Christian Jesch

Renaissance 2.0


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       "Es tut mir sehr leid, dass Riém nicht Sie zu ihrer Nachfolge ernannt hat", entschuldigte sie sich. "Für mich kam die Ernennung aus heiterem Himmel. Vermutlich wüsste ich noch gar nichts davon, wenn ich nicht beschlossen hätte, nach den Ereignissen in Nuh åven und Ake ḿ in die Hauptstadt zu gehen, um weitere Anweisungen zu erhalten."

       "Denken sie nicht darüber nach. Ganz ehrlich. Ich bin sogar ein wenig froh, dass jemand anderes das Chaos übernehmen muss, welches Riém hinterlassen hat."

       "Chaos, sagen Sie", entfuhr es Kaziir.

       "In gewisser Weise. Die alte Suprimegeneralin hat an vielen Fronten ihre Hände im Spiel gehabt. Manchmal war ich mir noch nicht einmal ganz Sicher, ob sie eigentlich noch wusste, was sie wo tat. Wenn ich Ihnen das erklären sollte, wäre ich hoffnungslos überfordert. Sie werden alle Informationen auf diesem Stick finden. Sollten Fragen aufkommen, ich werde noch einige T age hier in der Stadt bleiben und Ihnen beim Übergang so hilfreich, wie möglich zur Seite stehen." Die Frau überreichte Kaziir einen Speicherstick, den die umgehend in ihren gesicherten, vollkommen autarken TabletTop steckte. Es dauerte einige Sekunden, bis der Rechner die Daten ausgelesen hatte, dann erschien auf dem Bildschirm eine Nachricht. Suche Diva Satanica , war alles, was dort zu lesen stand. Kaziir schaute die Frau verwirrt an, bevor sie über den Dateimanager den Stick direkt ansteuerte und auf dessen Inhaltsverzeichnis schaute. Doch es stimmte. Auf dem Speichermedium war nur eine Textdatei, die aus eben diesen drei Worten bestand. Die Vizegeneralin erkannte, dass irgendetwas die neue Suprimegeneralin zweifeln ließ, w eswegen sie nachfragte. Kaziir drehte den TabletTop zu ihr, damit sie die Nachricht darauf lesen konnte.

       "Wer ist diese Diva Satanica?", fragte die Frau neugierig.

       "Sie kennen sie also nicht?", stellte Kaziir erstaunt fest.

       "Nein, Riém hat sie nie erwähnt. Sie ist auch in keinen Unterlagen zu finden. Können S ie den etwas damit anfangen?"

       "Das kann ich, zum Glück. Ich bin ihr schon einmal begegnet. Nur habe ich nicht die geringste Ahnung, wo sie sich jetzt befindet."

       "Wo haben sie diese Diva gesehen?"

       "Das letzte Mal bei der Abgeordneten in ihrem Rathaus, bevor das Dorf vernichtet wurde. Sie war aber nicht in den Trümmer zu sehen. Auch nicht im Bunker."

       Dann hat Riém sie vielleicht zuvor weggeschickt. Auf eine Mission oder so."

       "Wenn dem so ist, dann weiß ich auch, wem die Mission gilt", dachte die neue Suprimegeneralin laut. "Und dann Diva Satanica zu finden ist, als suche man ein Sandkorn in der Wüste ."

       "An was für eine Mission denken Sie. Wir haben tausende von Renegaten, die bei der Suche helfen können. Die müssen nur wissen, wo sie ungefähr damit anfangen sollen ."

       "Ich denke, dass Satanica auf der Suche nach Jikav ist. Und der ist seit geraumer Zeit verschwunden, irgendwo in den Dædlænds. Mal wieder. Ich muss mich mit ein paar Freunden in Verbindung setzen. Vielleicht können die mir helfen."

       "Gut, dann werde ich auf Ihre Anweisungen warten."

       "Gehen Sie wieder zu Ihrem Standort zurück. Da ich keine Unterlagen habe, habe ich auch keine Fragen an Sie. Sobald ich über alles durch Satanica informiert wurde, melde ich mich bei Ihnen."

       "Verstanden, Suprimegeneralin. Dann werde ich mich wieder auf den Heimweg machen."

       "Tun Sie das. Wie gesagt, ich melde mich. Danke für Ihre Mühen." Die Vizegeneralin war noch nicht ganz aus der Tür, da Griff Kaziir bereits zum Comtab.

       "Misuk", sagte sie, als das Gespräch zustande gekommen war. "Ich brauche dringend deine Hilfe. Kannst du deine Rückreise ins Antiquar noch ein wenig herauszögern?" E s entstand eine kurze Pause, in der Kaziir dem Mädchen am anderen E nde der Leitung zuhörte. "Gut, dann komm bitte so schnell, wie möglich in mein Appartement. Ich werde dort auf dich warten. Es ist wirklich sehr wichtig." Erneut schwieg sie und lauschte. "Danke, bis dann."

      

       "Du bist schon wieder zurück?", wunderte sich Tandra, als ihre Lebenspartnerin durch die Tür trat.

       "Ja. Und du wirst dich gleich noch wundern, wer ebenfalls zurück ist", spannte diese sie auf die Folter.

       "Wie meinst du das?", wollte die junge Renegatin aufgeregt wissen. "Wer ist zurück?"

       "Warte es einfach ab, mein Liebling. Du wirst erstaunt und ein wenig erfreut sein", grinste sie und ging in die Küche. "Möchtest du lieber Kaffee oder soll ich dir einen Tee machen. Du kannst auch Bier, Wein oder Whiskey haben."

       "Meine Güte. Als Suprimegeneralin lebst du ja ein Leben, wie die Superreichen", prustete Tandra hervor .

       "War nur eine Scherz. Außer Kaffee und Tee kann ich dir nur noch Milch oder", sie hielt einen Moment inne, "Kakao anbieten", sprach sie weiter.

       "Dann möchte ich bitte einen Kakao mit mindestens fünf Löffeln und ein bisschen Zucker."

       "Kommt sofort. Ich schmeiße nur gerade den Kaffeevollautomaten an, für meinen Cappuccino, dann mache ich dir deine Schokolade."

       Kaum, dass sich die beiden Frauen mit ihren Getränken an den Tresen gesetzt hatten, der die Küche vom Wohnbereich trennte, war ein Klopfen an der Tür zu hören. Kaziir sprang auf und öffnete. Obwohl Tandra noch nicht sehen konnte, wer das Appartement betreten hatte, erkannte sie die Stimme sofort. Hocherfreut stand auch sie auf und eilte in den kurzen Flur, um das Mädchen in die Arme zu schließen. Die war vollkommen perplex über diese Begeisterung.

       "Ich freue mich auch, dich zu sehen", waren daher ihre ersten Worte.

       "Ich habe Misuk hierhergebeten , weil sie mir helfen muss. Jetzt, wo alle Beteiligten da sind, kann ich euch berichten. Aber zuerst, was möchtest du haben?"

       "Kaffee, schwarz und extra stark. Am besten einen doppelten Espresso. Oder noch besser, einen dreifachen." Tandra und Kaziir schauten sich entgeistert an. Sie hatten ja vieles von diesem Mädchen erwartet, aber das kam dann doch etwas überraschend.

       "Ich kann dir auch Kaffeepulver zum Kauen geben", schlug die Suprimegeneralin mit ernstem Gesicht vor.

       "Nein danke. Das wäre dann doch zu viel des Guten. Einfach nur einen Espresso."

       "Sollst du haben. Und während ich den mache, fange ich schon einmal an zu erzählen. Heute war die Stellvertreterin von Riém bei mir im Büro gewesen, um mir die Unterlagen zu bringen, die mir als neue Suprimegeneralin zustehen. Doch auf dem Stick war nur ein Textdokument mit den Worten