Christian Jesch

Renaissance 2.0


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was ich dadurch freigesetzt habe. Ysana hatte da zwei Mutanten in ihrem engeren Kreis, die wohl ihre Pläne teilten. Sie sind beide aber nicht so starke Metamenschen, wie es Ysana war. Wenn ich mich noch richtig an die Namen erinner, dann hießen sie Marah und Ambisi. Vielleicht sollten Sie mal nach denen im Metanetzwerk Ausschau halten."

       " Das werde ich machen. Vielen Dank für den Hinweis. Ich melde mich wieder, wenn ich neue Informationen habe."

       Kapitel 18

      

       Jikav war jetzt schon seit einigen Stunden in dem zirka fünf mal sechs Meter großem Raum untergebracht, ohne dass sich jemand um ihn kümmerte. Interessanterweise handelte es sich nicht, wie er aufgrund seiner Festnahme geglaubt hatte, um eine Zell e , trotzdem war die Tür von außen versperrt. Dieser Umstand störte ihn aber nicht im Geringsten. Er hatte es nicht anders erwartet und offengestanden, war es ihm auch völlig egal. Viel mehr beschäftigten sich seine Gedanken damit, was die Kommandantin gesagt hatte. Aufgrund Ihrer Herkunft, waren die Worte der Frau gewesen. Sie konnte ihm also genau sagen, woher er stammte, wer seine Eltern waren und vermutlich auch, wie es dazu kam, dass er diese nicht kannte. Sein Geist arbeitete bereits auf Hochtouren, um sich einen Plan zu überlegen, wie er sich die Kommandantin gefügig machen konnte. Er musste einfach mehr über sie erfahren, damit sie von ihm manipuliert werden konnte. Natürlich würde er in dieser Hinsicht seine Aktiv-Empathie verstärkt einsetzen. Was seinen Charme anging, den konnte er wohl nicht über der Frau ausschütten. Schon gar nicht in dem derzeitigen Zustand, in dem er sich befand. Zudem war sie auch einige Jahre älter als Jikav, was ihm vermutlich sowieso zum Nachteil gereichen würde. Oder aber auch nicht, überdachte de r Junge seine erste Einschätzung mit einem breiten G rinsen noch einmal. Der Posten hier schien ziemlich einsam zu sein. Warum sollte da eine sehr gut aussehende Frau, nicht auch ein gesteigertes Interesse an einem jungen Mann haben, wenn er sie an die schönste Sache der Welt erinnert e , welche sie an diesem öden Ort wahrscheinlich am wenigsten bis überhaupt nicht bekam . Wenn er erst einmal ihr streng gebundenes Haar öffnete und der Frau deutlich machte, was für eine Schönheit im Innersten schlummerte, könnte Jikav sie vielleicht für sich einnehmen, um sie dann zu gebrauchen, wie er es für nötig hielt. Der Plan gefiel dem Jungen und er grinste noch breiter, als zuvor. Zusammen mit seiner Fähigkeit sollte es ein L eichtes sein, diesen umzusetzen. Doch vorher musste er noch herausbekommen, wie stark die Besetzung der Station war. Er musste mehr über die anderen herausfinden. Vor alle über diejenigen, mit denen die Kommandantin eng zusammenarbeitete, denn die durften unter gar keinen Umständen mitbekommen, was vor sich ging. Dazu musste er aber erst einmal aus diesem Zimmer und auch auf Dauer freien Zugang zur Außenwelt haben. Was hatte sie nochmal gesagt? Vielleicht können wir ja Ihr Interesse wecken und Sie arbeiten für uns. Mein Interesse ist bereits geweckt, dachte Jikav. Nur nicht in der Form, wie ihr es gerne hättet.

       Fast im selben Moment öffnete sich die Tür und die Kommandantin betrat den Raum. Sie machte keine Anstalten, Höflichkeiten auszutauschen, sondern setzte sich sofort in einen der St ü hle, welche um einen kleinen Tisch verteilt waren. Mit einer eindeutigen und nachhaltigen Handbewegung forderte sie den Junge auf, es ihr gleichzutun. Der zögerte einen Augenblick, bevor er sich auf die Frau zubewegte und sich ihr gegenüber setzte.

       "So", eröffnete diese das Gespräch. " Mein Name ist Buuk. Dann erzähl jetzt mal was von dir."

       "Ich denke, S ie wissen bereits alles über mich."

       "Das stimmt. Wir wissen, dass du geboren wurdest, dann verschwunden bist und schließlich in Nuh åven wieder auftauchtest. Alles, was dazwischen liegt ist für uns völlig unbekannt."

       "Ich verstehe nicht", antwortete Jikav verwundert.

       "Wir habe Unterlagen über deine Herkunft. Wer du bist, wo du geboren wurdest, wer deine Eltern sind. Doch dann warst du plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Wir gehen aufgrund deines Altes nicht davon aus, dass du selbstständig entschieden hast, wegzulaufen. Eher nehmen wir an, dass man dich entführt hat. Nur wissen wir nicht wer, warum und wohin. Und das möchte ich jetzt von dir wissen."

       "Dann haben wir ein gemeinsames Interesse. Ich habe nämlich nicht die geringste Ahnung. Was meine Kindheit ein ein Großteil meiner Jugend angeht, habe ich einen totalen Gedächtnisverlust. Lediglich einige Al p träume deuten Ereignisse aus dieser Zeit an. Aber bei denen kann ich mir auch nicht wirklich sicher sein, ob sie die Dinge richtig darstellen."

       "Erzähle mir mal davon. Vielleicht kann ich ein wenig Gewissheit in diese Erinnerungen bringen."

       "Ich habe wohl zusammen mit einer Frau und ihrer Tochter gelebt. Keine Ahnung, ob das meine Mutter war. Ihr Gesicht ist in den Träumen nie zu sehen. Das Mädchen habe ich immer Tan genannt. Dann gibt es da den Traum, wo Regierungsbeamte die Frau aufsuchen und scheinbar festnehmen wollen. Das vermute ich aber auch nur. Die Frau flieht schließlich mithilfe ihrer Tochter und ich laufe dann auch mit dem Mädchen zusammen weg." Jikav blickte der Kommandantin in die Augen. Die schwieg zunächst und überdachte das eben Gehörte, während sie versuchte, sich einen Reim zu machen. Eine Frau, die verhaftet werden sollte. Das traf auf tausende von Menschen zu unter der Regierung von Mår-quell. Zumindest, nachdem sich ihre politische Einstellung so vollkommen gewandelt hatte.

       "Gibt es einen Namen zu der Frau ? Ich meine, hat diese Tochter sie jemals angesprochen?"

       "Nein. Aber ich glaube mich daran zu erinnern, dass sie als Abgeordnete bezeichnet wurde. Oder hatten die Regierungsbeamten sie mit Namen genannt ?" Der Junge dachte kurz nach. "Ich weiß es nicht mehr."

       "Als Abgeordnete, sagst du? Das schränkt zwar die Anzahl der potenziellen Personen ein, trotzdem sind es immer noch ein paar Hundert, die verhaftet wurden. Wenn sie wirklich entkommen ist, dann würde das die Suche erleichtern. Denn entkommen sind nur die wenigsten. Ich werde das später einmal durch das System laufen lassen. Eventuell finde ich etwas heraus. Du hast von mehreren Träumen gesprochen. Was war da noch?" Jikav überlegte einige Zeit. Den Traum, wo er mit Tan und den Renegaten das Gebäude sprengt, wollte er besser für sich behalten. Allein schon deswegen, weil das Mädchen dabei ums Leben gekommen war, wenn dem wirklich so gewesen ist.

       "Dann gibt es da noch den Traum, wo zwei Uniformierte die Frau darüber informieren, dass ihr Mann im Krieg gefallen ist. Irgendwie so, jedenfalls. Ich erinnere mich aber auch, dass eine der beiden Personen ziemlich angewidert war und im Verlauf des Gespräches etwas wie desertieren gesagt hat. Keine Ahnung. Die Sequenz ist ein wenig psychedelisch, unwirklich in meinen Gedächtnis. Als Letztes gibt es dann noch den, wo ich in einer staatlichen Heilanstalt mir einen Film ansehen muss, in dem die Eltern von Mutantenkindern an den Pranger gestellt werden und der dann mit