Christian Jesch

Renaissance 2.0


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denkst. Ich würde dich nur gerne näher kennenlernen."

      "Ich komme gerne", erwiderte Arindal. Ambisi hatten sie zwar nicht vollständig überzeugt und ihre Gedanken wollte das Mädchen nicht lesen, aus Angst, sie könnte dies bemerken. Was sollte sie also anderes machen als zusagen? Eventuelle hatte die Kommandantin sogar das gemeint, was sie gesagt hatte. Das würde sie am Abend wohl erfahren.

      "Sie haben einen Energieorter angefordert", ertönte unerwartet die Stimme eines Mannes, der noch am Absatz der Treppe stand und mit Staunen in die Halle blickte.

      "Ja, das habe ich. Hier irgendwo zwischen diesen ganzen Menschen muss vermutlich ein Cryokinet liegen, der eine Verbindung ins Metanetzwerk hat. Ich muss wissen, wer von den ganzen Männern und Frauen das ist."

      "Ich verstehe. Das wird ein paar Minuten dauern." Der Mann ging in die Mitte des gigantischen Raumes und fing mit seinem Scann an. Dabei drehte er sich um dreihundertsechzig Grad. Dies machte er einmal, dann ein weiteres Mal und noch ein drittes Mal. Schließlich blickt er in Ambisis Richtung und schüttelten den Kopf. Als er nah genug war erklärte er der Anführerin, dass keiner der Personen mit dem Metanetzwerk verbunden war. Die Kommandantin schaute ihn prüfend an. Schließlich wendete sie sich erneut an den Cryokineten aus ihrer Gruppe.

      "Wie weit kann ein Mutant entfernt sein, um diese Stasis aufrechtzuerhalten?"

      "Das kann ich nicht beantworten", gab dieser zu. In seinem Gesicht konnte man ablesen, dass diese Situation über seinen Verstand hinaus ging.

      "Also gut", eröffnete Ambisi. "Wir werden die Menschen hier alle nach Akeḿ bringen. Ich hoffe, sie sind es wert. Aber, wenn wir sie nicht mitnehmen und irgendwie aufgetaut bekommen, werden wir auch nie herausfinden, wer sie sind und ob sie Metamenschen sind, die wir in unserer Gesellschaft gebrauchen können. Ich denke, wir benötigen hier einige Materiewandler, welche die Decke über der Halle abtragen, und dann noch einige Telekineten, die schließlich die Menschen hier vorsichtig in den Hover transportieren. Wenn das erledigt ist, fliegen wir zurück. Ich bin jetzt schon gespannt, was Marah dazu sagen wird", flüsterte sie im Selbstgespräch.

      Nachdem alle Männer und Frauen aus der unterirdischen Halle in den Transporter gebracht waren und dieser sich in die Luft erhoben hatte, lächelte der Cryokinet in seiner Kammer zufrieden. Er machte einen letzten, tiefen Atemzug, bevor er glücklich sich der verdienten, ewigen Ruhe überließ.

      Kapitel 15

      "Sie werden in dem Bereich nicht das Geringste finden, was bewohnt ist", erläuterte der Mann Femm die Karte. "Ab hier ist alles ödes, totes Land. Weiter hinten finden Sie dann nur noch Wüste. Ich glaube, ganz früher einmal, gab es dort einige Ansiedelungen. Doch die sind schon längst verlassen und zerfallen. Was auch immer Sie dort zu finden hoffen, Sie werden es nicht entdecken."

      "Offengestanden suche ich dort auch nicht nach etwas. Ich habe nur beobachtet, wie ein Patrouillenhover Kurs auf diesen Teil des Landes genommen hat", erklärte sich die Magus.

      "Ein Patrouillenhover?", wiederholte der Mann. "Das kann ich mir noch weniger vorstellen. Die Basen der ProTeq befinden sich in ganz anderen Bereichen. Das kann ich Ihnen versichern."

      "Warum sind Sie sich da so sicher?" Der Mann lächelte sie vielsagend und verschmitzt an. Ein leichtes Funkeln erschien in seinen Augen, während er sich herumdrehte und aus einem Regal einen weiteren Plan holte.

      "Das ist eine der seltenen Karten, auf der alle Basen, Standorte, Unterkünfte und so weiter der ProTeq verzeichnet sind. Fragen Sie nicht, wo ich diese herbekommen habe. Das könnte ich nicht beantworten." Femm nahm sich die Karte zur Hand und verglich diese mit der anderen, die auf dem Tisch lag. Der Mann hatte recht. Im Südwesten, also in dem Bereich, auf den der Hover zusteuerte, waren tatsächlich keine Orte vermerkt, die vom Militär oder der Sicherheit der ProTeq verwendet wurden. Und trotzdem. Femm wusste nur zu gut, wenn man etwas verstecken wollte, dann tat man dies am besten an einem Ort, der nach Tod und Verderben roch. Ein Ort, an dem Monster ihr Unwesen trieben oder gerüchteweise die Menschen sofort tot umfielen, sollten sie auch nur einen Fuß auf das Land setzen.

      "Darf ich mir die Karte hier auf mein Comtab übertragen?", fragte die junge Magus. "In meiner Navigation gibt es diesen Bereich des Landes nämlich nicht."

      "Das können sie gerne. Ich verstehe nur nicht, was Sie damit wollen."

      "Ich benötige sie zur Orientierung."

      "Das heißt, sie wollen wirklich dort hingehen? Aber warum?"

      "Ich glaube nicht daran, dass der Hover ein Täuschungsmanöver geflogen ist. Warum sollte er auch? Deswegen bin ich der Meinung, dass der Transporter wirklich in diesem Gebiet herunterkommen wird. Und ich will wissen, was es dort gibt."

      "Dann kann ich Ihnen nur viel Glück wünschen. Aber, haben sie sich denn schon überlegt, wie sie den Patrouillenhover wiederfinden wollen? Das ist ein riesiges Gebiet, dass sie da durchsuchen wollen."

      "Ich muss zugeben, das ist wirklich ein Problem für mich. Das Einzige, was ich machen kann, ist einfach geradeaus der Linie zu folgen, die das Flugzeug eingeschlagen hat und das Beste hoffen. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Hilfe." Mit diesen Worten wendete sich Femm zum Gehen, um das Haus des Mannes sowie den Ort zu verlassen.

      An der Stadtgrenze angekommen musste sie sich erneut zurechtfinden. Sie überdachte die letzte Position des Hovers und in welche Richtung er unterwegs war. Nachdem sie sich halbwegs sicher war, öffnete Femm ein weiteres Portal und sprang mehrere Kilometer. Genaugenommen konnte der Transporter noch nicht allzu weit sein. Sie hatte etwas mehr als zwei Stunden bei den freundlichen Dorfbewohnern verbracht. Die Verätzungen waren, dank der Medikation, bereits wieder am Verheilen und schmerzten nur noch wenig. Wenn sie endlich etwas mehr Ruhe hatte, würde sie sich die Wunden noch einmal genauer ansehen und eventuell mit ihrem Wissen über die Elemente und diverser Pflanzen die Heilung weiter vorantreiben.

      Der erste Sprung brachte die Magus auf eine weite Ebene, die noch relativ grün und gar nicht öde aussah. Sie drehte sich um und nutzte ihre Kunde über die Luft dazu, die Töne aus der Richtung, aus der die junge Frau portiert war, zu verstärken und nach dem eindeutigen Wummern eines Hovers zu lauschen. Das, was sie jedoch hörte, waren vereinzelte Vögel, nicht mehr. Erneut machte sie eine halbe Drehung und wiederholte den Vorgang. Dieses Mal konnte sie das gesuchte Geräusch aus der Luft filtern. Indem sie den Kopf langsam hin und her bewegte, versuchte Femm die Richtung so genau wie möglich zu bestimmen. Erst, als sich die Magus sicher war, portierte sie weitere fünf Kilometer. Ein erneutes Mal bemühte sie ihre Kunde über die Luft. Jetzt lag das Geräusch hinter ihr und kam langsam näher. Die Frau wartete. Nach einigen Minuten erreichte das schwarze Luftfahrzeug sie und flog über ihren Kopf hinweg. Es hielt immer noch denselben Kurs. Während sie dem Hover nachblickte, fiel ihr plötzlich unterbewusst etwas auf. Irritiert schaute sich die Frau um und versuchte zu begreifen, was ihr aufgefallen war. Dann bemerkte Femm, den Grund. In einiger Entfernung befand sich eine der Siedlungen, von denen der Kartograf aus dem Dorf berichtet hatte und die schon seit langem verlassen waren sowie nach und nach verrotteten. Nur war an dieser Ansiedlung etwas anders.

      Nachdem Femm aus dem Portal getreten war, machte sie noch einige weitere Schritte auf das erste Steingebäude zu, um dann wie vom Donner gerührt stehenzubleiben. Aus dieser kurzen Distanz wurde ihr endlich klar, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Das Haus war abgebrannt. Alle Gebäude, die hier standen, waren niedergebrannt. Konsterniert machte Femm sich auf den Weg, die kleine Ortschaft zu betreten. Überall waren vom Feuer geborstene Mauern der Häuser zu sehen, verbrannte Holzbalken, ausgebrannte Fahrzeuge und – Leichen. Verkohlte und vermoderte Leichen. Frauen, Männer, Kinder. Verstört und ängstlich betrachtete sich Femm die Umgebung. Was war hier nur passiert? War der Brand aus Versehen ausgebrochen? Aber, warum lagen dann so viele Tote auf den Straßen? Warum hatte sie niemand beerdigt? Hier musste sich etwas andere ereignet haben. Immer tiefer drang sie in die Siedlung ein. Die Magus konnte nicht sagen, wie lange sie schon durch diese Hölle wanderte, als sie unerwartet ein Geräusch hörte, das sie erschreckte. Die Frau ging in den Angriffsmodus über und spannte ihre Muskeln an. Gleichzeitig aktivierte sie alle Sinne, die vier Elemente zu nutzen, wenn dies nötig war, um sich zu verteidigen. Schließlich erkannte die Magus eine Bewegung