Alfred Broi

Genesis VI


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ich wissen, dass ihr da seid?“

      „Oh, keine Sorge! Wir finden dich! Mein Wort darauf!“ Er nickte mit einem aufmunternden Lächeln, als könne Marivar ihn sehen. „Mavis Ende!“ Und damit kappte er die Verbindung.

      *

      Im Schiffswrack vor der Küste Kimuris ließ Marivar ihre Hand vom Kommunikator sinken. Blicklos schaute sie aus dem Bullauge auf die aufgewühlte See, über der gerade ein weiterer Gewittersturm niederging. Ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Hoffnungslosigkeit, Trauer, Mutlosigkeit und Überforderung.

      Als sie erwacht war, war alles einfach nur schrecklich gewesen. Joriks und dann auch Mavis Meldung über Funk hatten in ihr die Hoffnung aufkeimen lassen, dass sich alles zum Guten wenden könnte. Doch jetzt war von alldem nichts mehr geblieben, sondern hatte sich wieder ins Gegenteil umgekehrt.

      Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, was sie überhaupt tun konnte. Sie war allein, überfordert und am Ende ihrer Kräfte, physisch, mehr aber noch psychisch.

      Tränen rannen aus ihren Augen und über ihre Wangen. Sie versuchte, sie noch zu unterdrücken, doch war da keine Spur mehr von Kraft, die sie in sich spürte. Im nächsten Moment musste sie schluchzen.

      Nichts hatte sich geändert. Sie war noch immer allein und so unglaublich hilflos, dass es einfach nur schrecklich wehtat.

      *

      Narrix richtete sich mit einem tiefen Atemzug auf und ein immer breiter werdendes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Das Schicksal hatte gesprochen.

      Diejenigen, die er noch vor einer Stunde verloren geglaubt hatte, waren zu ihm zurückgekehrt. Und wussten nicht, dass er es wusste.

      Jetzt hatte er wieder alle Trümpfe in der Hand. Marivar hierher zu locken war plötzlich nicht mehr so wichtig, denn ihm bot sich die Chance, die einzufangen, die ihm getrotzt und eines seiner Schiffe zerstört hatten.

      Ja, er wusste, wie er sie finden konnte – und sie wussten nicht, dass er es wusste.

      „Sergeant!“ rief er und einer seiner Männer sprang herbei.

      „Ja, Sir?“

      „Benachrichtigen sie Lieutenant Yunok. Er soll eines der Flugboote startklar machen!“ Er sah den Sergeanten direkt an und wieder musste er grinsen. „Ich habe einen interessanten Auftrag für ihn!“

      *

      „Und?“ fragte Mavis mit großen Augen.

      „Und, was?“ fragte Tibak zurück.

      „Wie war ich? Hättet ihr es mir abgekauft?“

      „Na ja!“ meinte Vilo und verzog die Mundwinkel. „Wie man es nimmt. Als Laiendarsteller gerade noch erträglich, aber reich wirst du mit dieser Gabe sicher nicht werden!“ Er wollte gerade breit grinsen, als Melia vor die Gruppe trat.

      „Unsinn!“ Sie drehte sich zu Mavis herum und wartete, bis er sie ansah. „Du warst…!“ Sie lächelte, doch es war nur ein bedingt fröhliches Lächeln, und schüttelte leicht den Kopf. „…absolut großartig!“

      Mavis lachte auf, seine Anspannung löste sich. In seinem Überschwang, verbunden mit der Tatsache, dass es Melia war, die ihn gelobt hatte, trat er zu ihr, schlang seine Arme um sie und küsste sie, herzhaft und leidenschaftlich auf den Mund. Im ersten Moment war sie sichtlich überrascht, dann aber stöhnte sie leise und genoss es – ganze zwei Sekunden lang, dann schob sie ihn sanft von sich. Mavis registrierte das aber kaum, da er sich selbst gerade von ihr lösen wollte. „Geil!“ Er lachte nochmals auf. „Dann brauchen wir jetzt wohl einen Plan, was?“ Und während ihm die anderen zustimmten, löste sich Melia unbemerkt gänzlich von ihm und verließ die Kommandobrücke. In ihrem Gesicht war ein trauriges Lächeln zu sehen und ihre Augen schimmerten feucht. Einzig Leira schaute ihr nach und sie spürte, dass mit der jungen Frau etwas nicht stimmte.

      „Kommen sie mit oder wollen sie hier weiter die Stellung halten?“ hatte Mavis den Admiral gefragt, nachdem sie wieder zurück in den Höhlen neben der Kamarulu waren. Lobos hatte ihn zunächst unschlüssig angeschaut, doch Mavis grinste nur kurz und sagte. „Na kommen sie mal ruhig mit! Ein bisschen Abwechslung wird ihnen guttun. Und außerdem sind wir ihnen ja auch noch unsere Geschichte schuldig!“

      „Ihre Geschichte?“

      „Ja!“ Vilo neben ihnen lachte heiser auf. „Wir waren hier nicht gerade auf einer beschaulichen Fahrt durchs Land, als uns das Flugboot unterm Arsch wegexplodiert ist!“

      „Das weiß ich doch!“ raunte Lobos gereizt.

      Vilo nickte. „Aber den Grund, warum wir nach Kimuri wollten und warum unsere Freunde dort gefangen gehalten werden, den kennen sie noch nicht!“

      „Hm!“ brummte der Admiral. „Ist der denn wirklich wichtig?“

      „Oh ja!“ rief Mavis und lachte ebenfalls auf. „Und wie!“

      Lobos brummte nochmals mit verzogenen Mundwinkeln, dann nickte er. „Aber nicht, weil ich neugierig bin!“

      Mavis schaute Vilo mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Lächeln an, dann zuckte er in den Schultern. „Sondern?“ Er blickte den Admiral an.

      „Weil mir bei dem Gedanken, dass ein Angehöriger unserer Truppen seine Macht missbraucht und förmlich Amok läuft, echt die Galle hochkommt!“

      Damit schien Mavis zufrieden, denn er nickte nur und ging dann davon. Der Grund war, dass er Melia ausgemacht hatte. Sie bog gerade um eine Ecke und war rund zehn Meter von ihm entfernt. Sie ging langsam, irgendwie geduckt und hatte ihren Kopf gesenkt, als würde sie nachdenken. Mavis verspürte keinen sehnlicheren Wunsch, als ihr zu folgen. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr und er musste wissen, was es war, bevor sie zu ihrer Mission zur Befreiung ihrer Freunde aufbrachen.

      Doch er hatte kaum mehr als zwei Schritte getan, als sich ihm Pater Matu in den Weg stellte. „Auf ein Wort!?“ sagte der Geistliche.

      Mavis wusste, er durfte seine eigenen Belange nicht über die der Sache stellen. Dazu hatten sie bisher schon viel zu viel investiert und davon hing auch einfach viel zu viel ab. Also nickte er widerwillig.

      Matu zog ihn an den Rand des Stollens. Während er sprach, schaute Mavis dennoch immer wieder in die Richtung, in die Melia verschwunden war. „Wenn sie sich auf den Weg machen, um die anderen zu retten, würde ich gern mit dem Jungen…!“ Der Pater nickte an Mavis vorbei und erst jetzt fiel ihm auf, dass Chalek neben ihnen stand. Als der Junge Mavis ansah, lächelte er und nickte. „...hierbleiben und weiter versuchen zu verstehen, was es mit ihm und all dem überhaupt auf sich hat!“

      Mavis hörte ihm nicht hundertprozentig zu, doch verstand er die Beweggründe des Priesters und fand sie logisch und gut. Entsprechend nickte er. „Ja! Tun sie, was nötig ist, um aus Shamos Worten am Ende Taten folgen zu lassen!“

      Matu war zufrieden. „Das werde ich!“

      „Passen sie gut auf den Jungen auf!“ sagte Mavis. „Er ist wahrscheinlich das kostbarste Gut, das wir noch haben!“

      „Ich weiß!“

      „Und haben sie...!“ Mavis Blick wurde ein wenig traurig. „...bitte auch ein Auge auf Melia!“

      „Sie kommt nicht mit ihnen?“ Matu war erstaunt.

      „Sie würde wohl bestimmt wollen, aber…!“ Mavis atmete einmal tief durch. „Der Junge wird nicht hierbleiben wollen, wenn sie mit mir geht!“ Er drehte sich zu Chalek und sah ihn mit großen Augen an. „Oder?“

      Der Junge lächelte und schüttelte den Kopf.

      „Dachte ich es mir doch!“ Mavis nickte mit verzogenen Mundwinkeln und drehte sich zurück zu Matu. „Also nutzen sie ihre Zeit, bis wir zurück sind!“

      Es schien zwar so, als wäre er ein wenig traurig darüber,