Jens Lämmerzahl

Das mächtigste Wort der Welt


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immer mehr. Sam flüchtete, doch die Gegenstände verfolgten ihn, wie eine Lawine. Mittlerweile kroch die Welle die Stufen der Empfangshalle herunter, immer Sam hinterher. Er bekam es mit der Angst. Das Klappern, Scheppern und Schlürfen machte die Anderen aufmerksam.

      „Stoppen sie es, Sam“, rief Albert. „Wie?“ „Denken sie, Halt.“ Sam versuchte sich zu konzentrieren. Die Welle stoppte. „Nun denken sie, hinfort.“ Plötzlich war alles verschwunden. Alle atmeten erleichtert auf. „Sam, alles was sie denken, außer lebende Objekte, materialisiert sich, sobald sie das Kästchen ansehen. Und erst der Gedanke „Halt“ stoppt das Ganze. Am besten wir üben das draußen.“

      Sam und Albert traten nach draußen vor die Garage. Zur Sicherheit hatte Sam zuvor das Kästchen in ein Tuch gewickelt. Er packte es aus und legte es vor sich auf den Boden. „Und nun schließen sie die Augen, Sam. Denken sie nur an eine Sache, egal was. Halten sie sich immer dieses Bild vor Augen.“ Sam nickte. „Nun öffnen sie die Augen und sehen das Kästchen an.“ Sam sah das Kästchen an. Nichts passierte. Ein flüchtiger Blick Richtung Garage, auf die Drohnen, dann sah er wieder das Kästchen an.

      Plötzlich materialisierte sich eine Drohne vor ihnen. „Gut, und jetzt den gleichen Gedanken nochmal, Sam.“ Eine zweite, identische Drohne tauchte auf. Dann eine Dritte, Vierte und Fünfte. „Nun denken sie, „Genug“, Sam. Malen sie in Gedanken das Wort.“ „Und dann?“, fragte Sam. „Nun denken sie nochmal an die Drohne.“ Sam konzentrierte sich, doch die Drohnen vermehrten sich nicht weiter. „Gut gemacht. Du lernst schnell“, freute sich Albert.

      Mia trat lächelnd heran. Sam lächelte zurück, dann konzentrierte er sich. Plötzlich materialisierte sich eine goldene Rose. Sam gab Mia die Rose. Ihre Augen funkelten dabei. Albert genoss, was er da sah. „Wann brechen wir auf“, fragte Sam. „Wenn der Zeitpunkt günstig ist“, antwortete Albert. „Wie gelangen wir überhaupt dahin?“, fragte Sam erneut. „Es gibt nur einen Zugang, zu anderen Welten. Einer, der wenigen Wege, die für Normalsterbliche verborgen bleiben, durch einen aktiven Vulkan.“ Sam sah Albert mit großen Augen an. „Ich muss nur noch herausbekommen, welcher Vulkan der Richtige ist. Dafür muss ich das Auge befragen“, ergänzte Albert und atmete mit besorgtem Blick tief durch.

      Kapitel 20

      Paul und Albert waren auf dem Weg zum Auge. „Ich möchte sie nun weiter mit dem Auge vertraut machen, Paul. Wir müssen wissen, welchen Vulkan wir brauchen, um zu Mutare zu kommen.“ Vor dem Becken wandte sich Albert zu Paul:

      „Was ich ihnen nun sage, darf niemand erfahren.“ „Ich werde es für mich behalten, Albert.“ „Ich habe nicht mehr viel Kraft für das Auge. Deshalb müssen sie für mich hineinsehen.“ „Was sie wollen, Albert. Was muss ich tun?“ „Wie gehabt…, legen sie ihre Hände auf die Wasseroberfläche und konzentrieren sie sich auf den Zugang zu Mutares‘ Reich.“ Paul tat, was Albert sagte und schloss die Augen. Seine Mimik verriet, dass er mittendrin war. Plötzlich schreckte er zurück.

      „Was haben sie gesehen, Paul?“, fragte Albert ganz ungeduldig. „Lava, Schwefeldämpfe, Hitze. Ich konnte es aber nicht sehen, welcher Vulkan das war.“ „Okay, versuchen sie es erneut.“

      Albert sagte nicht die Wahrheit. Tatsächlich manipulierte er Paul, um zu einem bestimmten Vulkan zu gelangen. Doch Paul und Sam waren noch nicht bereit die Wahrheit zu erfahren. In einem bestimmten Vulkan hatte Albert nämlich ein Geheimnis versteckt, welches er unbedingt mitnehmen musste. Erneut legte Paul seine Hände auf die Wasseroberfläche und konzentrierte sich. Albert beobachtete ungeduldig das Geschehen.

      Nach einer Weile beendete Paul die Übung. „Und?“, fragte Albert. „Wir müssen nach Japan zum Kilimandscharo“, antwortete Paul. „Sie meinen nach Afrika?“ „Nein, zum Kilimandscharo.“ „Also nach Afrika- da ist der Kilimandscharo. In Japan ist der Fujiyama.“ „Klingt ja fast genauso“, war Paul etwas durcheinander. „Also, wohin nun?“ „Wir müssen nach Japan zum Fujiyama. Jetzt brauche ich einen Cognac.“ Beide brachen in Gelächter aus. „Gut, mein Freund. Einen Cognac, dann gehe ich zu Bett. Es ist schon spät“, gähnte Albert.

      Sam schwamm noch ein paar Bahnen im Pool. Das schummrige Licht des Wassers und der Umgebung sorgte für sehr entspannte Atmosphäre. Leise kam Mia herein, streifte ihren Bademantel ab und ließ sich unbemerkt ins Wasser gleiten. Zielstrebig schwamm sie auf Sam zu, umarmte ihn und gab ihm einen langen Kuss. Es knisterte gewaltig zwischen beiden. Sam wusste gar nicht, wie ihm geschah. Doch schnell erwiderte er den Wahnsinns-Kuss. „Wieso?“, fragte er. „Naja…, ich komme nicht allzu oft hier raus. Und ich finde dich süß“, sagte sie mit einem frechen Lächeln. „Mia, was sagt eigentlich dein Vater dazu?“ „Der ist froh, dass es nicht irgendein junger Mann ist, sondern der Sohn des zukünftigen Hüters.“

      Kapitel 21

      Es war spät geworden. Paul rollte unruhig im Bett hin und her. Ein Albtraum quälte ihn und er schwitzte stark. Im Traum sah er, wie er starb und seine Frau und Tochter leben. Doch eines war merkwürdig an dem Traum: Er starb zwar, doch wachte er immer wieder auf und wurde dann wieder von Zodoriantes getötet.

      Plötzlich schreckte er hoch. Nach kurzer Benommenheit rappelte er sich auf, um sich ein Glas Milch aus der Küche zu holen. Auf dem Weg nach unten, bemerkte Paul, wie Albert durch das gespenstig ruhige Haus schlich. Er folgte Albert unbemerkt. Albert verließ das Grundstück und ging in Richtung des Sees. Irgendwo auf halber Strecke öffnete sich plötzlich der Rasen und Albert verschwand. Paul näherte sich der Öffnung, dann stieg er Albert auf einer schmalen Treppe nach. Am Ende der Treppe befand sich ein enger, dunkler Gang. Paul konnte sich nur tastend vorarbeiten. Plötzlich verlor er den Halt und sauste eine steile und kurvenreiche Rutsche hinab.

      Unten angekommen, überschlug er sich ein paar Mal. Was Paul dann sah, verschlug ihm, wie schon so oft, den Atem. Ein riesiger blau-leuchtender Wirbel, einem Auge gleichend, drehte sich vor ihm. Er schien alles in seiner Umgebung hinein zu saugen.

      Gerade noch konnte er sehen, wie Albert darin verschwand. Dann wurde der Wirbel kleiner und schien zu verschwinden. Paul sprang auf, rannte und sprang mit einem Hechtsprung in den Wirbel, bevor dieser sich schloss. Nun fand er sich in einer völlig fremden Welt wieder. Eine öde und karge Landschaft dominierte den Anblick. Schwarzer Sand unter seinen Füßen und beißender Schwefelgestank machten einen dauernden Aufenthalt schwierig.

      Paul wollte am liebsten gleich wieder weg. Doch die Neugier, was Albert da treibt, war größer. Mit jedem Meter, dem er Albert folgte, wurde ihm bewusst, dass er sich auf einem anderen Planeten befand. Endgültige Klarheit hatte er, als er in den Nachthimmel sah, und mit großem Erstaunen plötzlich zwei ziemlich nahe Monde sah. Man hätte fast die Umrisse einer kleinen Stadt mit bloßem Auge erkennen können, so nah waren sie.

      Im Lichtschein der Monde, konnte Paul Albert weiter unbemerkt in einiger Entfernung folgen. Nach einer Weile blieb Albert plötzlich vor einer steilen Felswand stehen. Paul kam noch etwas näher heran und versteckte sich hinter einem kleinen, losen Felsbrocken. Plötzlich tauchte eine schemenhafte Gestalt auf und unterhielt sich mit Albert. Paul musste noch näher heran, um etwas von der Unterhaltung zu verstehen. Vorsichtig arbeitete er sich an einen weiteren Felsbrocken heran. Nun konnte er der Unterhaltung lauschen.

      „Albert, mein liebster Feind. Ich hoffe, du hast einen vernünftigen Grund, an diesem gefährlichen Ort aufzutauchen.“ „Zodoriantes- was läuft da auf der Erde? Du schickst deine Schergen, um…was? Du kennst die Regeln des Wortes. Kein Angriff bleibt unbeantwortet. Und jede Einmischung wird früher oder später bestraft. Bedenke…, dass das Wort sich immer auf die Seite des Angegriffenen schlägt.“

      Paul lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er hörte, mit wem sich Albert da unterhielt. Umso mehr hörte er genauer hin und bemerkte nicht, dass sich etwas ihm näherte. Eine ganze Schar von zwei Meter großen Tausendfüßlern kam langsam von hinten auf ihn zu. Die Unterhaltung von Albert und Zodoriantes schien sich dem Ende zu nähren. „Also…, ich wünsche, dass die Angriffe aufhören oder ich werde das Wort um Hilfe bitten.“

      Für