Ewa A.

1001 Dattelkeks


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      E. Altas

      79423 Heitersheim

      [email protected]

      https://www.facebook.com/EwaA.Autorin

      Die Geschichte sowie die Personen und die Orte in diesem Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Begebenheiten, Orten, lebenden oder toten Personen sind in keiner Weise beabsichtigt und wären purer Zufall.

      Alles hat einen Anfang

      Wie alle guten Märchen, so könnte auch dieses mit »Es war einmal« beginnen. Aber das tut es nicht. Warum? Ganz einfach, weil ich euch die Geschichte erzähle.

       Vor langer, langer Zeit lebte in einem fernen, heißen Land eine junge Frau. Ihr Haar war so schwarz wie Ebenholz und ihre Haut …

      Äh … nein, nicht so weiß wie Schnee, das ist ein anderes Märchen. Darf ich jetzt weitererzählen?

      … und ihre Haut war so golden und rein, wie teure Myrrhe.

      Wie, ihr habt keine Ahnung, wie Myrrhe aussieht? Wie Bernstein, okay?!

      Also, dann eben: Ihre Haut war so golden und klar wie Bernstein. Zufrieden?

      Nein, sie war nicht die Schönste im ganzen Land …

      Welcher Frosch?

      Zwerge?

      Nein, auch keine Hobbits!

      Muggel? Nein! Mein Gott, euch kann man auch gar nichts recht machen …

      Warum sollte sie denn eine Prinzessin sein? Hab ich das mit einem Wort erwähnt?

      Nein, jetzt … wartet doch mal! Lasst mich doch …

      Nein! Sie hatte auch keine böse Stiefmutter …

      Welche Stiefschwestern, zum Teufel?

      Nein, ihr Name war Shanli und hatte nichts mit Asche zu tun. Sie war die einzige Tochter eines Bäckers, Herrgott!

      Naja, sie war nicht hässlich, aber …

      Ach, wisst ihr was? Dann lest doch selbst!

      Kapitel 1

      Hamdi und Ramdi

      Zwischen den weiß getünchten Häusern von Al Hurgha war es noch kühl zu dieser Morgenstunde. Noch vertrieb eine frische Brise die Hitze des Vorabends aus den Räumen. Doch schon bald, wenn die Sonne höher stieg, würden die Winde die Glut der Wüste mit sich bringen, und die Schatten würden kürzer werden. Sobald die grell leuchtende Scheibe den Zenit erreichte, würde einem die Luft vor Augen flimmern und der Sand jedem die Fußsohlen verbrennen, der es wagte, ohne Schuhwerk umherzulaufen. Es würde ein heißer Tag werden, so wie immer.

      »Ah, Shanli ist schon dabei, den Karren zu beladen!« Der alte Taliman hatte gerade einen Fensterladen aufgestoßen und im Hof das wohlbeleibte Nachbarsmädchen bei seiner Arbeit entdeckt.

      Sein Eheweib, Golroo, die bei einem Fenster nebenan die Läden öffnete, erwiderte: »Ja, heute ist doch Markt. Sie will dort, wie ihr Vater, die Ware verkaufen. Irgendwie muss sie schließlich Geld verdienen.«

      Der grauhaarige Mann seufzte und stützte sich auf den Fenstersims. »Das wird nicht leicht werden für sie, nach Omids Tod.«

      »Ja. Aber wir werden ihr helfen, wo wir können«, sagte die ältere Frau und eilte zur Tür, um sie aufzuschließen.

      Taliman humpelte zu seiner Frau und beobachtete von dort aus, wie Shanli eine Kiste nach der anderen in den Handkarren lud.

      »Schau mal, Golroo! Ich glaube, sie hat abgenommen. Ihr Kleid scheint nicht mehr so eng zu sitzen.«

      Golroos Augen wurden schmal, als sie das Mädchen genauer inspizierte. »Ja. Sie wirkt nicht mehr ganz so dick wie an Omids Beisetzung.«

      »Oder ist es nur ein neues Kleid?«, fragte Taliman und kratzte sich dabei sein graues Kinnbärtchen.

      Golroo legte ihren Kopf schief. »Ja, das könnte natürlich auch sein.«

      Plötzlich tönte die Stimme des jungen Mädchens zu ihnen hinüber. »Guten Morgen, ihr zwei. Ich kann euch übrigens hören, und nur, damit ihr es wisst: Es ist kein neues Kleid.«

      Als Shanli die letzte Kiste auf dem Wagen abgestellt hatte, drehte sie sich zu dem älteren Ehepaar um. Sie schmunzelte, denn wieder einmal hatten Taliman und Golroo es geschafft, ihr ein fragwürdiges Kompliment zu machen, und das auf ihre ganz besondere Art. Sie wusste selbst, dass man sie nicht als Schönheit bezeichnen konnte. Dazu waren ihre Waden zu stark, die Schenkel zu voll und der Bauch zu rund. Über ihren breiten Hintern wollte sie lieber nicht nachdenken, denn der konnte es locker mit dem eines Kamels aufnehmen. Ihr einziger Trost war, dass ihr praller Busen ausladender war als ihr Bauch und sie eine schmalere Körpermitte besaß. Zwar hatte jene immer noch ein gewaltiges Ausmaß, aber immerhin war eine Taille auszumachen. Irgendwo, zwischen den Teigröllchen. Dies verlieh ihrer fülligen Figur zumindest einen Hauch von Weiblichkeit. Ihre runden Wangen und das kurze Kinn ließen ihre Nase noch kleiner erscheinen. Würde sie nicht frech in die Höhe ragen, würde sie vermutlich gar nicht auffallen in ihrem Gesicht. Ein Glück, dass sie ohne großen Buckel zwischen ihren dunkelbraunen Augen lag. Wenigstens diese vermochten, ein bisschen von ihren Pausbacken abzulenken.

      Golroo lachte, und ihr Gesicht gewann zusätzliche Falten. »Guten Morgen, Shanli, meine Liebe. Das ist doch wunderbar. Und wenn du noch weniger isst, wirst du irgendwann richtig hübsch werden.«

      Shanlis schwarze Augenbrauen hoben sich in entsetzter Überraschung.

      »Jaha«, erwiderte sie mit einem säuerlichen Grinsen. Und gerade, als sie glaubte, es könne nicht noch schlimmer werden, nickte Taliman ihr aufmunternd zu.

      »Dann kommen auch endlich die Männer und wollen dich alle heiraten. Du wirst sehen, die werden dir das Haus einrennen.«

      Unglücklich lächelnd verzog das Mädchen sein Gesicht. »Ja, danke, Taliman. Da kann ich ja nur hoffen, dass du richtig liegst. Aber jetzt – muss ich erstmal auf den Markt.«

      Mit einem genervten Aufstöhnen verschloss sie die Tür ihres bescheidenen Heims und packte danach den Handkarren. Entschlossen zog sie ihn hinter sich her, auf die Straße.

      Shanli versuchte, die trüben Gedanken, die Golroo und Taliman geweckt hatten, aus ihrem Kopf zu verscheuchen. Aber das war gar nicht so leicht. Als wäre der Tod ihres Vaters nicht schrecklich genug, musste sie sich auch noch mit solchen Dingen auseinandersetzen. Gut, sie war ein wenig runder als die meisten Mädchen. Ja, vielleicht sogar auch um ein ganzes Stück runder. Na und? Warum sollte sie deshalb keinen Mann finden? Aber … sicher würde es doch irgendwo einen geben, der sich von ihrem Kamelhintern nicht abschrecken ließ, schließlich hatte ihr Kopf keine Ähnlichkeit mit dem eines Tieres. Es musste ein Mann sein, dem der Charakter wichtiger war als das Äußere. Und wenn der ihr nicht über den Weg laufen würde, dann blieb sie halt allein. Sie würde auch ohne einen männlichen Beschützer durchs Leben kommen.

      Wie sehr sie doch ihren Vater vermisste!

      Shanlis Traurigkeit verwandelte sich in Wut. Trotzig zerrte sie ihren Wagen durch die engen Gassen und kam nach einer Weile am Markt an. Die junge Frau wusste genau, wo ihr Vater all die Jahre seinen Stand aufgebaut und die süßen Backwaren feilgeboten hatte. Sie würde sein Handwerk weiterführen, denn nichts anderes hatte sie gelernt und konnte sie so gut wie dies. Sogar ihr Vater hatte stets behauptet, dass ihr Talent zum Backen seines bei Weitem überträfe. Ja, ihre Leckereien waren wirklich von besonderer Güte. Sie hatte genug Süßigkeiten von anderen Händlern gegessen, um das beurteilen zu können. Von irgendwoher mussten ihre Rundungen ja kommen. Dank der außergewöhnlichen Gewürze und des reinen Mehls, auf das sie großen Wert legte, schmeckten ihre Backwaren außerordentlich gut.

      Sie verwendete auch nur die besten Mandelkerne und die süßesten Früchte, die sie auftreiben