Isabella Kniest

Love's Direction


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hast keine schlechten Tage.«

      »Na, wenn du das sagst.«

      »Ja, das sage ich!« Die Vehemenz in ihrer besserwisserischen Stimmlage feuerte sein wankelmütiges Temperament unverhältnismäßig heftig an. »Schließlich kenne ich dich länger als irgendjemanden sonst.«

      Was sehr einfach ist, dachte er zähneknirschend. Weil du durch deine anstrengende Art Menschen fortwährend vergraulst und letztendlich verjagst.

      Anstatt diese Tatsache laut auszusprechen, erwiderte er gezwungen ruhig: »Ich fühlte mich geehrt.«

      »Ich weiß, das ist gelogen. Aber trotzdem, Danke.«

      Tracey zählte weiter, suchte nach innerer Kraft und einer scheiß Ausgeglichenheit.

      Seine Nervenstärke hatte in den vergangenen Tagen kontinuierlich abgebaut, seine Zukunft war ein einziger Scherbenhaufen und seine Einsamkeit brachte ihn sukzessiv um. Eine ihn bequasselnde Steffi stellte somit nicht unbedingt den idealen Gesprächspartner dar. Zumal er bloß nach etwas Abwechslung und Zerstreuung gesucht hatte – und keinen Weibertratsch-Perioden-Depressionstage-Jammergeschichten lauschen wollte.

      »Also, alter Griesgram! Was geht sonst so ab?«

      Tracey reagierte nicht.

      Es war besser, ruhig zu bleiben und den kauzigen Eremiten zu mimen, wollte er sie schnell wieder loswerden. Denn eines war gewiss: Was immer Steffi hier tat, es verhieß hundertprozentig nichts Gutes. Für ihn wiederum bedeutete es ungleich mehr Strapazen und Hindernisse, um etwas Lockerheit und Positivität in seinen Alltag zu bringen.

      »Wie schmeckt dein Kindergetränk?«, stichelte sie und beugte sich zu ihm, um überheblich in sein Glas schauen zu können. »Hat das Bier letztens nicht gemundet?«

      Er schob das Wasser zur Seite und musterte ihre zugekleisterte Visage. »Was willst du hier?«

      »Besser gesagt«, konterte sie einschließlich unheilvollen Grinsens, »was will ich von dir.«

      Er vollführte eine schwach-gelangweilte Handgeste. »Und was willst du von mir?« Das letzte Wort betonte er übermäßig gereizt, gleichzeitig lehnte er sich zu ihr.

      »Ich habe nach dir gesucht. Die letzten Tage nach unserem Telefonat warst du wie vom Erdboden verschluckt.«

      Ja, weshalb wohl?!

      »Ich brauchte meine Ruhe.«

      »Aber jetzt scheint das anders zu sein.«

      Super deduziert, Sherlock!

      Er zuckte die Achseln. »Ja, und?«

      Sie klopfte ihm auf die rechte Schulter. »Ich habe eine Einladung für dich.«

      …

      »Einladung? Welche Einladung?«

      Der alternde Kellner brachte Steffi ihr Wunschgetränk, welches sie sofort ergriff und davon einen großen Schluck nahm. »Zu einem romantischen Blind-Date.«

      Eiseskälte und mit Stromschlägen gleichzusetzende Adrenalinausstöße brachten ihn ins Schwitzen.

      O mein Gott …

      Das war nicht mehr schlecht – das war der Horror schlechthin!

      Er stöhnte. »Fängst du neuerlich damit an?«

      Soweit er sich zurückerinnern konnte, hatte sie ihn zu verkuppeln versucht, alsbald er solo durch die Welt wanderte.

      Weshalb?

      Er wusste es nicht. Jedenfalls drangsalierte sie ihn in solchen Lebensphasen solange, bis er nachgab.

      Wie vor drei Jahren.

      Da hatte er sich kurzerhand zu einem derartigen verfluchten Blind-Date überreden lassen. Und wie erwartet, hatte es in einem Desaster, einer Katastrophe und einem Armageddon geendet. Um genauer zu sein: Mit einer Schlägerei und einer Anzeige – allerdings nicht gegen ihn, sondern gegen den Kerl, der seine Verabredung bedrängt hatte. Erst im Nachhinein hatte Tracey erfahren, dass es sich hierbei um den Ex-Lover seines Dates gehandelt hatte.

      »Ich habe keinen Bock auf eine weitere Schlägerei. Außerdem würde eine solche in meiner nunmehrigen Situation kein besonders gutes Licht auf mich werfen.«

      Mit dem zugegebenermaßen hübschen Mädchen war letzten Endes zwar nichts geworden, doch wenigstens würde dieses zukünftig nicht mehr von dem Schlägertypen belästigt werden. Dafür hatte Tracey gesorgt. Auf ausgesprochen subtile, erinnerungswürdige, schmerzhafte Weise.

      Steffis Gegrinse wuchs besorgniserregend in die Breite. »Die Süße meinte, sie hätte schon seit acht Jahren keine Beziehung. Somit brauchst du dir wegen möglicher Ex-Freunde keine Gedanken zu machen.«

      »Ach wirklich? Dann wird sie wohl zu wählerisch sein. Sonst hätte sie längst jemanden gefunden.«

      Wozu gab es Online-Partnerbörsen und Singletreffs? Irgendwelche On-off-Beziehungen konnte man sich schnell aufgabeln, und One-Night-Stands beträchtlich leichter.

      »Nein, die eierlosen Macker getrauen sich bloß nicht, sie anzusprechen.«

      Er beäugte Steffi eingehend. »Noch eine Emanze, oder was? Glaub mir, die Letzte reichte mir definitiv.«

      »Nein! Sie ist total nett, liebenswürdig, ehrlich, vernünftig und umgänglich.«

      Ja klar!

      Und er war der Präsident der Vereinigten Staaten!

      »Natürlich, deshalb spricht sie keiner an.«

      »Zudem ist sie bildhübsch. Eine einzige Augenweise. Schlank und natürlich – genau dein Typ.«

      »Deshalb spricht sie keiner an«, wiederholte er.

      »Man kann sich wunderbar und ausgelassen mit ihr unterhalten. Sie hat Köpfchen und ist schlagfertig.«

      »Ja sicher!«, antwortete er bissig. »Exakt deshalb spricht ja niemand mit ihr!«

      Steffi wollte ihn wohl für blöd verkaufen! Wäre dieses Traumweib ernsthaft solcherweise hübsch, klug und wundertoll, wäre sie längst nicht mehr single, womit dies nur eines bedeuten konnte: Diese Frau war ein einziger Hausdrachen, hässlich, unfreundlich, berechnend, durchtrieben und sowieso beziehungsunfähig!

      Schleppend und seufzend richtete er sich auf. »Ernsthaft Steffi, hör mir bitte endlich auf mit dem Mist. Ich brauche keine weitere emanzipierte Scheiß-Schnepfe, die mir einen weiteren belanglosen Tag in meinem erbärmlichen, desaströsen Leben versaut. Es ist längst schlimm genug, lass gut sein.«

      »Das Essen ist kostenlos«, fuhr sie ungehindert fort. »Obendrauf gibt es Kuchen und Torten.«

      Allmählich reichte ihm Steffis Herumgeturne auf seinen zum Zerreißen angespannten Nerven.

      Bemerkte sie es nicht, wann es genug war, oder wollte sie es schlichtweg nicht bemerken?

      »Hörst du mir nicht zu, oder was?! Ich habe kein Interesse an einer weiteren Katastrophe, okay? Ich habe genügend verschissene Probleme!«

      Eine unvermutete Milde huschte über ihre Züge. »Es würde dir guttun. Ein wenig Abwechslung schadet nie, Tracey.«

      Falls du unter Abwechslung ein zertrümmertes Kniegelenk verstehst, dachte er. Ist das natürlich völlig legitim.

      Er wunderte sich, weshalb er damals nicht ebenfalls angeklagt worden war. Vermutlich war der Versuch des Arschlochs, ihn mit einer zerschlagenen Bierflasche niederzustechen, doch etwas schwerer ins Gewicht gefallen als Traceys darauffolgender Tritt gegen das rechte Knie dieses Wahnsinnigen.

      Er nippte an seinem Johannisbeerwasser. »Ich hab keinen Bock, verdammt.«

      »Du weißt genau, es wird nicht derart ablaufen wie letztens.« Blitzschnell streckte sich ihre Hand zu seinem Haar – und unbekümmert zerraufte sie es. »Das Treffen wird lustig. Ich verspreche es dir!«

      Schmerz