Isabella Kniest

Love's Direction


Скачать книгу

Steffi!«

      Die rothaarige Zicke trat zu ihm.

      Unwillkürlich zuckte er zusammen.

      Mit ihrer rechten Killerfaust donnerte sie gegen das Türblatt. »Lass mich sofort raus!«

      Vorsichtshalber wich er zur Seite.

      Wer wusste, überkam sie plötzlich ein Rappel Mordgelüste und sie schlug nach ihm.

      Steffis schadenfrohe, gedämpfte Stimme erklang: »Dann steht ihr beide schon nebeneinander? Ihr macht unglaubliche Fortschritte!«

      Dies erzürnte die Pussywagon-Fahrerin dermaßen, sie drehte sich mit hochrotem Kopf zu ihm um und beäugte ihn vernichtend.

      Echte, ihn lähmende Angst kroch ihm über den Rücken bis in seinen Nacken, brachte seine Härchen dazu, sich panisch aufzustellen, und kurbelte seinen Herzschlag schmerzhaft an.

      Würde dieses unberechenbare Biest neuerlich auf ihn eindreschen?

      »Sie!«, schnaubte Letztgenannte, den Zeigefinger bedrohlich auf ihn zeigend. »Sie sind das Allerletzte!«

      Prickelnde Panik pikste ihm in den Hintern. Bedächtig brachte er noch etwas mehr Abstand zwischen sich und der Schreckschraube. »Was geht eigentlich mit dir ab, verdammt?!«

      Die Wankelmütigkeit dieser irren Fotze war ja nicht einmal mit den Stimmungsschwankungen seiner zweiten Ex-Freundin vergleichbar – und die war bereits ein Psycho wie aus dem Lehrbuch gewesen …

      Wenn er sich vorstellte, dieses Biest vor ihm sein eigen nennen und ihren Eskapaden tagtäglich ausgesetzt sein zu müssen …

      Es wurde ihm blümerant.

      Wehe dem, der dieses rothaarige Weibsstück ehelichte.

      Letztgenannte reckte das Kinn. »Sie glauben wohl, Sie sind der Stecher der Nation, oder?!«

      Bitte was geht ab?!

      Hatte er sich etwa verhört?

      »Und du denkst anscheinend, jeder muss parieren, alsbald Prinzesschen Rotschopf ruft!«

      Hätten Blicke getötet, wäre er spätestens jetzt bei Petrus gelandet.

      …

      Beängstigend langsam setze sich Pussywagon-Fotze in Bewegung – geradewegs auf ihn zu. Und er stolperte einige Schritte rückwärts.

      Scheiße … was hatte sie nun vor? Einen Chuck-Norris-Roundhousekick? Eine Kung-Fu-Einlage? Einen Judo Würgegriff?

      »Jemand, der denkt«, knurrte sie. »Weil er gut aussieht, könne er tun und lassen, was er will – solche Leute bringen mich zum Kotzen!«

      Er stutzte.

      Wie jetzt …?

      Sie fand ihn ernsthaft gut aussehend?

      Obwohl es dies nicht sollte, erfreute ihn diese naive Vermutung.

      »Das Kompliment gebe ich gerne zurück.«

      Ihre Gesichtsfarbe wechselte von diesem anfänglichen Ärgernis-Rot in ein tief dunkles Weinrot. »Halten Sie ihre verdammte Klappe! Sich über andere lustig machen – es wird immer besser!« Drohend erhob sie ihre rechte Faust. »Am liebsten würde ich Ihnen eine verpassen, sodass Sie sich die nächsten Tage flüssig ernähren müssen.«

      »Na, dann versuch es doch!«, entfuhr es ihm schneller, als er zu denken imstande war.

      Und selbstverständlich ging sie darauf ein.

      Verflucht!

      Er wich zurück und brachte sich in Stellung, indem er seine linke Hand schützend vor sich hielt.

      Doch Kampftusse blieb seltsamerweise nach dem ersten Schritt stehen und schien sich nicht mehr rühren zu wollen.

      »War ja klar! Mehr als drohen könnt ihr Weiber nicht!«

      …

      Weshalb sagte er das?

      Just und ohne etwas dagegen unternehmen zu können, kam ihm eine weitere Beleidigung über die Lippen. »Erst einen auf unschuldig machen und dann los dreschen! Hinterfotziges Weib!«

      Ihre Augen verengten sich zu zwei winzigen Schlitzen.

      »Sie sind der letzte Abschaum!« Dies kundgetan, ging sie auf ihn los – überraschenderweise wie ein unkoordinierter, hilfloser Frischling.

      Ihren Schlägen gelang es nicht einmal im Ansatz, seine Verteidigung zu durchdringen, allerdings hielt Tusse dies nicht davon ab, es unermüdlich weiter zu versuchen. Nachdem ihr überdies ein grober Anfängerfehler passierte – durch ein falsches Gewichtverlagern fiel sie ihm buchstäblich in seine Arme – blieb ihm gar nichts anderes übrig, als ihre ungewollte Umarmung zu erwidern. Er schmiegte sie an seinen Oberkörper – jedoch stets gewahr, auf ihre Beine zu achten. Einen Tritt in seine Kronjuwelen wollte er unter allen Umständen vermeiden.

      Er war eben dabei zu überlegen, wie er sein linkes Bein bestmöglich positionieren konnte, da brach die junge Frau in Tränen aus.

      Und er verstand gar nichts mehr.

      Herzzerreißende Schluchzer ihrerseits nötigten ihn, sie etwas von sich wegzuziehen und anzublicken.

      Ihre schräg nach oben gezogenen lieblich geschwungenen Augenbrauen brachten reine Verzweiflung zum Ausdruck. Die tränennassen, geröteten Wangen ließen das Blau ihrer Augen noch beträchtlich stärker erstrahlen. Ihre an eine zuckersüße Tortenglasur erinnernden blassrosa Lippen waren formvollendet … weder zu voll noch zu schmal. Perfekt … gleichermaßen wie ihre zarten Gesichtszüge, die niedliche Stupsnase, die ewig langen dunkelroten Wimpern, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebundene, feine Haar …

      Er hielt inne – schaute genauer, obduzierte einen jeden Quadratmillimeter ihrer makellosen Haut … und Hitze brauste ihm durch den Leib.

      Himmel, Arsch und Zwirn!

      Sie benutzte keine Schminke!

      Er fand nicht den geringsten Beweis, wie zerronnene Mascara oder verschmiertes Make-up.

      …

      Wow.

      …

      Eine natürliche Schönheit … wie Gott sie schuf.

      Kein Täuschen und Tarnen, kein verkleiden, kein Theater …

      Das war bei seiner letzten Ex nicht der Fall gewesen. Sie hatte sich diese ungustiöse Pampe jeden einzelnen Tag ins Gesicht geschmiert. Dementsprechend ekelig war es manchmal geworden, wenn er sie stürmisch geküsst und seine Hände um ihre Gesichtskonturen gelegt hatte.

      Das Zeugs hatte geklebt und geschmiert wie eine zähflüssige Handcreme …

      Klar, ein ebenmäßiger Teint und akzentuierte Augenpartien waren hübsch anzuschauen – anzufassen allerdings weniger.

      Besonders im Alltag.

      Wenn er zurückdachte, glaube er nicht sagen zu können, seine Ex jemals ohne diese Karneval-Aufmachung gesehen zu haben. Soviel er wusste, holte sie ungeschminkte weder die Zeitung aus dem Briefkasten, geschweige traute sie es sich ›oben ohne‹ einkaufen oder arbeiten zu gehen. Die Pussywagon-Fahrerin hingegen benutzte augenscheinlich nicht einmal Lippenstift!

      Welch verrückte Welt!

      »Warum seid ihr allesamt … andauernd so gemein zu mir?«, brachte ihr schluchzendes Wimmern seine rasenden Gedanken zum Erliegen. »Nie habe ich irgendwen etwas Böses angetan. Weshalb akzeptiert ihr mich nicht? Versteht mich überhaupt kein Mensch? –« Ein Weinkrampf erstickte ihre Anklage und nötigte ihn, das zitternde Mädchen fest an sich zu drücken.

      Diese Worte … sie berührten ihn zutiefst.

      Weshalb?

      Er wusste es nicht recht. Womöglich, weil er sich Fragen wie diese ebenso stellte? Weil er akzeptiert und verstanden werden wollte? Weil das Leben und die Gesellschaft ihm tagtägliches