Isabella Kniest

Love's Direction


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bezeichnete sie ihr eigenes Auto als ekliges pinkes Ding?

      Er nickte. »Exakt das meine ich.«

      »Der gehört mir nicht.«

      Wie jetzt?

      »Ach, nein?«

      »Der Wagen war ausgeliehen, da meiner in der Werkstätte zur Pickerlüberprüfung stand.«

      Oh …

      »Oh … Dann magst du kein Pink?«

      Schier herzallerliebst verzog sie ihre zarten Züge. »Ich hasse Pink.«

      Und ihm blieb schier die Luft weg. Für einen minimalen Augenblick zwar – dennoch.

      Himmelherrgott!

      Sie hasste tatsächlich Pink!

      Normalerweise hätte sie es nun verdient, wild geküsst und mit nach Hause genommen zu werden, damit er es mit ihr die gesamte Nacht lang zärtlich trieb – im Schlafzimmer, in der Küche, im Wohnzimmer, in der Dusche …

      …

      Mal ernsthaft … welche Frau verabscheute Pink?

      Sein Blick glitt über die schlanke Gestalt der unergründlichen Pussywagon-Fahrerin.

      Wohl ausschließlich eine, die gekleidet in einem wunderschönen kurzen dunkelgrünen hautengen Bleistiftkleid und den farblich dazu passenden Pumps auf ein Blind-Date ging.

      Ungeschminkt selbstverständlich.

      …

      Da wurde es ihm erst richtig gewahr …

      Grundgütiger!

      Sie sah hinreißend aus! Atemberaubend … ein Wahnsinn …

      Und sie hasste Pink!

      …

      »Das ist beruhigend«, presste er hervor, nachdem er sich von all diesen äußerst erotischen Tatsachen und Eindrücken erholt hatte.

      Scheiße.

      Er musste sich abregen.

      Ihretwegen hatte er immer noch eine Anzeige am Hals! Zudem hasste sie nicht bloß die Farbe Pink, sondern ebenso ihn!

      »Und normalerweise fahre ich nicht solcherweise langsam wie damals. Aber dieser verfluchte Wagen verbrauchte dermaßen viel Sprit, weswegen ich vorsichtiger Gas gab.«

      »Dann konnten wir wohl beide nichts für diese Situation.«

      Von einer Sekunde auf die andere verfinsterte sich ihr Ausdruck – und Verständnis und Rücksicht verschwanden zur Gänze. »Trotzdem haben Sie versucht, mich zu schlagen. Das ist das Allerletzte!«

      Eine frische Welle an Schamgefühle und Gewissensbisse baute sich in ihm auf.

      Räuspernd drehte er sich zur Seite. »Da hast du natürlich recht. Es tut mir leid.«

      »Ich habe etwas gegen Schläger. Ein derartiges Verhalten ertrage ich nicht. Genauso wenig verzeihe ich solche Taten.«

      Ein eisig kalter über seinen Rücken kriechender Schauer schickte ihm stechend-schneidende Adrenalinausstöße quer durch seinen Oberkörper.

      »Deshalb werde ich die Anzeige nicht fallenlassen«, zeterte sie weiter. »Das war grob fahrlässig!«

      …

      Grob fahrlässig.

      …

      Er akzeptierte vieles. Wahrhaftig! Allerdings nicht dieses Wort! Gut, vielleicht war er manchmal etwas zu aufbrausend, nachtragend und genervt von der Welt. Jedoch grob fahrlässig – dies war er sicherlich nicht! Er half Menschen! Er kümmerte sich um Alte und Kranke … und noch bis vor wenigen Wochen war er für die Erstversorgung Schwerverletzter zuständig gewesen!

      »Gut, dann kannst du mich erst recht kreuzweise!« Er ging an ihr vorbei zurück zur Tür und schlug dagegen. »Lass mich endlich raus, Steffi! Verdammt noch mal! Ich schwöre dir, das ist das letzte Mal, dass ich bei deinen verschissenen Scherzen mitgemacht habe!«

      Jäh vernahm er Schritte von der anderen Seite des Raums.

      »Störe ich?« Eine dunkelhaarige Kellnerin blickte ihn und die rote Beißzange fragend an. »Ich brauche ein paar frische Tischtücher aus dem Kasten dort hinten. Macht es Ihnen etwas aus?«

      »Existiert hier ein zweiter Durchgang?«, fragte Vorzimmerdrachen verdutzt.

      »Ja, sicher. Gleich da drüben.« Die Servierkraft deutete nach rechts – und Tracey und die Pussywagon-Fahrerin stürmten aus dem Zimmer.

      »Das kann alles nicht mehr wahr sein!«, klagte er. »Wir hätten die ganze Zeit rausgehen können!«

      »Steffi!«, zischte Rotschopf harsch, alsbald die blondierte Nervensäge siegessicher grinsend im Korridor auftauchte. »Du warst die längste Zeit meine Freundin!« Für einen winzigen Augenblick erweckte die Killeremanze den Anschein, nach Steffi treten oder sie mindestens ohrfeigen zu wollen, letztendlich entschied sie sich anders und rannte ohne ein weiteres Wort zu verlieren in den Speisesaal.

      Ihr nachblickend trat Tracey zu Steffi. »Du hast es von Anfang an gewusst, stimmt’s?«

      Etwas Ähnliches wie zage Gewissensqual brachte Steffis Augenbrauen dazu, sanfte Wellen zu schlagen. »Du wärst niemals gekommen, hättest du gewusst, wer sie ist.«

      »Dann hast du sie ebenso reingelegt?«

      Sie bejahte. »Ganz genau. Ich bin gut, oder?«

      Er schüttelte den Kopf. »Wieso hast du das gemacht?«

      »Ihr solltet euch ausreden.« Ihre Reue verwandelte sich in ein intensives Flehen. »Ich wusste doch nicht, dass sie sofort auf dich losgehen würde. Normalerweise ist sie supernett und freundlich.«

      Blöde Kuh!

      Von wegen supernett und freundlich!

      »Du schätzt Leute einfach komplett falsch ein, das ist alles!«

      Sichtlich angepisst stemmte Steffi die Hände gegen ihre Hüften. »Jetzt hör mal gut zu, mein lieber Freund! Ich kenne die Süße vielleicht nicht so lange wie du, dennoch weiß ich, dass sie eine liebenswürdige und einfühlsame Person ist!«

      »Ja, vielleicht, wenn ich nicht in ihrer Nähe weile.«

      Steffi ließ die Schultern hängen. »Ich war mir tausendprozentig sicher, es würde gut ausgehen.«

      In Traceys Augenwinkeln registrierte er eine knallrot angelaufene vorbeihuschende Pussywagon-Fahrerin.

      »Tja, gut gemacht, Steffi. Du hast es vollbracht, dass diese Irre fluchtartig das Gebäude verlässt.«

      Steffi drehte sich Richtung Ausgang. »Ach verflucht noch mal! … Ich werde das in Ordnung bringen.«

      »Vergiss es! Für mich ist die Party gelaufen. Keine weiteren Dates. Keine weiteren Überraschungen!«

      Dies gesprochen, machte er sich auf zur Garderobe, zog seine Lederjacke über und trat hinaus in die kalte Februarnacht, deren kristallklarer Himmel funkelnde Sterne enthüllte. Neben dem metallischen Geruch der Winterkälte trug der leichte Nordwind den Schreckruf eines Rehs mit sich.

      Er fischte die Autoschlüssel aus der rechten Brusttasche, atmete tief durch und setzte sich wieder in Bewegung.

      Das war klasse gelaufen! Einfach klasse! Ein weiterer Abend in seinem verschissenen Leben hinter sich gebracht, welchen er in seiner Erinnerungssammlung in die Kategorie ›alltägliche Katastrophen‹ ablegen durfte.

      Während er Richtung Wagen schlenderte, beobachtete er, wie ein kleiner Wagen mit Vollgas davonrauschte – offenkundig die Zicken-Emanze mit ihrer frisch überprüften Dreckskarre …

      Er stieß die Atemluft hörbar aus.

      Na hoffentlich überfuhr sie in ihrer Raserei nicht das Reh.