Alfred Broi

Genesis VI


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kraftlos und am ganzen Körper zitternd driftete sein Oberkörper nach hinten und fand schließlich Halt an der Felswand.

      „Geht’s wieder?“ Das war die raue Stimme und durch einen glasigen Schleier konnte Jorik Rimbo erkennen. Sein Gesicht blickte ernst und ungeduldig, aber nicht minder besorgt.

      Jorik hatte nicht die Kraft, etwas zu erwidern und auch keine Ahnung, was.

      „Hier!“ Idis reichte ihm eine Wasserflasche. „Trink das!“ Jorik sah die Flasche, seine Augen leuchteten augenblicklich, seine rechte Hand zuckte in die Höhe und er wollte ihr die Flasche aus der Hand reißen, doch sie zog sie sofort zurück. „Langsam und sinnig!“ Sie schaute ihn mahnend an.

      Jorik zwang sich zur Ruhe und nickte. Als Idis sie ihm ein zweites Mal hinhielt, griff er behutsam zu und setzte sie an den Mund. Sofort aber wurde die Gier zu groß und er riss sie in die Höhe, ließ das kühle Nass in sich hineinstürzen.

      „Na!“ rief Idis jedoch und als er sah, dass sie Anstalten machte, ihm die Flasche erneut wegzunehmen, senkte er sie von selbst und hielt erst einmal inne.

      Nach einem langen, tiefen, leisen Rülpser schaute er sie an. „Danke!“ Und dann nahm er noch einen Schluck.

      „Besser jetzt?“ fragte Rimbo und in seiner Stimme schwang Ungeduld mit.

      Jorik senkte die Flasche, schluckte das Wasser langsam herunter, stöhnte dabei mit geschlossenen Augen, musste dann einmal kurz husten, schaute schließlich Rimbo an und nickte. „Besser!“

      „Dann wird es Zeit, dass du uns ein paar Fragen beantwortest!“

      „Fragen?“ Jorik schien verwundert. „Was für Fragen?“

      „Na ja, eigentlich nur eine!“ Rimbos Blick verfinsterte sich. „Was zum Teufel hat Narrix mit dir und Esha gemacht?“

      „Mit…!“ Plötzlich erstarrte Jorik. „Esha!“ Seine Gesichtszüge entgleisten. „Oh mein Gott!“ Er starrte Rimbo an, dann Idis. „Wo…? Wo ist sie?“

      „Hier!“ Die Stimme kam von der anderen Seite der Zelle. Sie war dunkel und tief, sie klang besorgt und tränenerstickt. Jorik erkannte sie sofort. Sie gehörte Shamos. Ruckartig drückte er sich von der Wand ab und schaute an Idis vorbei zur anderen Seite. Sein Freund, der zerstreute Wissenschaftler mit dem zerzausten Haar, saß an die Zellenwand gelehnt und Esha, die Frau, die er liebte, lag schräg vor ihm auf dem Rücken auf dem Boden. Ihren Kopf hatte er in seinem Schoss gebettet und streichelte ihn sanft. Esha selbst schien bewusstlos, denn sie regte sich nicht und ihre Augen waren geschlossen.

      Jorik spürte bei ihrem Anblick einen tiefen Stich im Herzen und innerhalb eines Lidschlages kamen seine Erinnerungen an die Misshandlungen von Narrix zurück. „Esha!“ Er sprang auf, geriet ins Taumeln, konnte sich aber an Idis und Rimbo abstützen, die reaktionsschnell ebenfalls aufgesprungen waren und lief auf die andere Seite. Neben Esha und Shamos sank er kraftlos auf die Knie. Als er das zerschundene Gesicht seiner Freundin sah und die deutlichen, zwei Finger breiten, dunkelroten Striemen um ihren Hals, schossen ihm Tränen in die Augen. Er hob seine zittrigen Hände und berührte Esha vorsichtig an der Wange. Dann sah er zu Shamos auf, in dessen Gesicht er eine Mischung aus Entsetzen, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit erkennen konnte. Seine Augen waren rot und aufgequollen, doch jetzt schien sein Freund einfach keine Tränen mehr in sich zu haben, die er noch hätte weinen können.

      „Es…!“ Jorik musste schlucken. „...tut mir leid!“ Er wartete, bis Shamos ihn ansah. „Narrix hat sie als Druckmittel gegen mich benutzt. Er hat…!“ Wieder musste er schlucken. „…ihr einen Strick um den Hals gelegt und einfach angezogen. Erst dann wollte er von mir wissen, wo Marivar ist! Natürlich wollte ich es ihm sofort sagen, aber Esha verbot es mir!“ Joriks Blick wurde bitter. „Daraufhin hat er noch einmal angezogen!“ Er schüttelte den Kopf, kämpfte gegen Tränen an. „Ich habe ihn angefleht, sie wieder runterzulassen, ihn angeschrien, aber dieses widerliche Schwein hat es auch noch genossen!“ Er schniefte und schaute wieder Shamos an. „Als er dann von ihr abgelassen hat, war sie bewusstlos. Dann hat man sie zu euch gebracht!“ Für einen Augenblick herrschte Stille im Raum. „Aber Narrix wollte, dass sich Jemand um sie kümmert!?“ Er blickte zu Idis und Rimbo und erkannte, dass auch Kendig und Malawi bei ihnen waren.

      Kendigs Frau nickte dann auch. „Ja, es war ein Sanitäter bei ihr und hat sie untersucht. Sie ist nur ohnmächtig!“ Ihr Gesicht war eine bitterernste Maske. „Sie hat Glück gehabt!“

      Jorik nickte mit dem Versuch eines Lächelns. „Sie war so tapfer!“ Er schaute wieder zu Shamos. „Du hast eine unglaublich mutige Frau an deiner Seite!“

      „Ich…!“ Shamos traten plötzlich doch wieder Tränen in die Augen. „…weiß!“ Er schluchzte, beugte sich herab und küsste Esha sanft auf die Stirn, dann hielt er sie noch etwas fester in seinen Armen.

      *

      „Und das glauben sie...?“ Lobos hatte den beiden Commanders aufmerksam zugehört und schaute sie jetzt, nachdem sie geendet hatten, nacheinander an. „…wirklich?“

      Mavis musste kurz grinsen, denn er konnte die Zweifel seines Gegenübers nachvollziehen. Ihre Geschichte war mehr als fantastisch und barg eher die Wahrscheinlichkeit, dass die Erzähler den Verstand verloren hatten, als dass sie wahr wäre. „Ja, das tue ich!“ erwiderte er dennoch mit fester Stimme und geradem Blick. Welche andere Wahl hätte ich denn auch sonst noch? fügte er im Stillen hinzu.

      „Ich glaube auch daran!“ sagte Cosco und nickte zusätzlich.

      „Ich übrigens auch!“ rief Tibak von hinten.

      „Dito!“ fügte Dek hinzu.

      Und Leira brummte ebenfalls zustimmend.

      Alle vier schauten den Admiral und seine Männer geradeheraus und forsch an, als würden sie Widerspruch erhoffen, um sich streiten zu können.

      „Es gibt immerhin einige Fakten!“ meinte Vilo und blieb stehen. Da klar war, dass alle und nicht nur Lobos ihre Geschichte gehört hatten, was auch besser war, wollte er, dass alle es mitbekamen.

      „Richtig!“ erwiderte Cosco. „Der Planet wird untergehen! Das ist Fakt!“ Er verzog die Mundwinkel. „Das spürt mittlerweile wohl auch der Letzte!“ Er sah in die Runde und alle nickten.

      „Der sinkende Wasserstand des Mioli ist auch ein Resultat davon!“ meinte Vilo.

      „Also wird es in diesem Krieg unter normalen Umständen keinen Sieger geben!“ sagte Lobos mehr zu sich selbst, als zu den anderen und nickte nachdenklich.

      „Genau deshalb hatte Shamos sich auf diese Legende eingelassen!“ fügte Mavis an. „Und er fand die uralten Schriften, die ihn zu dem Amulett führten, das die verborgenen Verstecke der Formel und des Kristalls preisgaben!“

      „Und dann sind sie auf getrennten Wegen auf die Suche gegangen!?“ meinte einer von Lobos Männern.

      Tibak nickte. „Und ich schwöre bei Gott, dass ich bis zum letzten Moment an den Erfolg unserer Mission gezweifelt habe! Aber soll ich euch etwas sagen?“ Er blickte in die Runde. „Da war er, dieser Kristall. Genau wie beschrieben. Gleißend hell und wunderschön!“ Er lächelte bei dem Gedanken daran, verlor es jedoch sofort wieder. „Wenn auch im wahrhaftigen Schlund der Hölle!“

      „Okay!“ Lobos nickte. „Und dann habt ihr diesen Kristall an euch genommen und hierher mitgebracht!?“

      „Kann man so sagen, ja!“ meinte Dek.

      Lobos sah den Sergeanten einen Augenblick an, dann nickte er. „Richtig! Da war was mit diesem Jungen!“

      „Chalek!“ erwiderte Mavis.

      „Chalek! Richtig! Er hat was mit dem Kristall gemacht?“

      „Er hat ihn…!“ Cosco suchte nach Worten. „...aufgesogen, irgendwie in sich aufgenommen!“

      Lobos und seine Männer schauten ihn etwas irritiert an.

      „Hören