Christian Jesch

Renaissance 2.0


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die sie angesprochen hatte. Es wurde ruhiger, biss schlussendlich alle verstummten. "Danke. Mein Name ist Ambisi. Ich bin die Kommandantin der Armee der Finsternis und stellvertretende Kommandantin der Liga des Untergangs. Ihr befindet euch hier in Ake ḿ , einer Stadt, die wir vor kurzem übernommen haben und die uns als Ausgangspunkt für unseren Mutan tenstaat dient. Und da sind wir auch schon bei dem Punkt angelangt, warum ihr hier seid. Wir, das heißt die Kommandantin der Liga, Marah und ich haben zusammen mit unserer verstorbenen, ersten Führerin Ysana den Plan gefasst, einen für Mutanten würdigen Staat zu etablieren. Soweit ich bislang weiß, sind die staatlichen Heilanstalten euch erspart geblieben, da ihr nicht zu den Jugendlichen zählt, auf die Mår-quell Jagd machte und denen sie unter allen Umständen ihre Fähigkeiten nehmen wollte. Unter allen Umständen bedeutet, auch der Tod war ihr recht. Hauptsache, wir stellten keine Gefahr mehr für sie da." Eine leichte Unruhe entstand unter den Zuhörern. Scheinbar wusste niemand von diesen Einrichtungen, was nur bedeuten konnte, dass diese erst geschaffen wurden, nachdem die Mutanten Ç apitis verlassen hatten und eingelagert wurden, oder die Anlagen vor ihnen geheim gehalten wurden . "Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr meine A ussagen anzweifelt. Das verstehe ich nur zu gut. Wer es nicht miterlebt hat, der kann unmöglich glauben, dass eine einzelne Person zu so etwas in der Lage ist. Aber, es ist so. Und hätte es nicht eine Gruppe gegeben, die sich die Sturmbringer nennt , die es sich zur Aufgabe gemacht haben, uns, die hilflosen Jugendlichen mit ihren besonderen Fähigkeiten, vor der Regierung zu retten, dann würde ich jetzt nicht hier stehen. Hätte Mår-quell uns nicht in diese Anstalten gesteckt, sondern uns einfach normal mit unseren Familien weiter leben lassen, dann wären wir auch nie auf den Gedanken gekommen, einen Mutantenstaat auszurufen und diese Frau zusammen mit ihren arroganten Mitläufern zu stürzen. Doch wer gequält, geprügelt wird und wer mit ansehen muss, wie seinen Freunde sterben, nur weil sie anders sind, der muss einfach so handeln, wie wir es tun. Und deswegen bin ich überaus neugierig, warum es mit euch anders war. Warum hat Mår-quell nicht versucht euch eure Fähigkeiten zu entreißen? Was war das Besondere an euch, dass ihr mit dieser Frau sogar zusammengearbeitet habt?" Ambisi legte eine Pause ein, in der Hoffnung, dass sich ein Sprecher der Gruppe vorstellt e und ihre Existenz erklärt e . Nach einer langen Minute ergriff ein Mann in der Mitte des Hangar das Wort. Während er sprach, kam der etwa dreißig bis vierzigjährige weiter nach vorn auf das Gerüst zu.

       "Es tut mir und ich nehme an auch den anderen leid, was euch widerfahren ist. Davon wissen wir nichts. Entweder hat man es perfekt geheim vor uns gehalten oder es geschah, nachdem man uns bereits in Stasis versetzt hat ", sagte der Mann genau das, was Ambisi zuvor selber vermutet hatte. " Weswegen wir für Mår-quell gearbeitet haben, willst du wissen? Nachdem, was wir mittlerweile erfahren haben, wurden wir vor dreizehn Jahren auf Eis gelegt und zu der Zeit waren Fähigkeiten, wie wir sie haben, wir ihr sie habt, ganz normal. Man hat uns damals ausgewählt eine Para-Einheit zu bilden, die für den Schutz der Regierungspolitiker verantwortlich war. "

       "Schutz wovor? ", unterbrach die Kommandantin der Armee. " Ich meine, die Regierung hatte schon immer Sicherheitsbeamte, die sich um den Schutz der Politiker kümmerten. Warum also noch eine Einheit speziell mit Mutanten?"

       "Der Grund dafür lag in der Sicherheitsfirma, welche die ausgebildeten Männer und Frauen stellte. Mår-quell traute ihr nicht mehr so wirklich, besonders, wo diese Firma nach und nach sich immer mehr ausbreitete und eine Art Monopol anstrebte. Deswegen wollte sie für sich und die Regierungsmitglieder, dass wir diese Leute überwachten."

       "Das ergibt sogar einen Sinn", kommentierte Ambisi nachdenklich. "Und Unrecht hatte sie damit auch nicht. Vor wenigen Tagen hat nämlich die ProTeq die Macht über das Land übernommen, nachdem diese Firma in den letzten Jahren eures Winterschlafes gewachsen ist und nicht nur die Sicherheit in diesem Land, sondern auch das Militär und vermutlich auch einen Geheimdiens t entwickelte . "

       "Dann ist Mår-quell also gestürzt und festgenommen worden?"

       "Sieht ganz danach aus. Aber ehrlich gesagt ist das auch nicht wirklich von Nachteil. Ihr seid vor dreizehn Jahren in Stasis versetzt worden, sagst du?", wechselte Ambisi das Thema.

       "Aufgrund dessen, was uns die anderen gesagt haben und das Jahr, welches wir jetzt haben, ist das richtig."

       "Die Heilanstalten wurden vor etwas mehr als neun Jahren eingerichtet. Das erklärt dann, warum ihr von der Hetzjagd nichts mitbekommen habt. Und dann habt ihr auch nicht mitbekommen, wie sich die Politik von Mår-quell gewandelt hat."

       "Inwiefern hat sich die Politik geändert?", unterbrach der Mann.

       "Ich habe damals noch nicht so viel davon mitbekommen, da ich noch zu jung war, aber es heißt, innerhalb weniger Wochen interessierte sich die Senatorin nicht mehr für das wohlergehen des Volkes und fing an die Reichen und Mächtigen zu bevorzugen, während die Mittel- und die Unterschicht immer weiter im Dreck versank."

       "Das sind harte Anschuldigungen", dachte der Sprecher laut.

       "Leider sind das keine Anschuldigungen, sondern harte Tatsachen", widersprach die Kommandantin der Armee. "Sie hat zunächst alle beseitigt oder ruhiggestellt, die ihr gefährlich werden konnten, um sich dann zusammen mit ihren reichen und mächtigen Freunden zurückzuziehen. Und scheinbar fühlte sie sich besonders von den Jugendlichen bedroht, die vermutlich am ehesten auf die Straße gehen und ihre Rechte einfordern würden. Jugendliche Mutanten waren dabei wohl ihre schlimmste Vorstellung, weswegen sie diese in Heilanstalten einweisen ließ."

       "Das ist mehr als übel. Derartiges hätten wir zu unserer Zeit nie für möglich gehalten. Da war ihre Politik noch auf das Wohlergehen des Landes ausgerichtet. Und gegen Mutanten hatte sie schon erst recht nichts, zumal es Gerüchte gab, dass Mår-quell selbst einige Fähigkeiten besaß."

       "Wer hat das gesagt?", unterbrach Ambisi neugierig.

       "Angeblich soll ihr Mann mal eine solche Bemerkung gemacht haben. Später hat er dann aber nie wieder Fragen dazu beantwortet. Wie gesagt, alles nur Gerüchte, Hörensagen und viel Drumherum. Die Wahrheit dazu weiß nur Mår-quell."

       " Du hast eben gesagt, sie soll einige Fähigkeiten besessen haben. Nehmen wir nur einmal an, dem wäre so gewesen, dann stellt sich mir eine Frage. Normalerweise haben Metamenschen, wie wir es sind, immer nur eine Fertigkeit, die wir anwenden können. Gut Ysana war eine Ausnahme. Sie besaß mehrere und eignete sich auch immer noch welche an, aber trotzdem. Solche Multimutanten sind äußerst selten. Selbst in der Armee und der Liga haben wir keinen einzigen davon. Und wir bestehen aus mehr als siebenhundert Männern, Frauen und Jugendlichen."

       "Es gab da noch ein Gerücht zu unserer Zeit. Angeblich soll es neben den Metamenschen noch eine andere Gruppe ge geben haben