufen hinauf. Kurz darauf trete ich durch die Haustür in den Flur. Der war vorher schon groß und der neue Anstrich mit weißer Farbe macht ihn noch gewaltiger. Ich laufe weiter und stehe nun in unserer Küche. Vor Erstaunen steht mein Mund offen und ich bin einfach nur sprachlos. Zusätzlich zu der Malerfirma und den Gärtner haben wir eine Reinigungsfirma beauftragt, alle Möbel wieder auf Hochglanz zu bringen. Und das haben sie. Ich mag eigentlich keine hellen Küchenmöbel, aber diese ist wunderschön geworden. Das Weiß der Schränke lässt den Raum freundlicher wirken und die zarte grüne Farbe an den Wänden passt wahrhaftig gut dazu. Die Küche ist mit allem ausgestattet, was man sich denken kann. Einige Geräte waren noch da und andere haben wir einbauen lassen. Das wurde von uns nur telefonisch organisiert und ich hatte schon etwas Angst, dass das schiefgeht, aber das Ergebnis überrascht mich vollkommen. Alles Geld, was wir hier hineingesteckt haben, hat sich absolut gelohnt. Als Nächstes schaue ich mir das Wohnzimmer an und habe da ebenfalls nichts auszusetzen. Die Couchgarnitur haben sie gereinigt und schaut wirklich wie neu aus. Die Wohnwand und der schöne Tisch haben weder einen Kratzer, noch sieht man ihnen an, wie lange sie hier gestanden haben. Manuel war dagegen, dass wir alles behalten, aber ich wollte diese Möbel nicht hergeben. Warum konnte ich nicht sagen, jedoch habe ich gleich im ersten Moment eine angenehme Verbindung zu ihnen aufgebaut. Und jetzt bin ich einfach nur froh, mich in dieser Sache gegenüber meinem Mann durchgesetzt zu haben.

      „Wir bauen dann gleich das Schlafzimmer auf“, kommt leise von Manuel, der hinter mir steht und ganz vorsichtig die Arme um meinen Körper legt, damit ich mich wahrscheinlich nicht erschrecke. Ich lasse meinen Kopf auf seine Schulter fallen und spüre, dass er sich genauso wohl fühlt wie ich.

      „Wir sind angekommen. Meinst du nicht auch?“, wende ich mich Manuel zu und schaue in sein zufrieden strahlendes Gesicht.

      „Ja, Schatz, das sind wir“, antwortet er, senkt sich zu mir herunter und gibt mir einen zärtlichen Kuss.

      „Wo sollen denn all die Kisten hin?“ Nico steht auf einmal neben uns und grinst uns breit an.

      Am liebsten würde ich ihn davonjagen, aber lasse Manuel los, denn schon heute Abend werden wir die Möglichkeit haben, da weiter zu machen, wo uns Nico jetzt gestört hat.

      „Auf den Kisten steht doch drauf, wohin sie sollen“, sage ich forsch, mit in den Hüften gestemmten Händen.

      „Schon gut. Ich wollte euch nicht stören, aber wir sollten etwas schneller machen, sonst müsst ihr heute auf dem Fußboden schlafen“, erwidert Nico, schaut auf die Kiste und verschwindet mit ihr in die Küche.

      Manuel schüttelt nur mit dem Kopf und folgt nach einem weiteren Kuss Nico, der schon wieder an uns in Richtung Auto vorbeiläuft. Es sind nicht viele Kisten, die sie noch herein räumen müssen, denn wir haben bisher in einer sehr kleinen Wohnung gelebt.

      Um den Männern nicht im Wege zu stehen, gehe ich in die Küche und beginne dort die erste Kiste zu leeren. In der zweiten stoße ich auf die Kaffeedose und befülle sofort eine Maschine damit. Während der Kaffee durchläuft, verschwindet das Geschirr in den Schränken. Nach ein paar Minuten stehe ich mit einer Tasse heißen Kaffee an der Terrassentür. Ich öffne sie und trete hinaus. Mein Blick fliegt über den großen Garten, der sich vor mir erstreckt. Hier wurde noch nichts gemacht, denn das wollen wir selbst in die Hand nehmen. Und erst, wenn wir eingezogen sind. Bei dem, was ich aber hier erblicke, scheine ich mich wohl geirrt zu haben, es schnell allein schaffen zu können. Was meine Augen sehen, macht mir irgendwie Angst. Das Gras ist so hoch, dass es sogar einen Rasenmäher schwerfallen wird, durchzukommen. Dann stehen Bäume da, die wohl kaum noch Früchte tragen werden. Da sollten vermutlich einige gefällt werden. Auch die Terrasse, auf der ich mich momentan befinde, muss neu gemacht werden. Die Sandsteine, die hier verlegt wurden, sind das ganze Gegenteil von gleichmäßig. Ich glaube hier stände kein Tisch gerade. Etwas enttäuscht darüber, den Garten und die Terrasse nicht gleich benutzen zu können, wie ich es mir vorgestellt habe, gehe ich zurück in das Haus.

      „Wo hast du denn dein Arbeitszimmer?“, fragt Tim, ein weiterer Freund von Manuel, der mitten im Wohnzimmer steht und krampfhaft eine Kiste hält.

      „Komm mit, ich zeige es dir“, zwinkere ich ihm zu und wir gehen gemeinsam in das Obergeschoss.

      Hier ist das Schlafzimmer, ein Badezimmer, ein Gästezimmer und mein Arbeitszimmer. Das ist eigentlich als Kinderzimmer geplant, aber dafür hat es noch etwas Zeit. Alle Türen stehen offen und es sind schon jede Menge Kisten in den Zimmern verteilt, bis auf die Letzte.

      Tim stellt diese mitten in den Raum und ist kurz darauf wieder auf den Weg nach unten. Ich schaue mich erst einmal um und überlege, wie ich mein Arbeitsdomizil einräumen sollte. Schnell ist eine Entscheidung getroffen, den Tisch vor das Fenster zu stellen. Da habe ich während der Arbeit einen wunderschönen Ausblick auf die kleine Stadt. Ich kann von hier aus sogar den Markt mit der großen Kirche sehen.

      So eine Aussicht wird mich bestimmt auch inspirieren. Ich bin Schmuckdesignerin und verkaufe meine Sachen meist über das Internet. Ich lasse bei der Arbeit meiner Fantasie freien Lauf und die Verkaufszahlen zeigen mir jedes Mal, dass ich mit den Ideen nicht falschliege. Ich habe mich daran gewöhnt, zu Hause zu arbeiten und mir die Zeit so einteilen zu können, wie ich möchte. Manuel ist dagegen Lehrer und liebt es, ständig unter Menschen zu sein. Er hat auch schon eine Stelle hier an der Schule. In zwei Wochen sind die Ferien zu Ende und er kann sofort anfangen. Bereits in den nächsten Tagen beginnen die Schulvorbereitungen, bei denen er dabei sein muss. Also bleibt uns kaum eine Woche, um uns hier richtig einzurichten. Geschweige den Garten auf Vordermann zu bringen. Aber wir werden es schon schaffen. Zuerst sollte im Haus alles fertig werden, dann kann ich mich wieder voll meiner Arbeit widmen und so nebenbei werde ich wohl doch noch einmal einen Gärtner zurate ziehen.

      Hinter mir höre ich gequälte Stimmen, die mich aus den Gedanken holen und ich schaue genüsslich zu, wie drei kräftige Männer, die sonst mit ihren Muskeln prahlen, versuchen unser schweres Bett in das Obergeschoss zu bekommen. Ich muss mir ein Lachen verkneifen, denn ich möchte ihren Stolz nicht verletzen. Das machen sie schon selbst. Nach weiteren zehn Minuten und ständigen Absetzen steht das Bett an seinen vorgesehenen Platz und alle drei fallen erschöpft daneben nieder.

      „Ich hole euch erst einmal ein Bier. Ich glaube, das habt ihr euch verdient“, will ich sie aufmuntern, denn auch der Schrank muss ebenso nach oben. Da gibt es jedoch einen Vorteil, der ist in Einzelteile zerlegt.

      „Eine gute Idee, mein Schatz“, höre ich noch von Manuel, während ich schon die Treppe hinunterlaufe.

      Wie erwartet, befinden sich die Flaschen nicht mehr in dem Korb, den ich auf die Spüle gestellt habe, sondern im Kühlschrank. Ich nehme drei heraus und bringe sie den Männern, die inzwischen auf der Terrasse stehen und sich genauso ungläubig den Garten ansehen wie ich vorhin. Aber wie schon gesagt, der muss noch etwas warten.

      Ich lasse die Jungs allein und ziehe mich zurück in die Küche. Hier wartet genug Arbeit auf mich und damit will ich auch schnellstens fertig werden, denn ich möchte heute noch mit dem Einräumen meines Arbeitszimmers beginnen. Morgen sollte ich zumindest wieder im Netz sein, wenn es auch nur kurz sein wird, um die aktuellen Aufträge und Bestellungen zu überprüfen. Wir benötigen jetzt wirklich jeden Cent und wenn keine Werbung für die Produkte gemacht wird, verkaufe ich am Ende nichts.

      Nach einer halben Stunde falte ich den letzten Karton von der Küche zusammen und bringe ihn wieder zum Auto. Das hat sich ja schon fast geleert. Nur noch ein paar Dekorationssachen und Pflanzen sind auf dem kleinen Laster. Ich quäle mich hinauf und hole meine Stehlampe aus der Ecke heraus. Ich ziehe sie bis an den Rand und springe wieder hinunter. Bevor ich sie herunterziehen kann, steht Manuel neben mir und reicht sie mir mit einem Lächeln. Ein Kinderspiel für ihn und ich bedanke mich mit einem Küsschen. Schnell laufe ich mit der Lampe zurück in das