Jens Lämmerzahl

Das mächtigste Wort der Welt


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      Kapitel 13

      Albert und Paul saßen am Kamin. Es war mittlerweile Abend geworden. „Albert, wieso können sie mir nicht einfach sagen, wie ich dieses Wort finde? Dann gehen wir gleich zu diesem Zodoriantes und hauen ihm ordentlich auf die Murmel.“

      Albert grübelte angestrengt. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Jeder Anwärter bekommt eine neue Aufgabe. Es ist niemals derselbe Weg, den schon ein anderer Hüter ging. Das allerwichtigste ist, das sie das Wort verstehen, es in seiner Vollkommenheit verinnerlichen.“

      „Ich muss es mir also verdienen ein Hüter zu werden?“ Albert nickte zustimmend. „Was passiert, wenn das Wort ausgesprochen wird?“, fragte Paul, während er sich eine Zigarre anzündete. Albert steckte sich seine Pfeife an. „Ich weiß es nicht. Chaos oder Kontrolle… oder beides. Kontrolle über das Chaos oder Chaos ohne Kontrolle. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft würden zeitgleich existieren. Dies hätte nicht nur Auswirkungen auf unsere Welt.

      Zum Glück hat Zodoriantes es niemals geschafft den Hüter zu vernichten. Sobald er aber weiß, dass das Wort einen neuen Hüter braucht, beginnt ein gnadenloser Wettlauf. Ich habe ihn jetzt schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen und weiß daher nicht, wie stark oder schwach er ist.“

      Beide machten einen kräftigen Zug ihrer Rauchware. „Wieso ist es eigentlich ein Wort und kein… Kaugummi oder eine Badewanne?“, fragte Paul. „Wieso ist Luft, Luft oder ein Stern ein Stern?“, konterte Albert lächelnd. „Ich denke einfach…, wenn es was zum Anfassen wäre, dann wäre es viel zu leicht dran zu kommen“, ergänzte Albert.

      Zur selben Zeit in Sams Zimmer: Sam lag auf dem Bett. Mia brachte ihm ein Tablett ans Bett und setzte sich an die Bettkante. „Mmh, ein Käse-Schinken-Sandwich und ein Glas Erdbeersaft von einer schönen Frau. Genau, was ich jetzt brauche“, freute sich Sam und stürzte darüber her. Mia lächelte zufrieden.

      Plötzlich hörte Sam auf zu kauen und sah Mia tief in die Augen. „Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert.“ Mias Augen funkelten vor Entzückung. „Danke, dass du mich heute gerettet hast“, sagte Mia und streichelte Sam über sein schwarzes Haar. „Ich habe uns gerettet“, versuchte Sam die Situation zu relativieren. „Ich werde jetzt schlafen gehen. Wir müssen morgen sehr bald los“, verabschiedete sich Mia und gab Sam noch einen Kuss.

      In diesem Moment sackte Albert plötzlich zusammen, so als hätte er einen Herzinfarkt. Er krümmte sich und fiel auf die Knie. „Albert, ist alles in Ordnung?“, fragte Paul besorgt. Albert erholte sich schnell wieder. Paul reichte ihm ein Glas Wasser. „Was ist passiert?“, fragte Paul. „Ich weiß nicht genau. So ein eigenartiges Gefühl. Ich kann es nicht erklären“, antwortete Albert etwas benommen.

      Es war fünf Minuten vor Mitternacht. Paul und Sam schliefen bereits tief und fest. Mia saß am Bett ihres Vaters. Sie hielten ihre Hände. "Mia, in wenigen Minuten ist es soweit. Das Wort wird sich den neuen Hüter suchen. Ich dachte, es wäre bereits entschieden. Doch heute Abend war etwas Eigenartiges geschehen. Ich kann nicht sagen, was. Wir werden es bald erfahren. Du musst mir versprechen, dass du Paul und Sam begleiten wirst.“ Mia nickte mit Tränen in den Augen. Sie legte sich zu ihrem Vater und legte ihren Arm um ihn. Albert schlief langsam ein.

      Wenige Augenblicke später begannen Albert, Paul und Sam zeitgleich unruhig zu werden.

      Sie träumten den gleichen Traum: Alle drei bewegten sich in einer seltsamen Landschaft. Vor ihnen jede Menge Vulkane, Lavaströme und die Luft geschwängert von stinkenden Schwefeldämpfen. Eine sehr lebensfeindliche Umgebung.

      Hinter ihnen eine blühende Traumlandschaft. Die Bäume und Wiesen hatten ein sattes Grün. Hirsche, Tiger, Giraffen und Papageien tranken harmonisch zusammen aus einem klaren Fluss. Dort, wo die drei standen, war die Grenze der beiden Welten. Aus dem Schwefeldunst trat plötzlich eine Gestalt hervor und blieb unmittelbar vor Albert stehen. Es war Zodoriantes. Auch seine drei Schurken nährten sich und blieben stehen. Im Nebel des Schwefeldunstes war nur ihre feurig-leuchtende Silhouette zu sehen. Der Rest blieb in der Dunkelheit verborgen.

      Plötzlich verlies ein grellend-weißer Lichtstrahl Alberts Körper. Er schleuderte Zodoriantes und seine Schurken außer Sicht in die Vulkane. Der Lichtstrahl fuhr in den Himmel, teilte sich und raste hinab.

      Rasend schnell verschwanden die Blitze in den Körpern von Paul und Sam. In diesem Moment schreckte Albert schweißgebadet aus dem Schlaf. „Oh, mein Gott. Es wird zwei Hüter geben. Das hat es noch nie getan“, sagte Albert ganz verstört. „Und was bedeutet das?“ „Ich weiß es nicht, mein Schatz…, ich weiß es nicht. Aber es macht mir große Sorgen.“

      Kapitel 14

      Am nächsten Morgen:

      Paul, Sam und Mia luden ihre Rucksäcke ins Auto. „Ich hatte vielleicht einen seltsamen Traum, gestern Nacht“, sagte Paul. Albert und Mia warfen sich geheimnisvolle Blicke zu. Albert trat vor Paul.

      „Paul, öffnen sie nun das Buch, um zu erfahren, wo die Reise hingeht.“ Paul öffnete das Buch. Wieder kreiselten die Buchstaben über einem seltsamen Leuchten, bis sich langsam ein Vers formte.

      „Feuer, Wasser, Erde, Wind und Eis. Ein Feind dieser Elemente den ersten Wortteil weiß“, las Paul laut vor. Etwas unsicher schaute Paul gen Himmel, doch das Wetter blieb schön. „Feuer, Wasser, Erde, Wind und Eis. Ein Feind dieser Elemente den ersten Wortteil weiß. Mmh…, das ist mal ein schweres Rätsel“, murmelte Albert wiederholt die Worte, während er angestrengt grübelte.

      „Wir sollten in die Bibliothek gehen und schauen, ob wir dort eine Antwort finden“, ergänzte Albert und ging voran zurück ins Haus.

      Aufgeregtes Treiben in der Bibliothek. Jeder befand sich in irgendeiner Ecke der Bibliothek und wälzte ein Buch nach dem anderen in der Hoffnung irgendeinen Hinweis zu entdecken.

      „Ist doch ganz logisch“, sagte Sam plötzlich. „Feuer hat Wasser zum Feind und umgekehrt. Eis hat Feuer zum Feind und so weiter. Welches Land gilt als das Land des Feuers?“, fragte er in die Runde. Nur ratloses Kopfschütteln. „Vielleicht Hawaii“, warf Mia in die Runde.

      „Aserbaidschan heißt übersetzt „Das Land des Feuers“, sagte Sam ganz stolz und lächelte dabei Mia zu. „Ach, schade. Hawaii hätte mir besser gefallen“, sagte Paul etwas traurig. „Irgendwo müssen wir ja anfangen.“

      „Also möge dort die Reise beginnen“, sagte Albert. Die Drei verabschiedeten sich herzlich von Albert, besonders Mia. Dann stiegen sie ins Auto.

      Albert stoppte Paul nochmal. „Paul, können sie sich noch an das Rätsel erinnern, das ich ihnen bei unserer ersten Begegnung auftrug?“ „Die Antwort lautet: Er hatte Schluckauf“, antwortete Paul mit einem Schmunzeln. Albert nickte zufrieden.

      „Aber, wozu dieses Rätsel?“, hackte Paul nach. „Es geht darum, um die Ecke zu denken. Nicht immer ist etwas so, wie es zu sein scheint.“ Albert trat nochmal ans Auto heran und nahm Mia bei den Händen.

      „Ihr habt einen gewissen Schutz gegenüber Zodoriantes. Er kann euch nicht überall sofort sehen. Seid aber trotzdem vorsichtig. Dieser Angriff am See kam für meinen Geschmack etwas zu bald“, verabschiedete sich Albert nochmal. „Dad, warum kommst du nicht mit?“, fragte Mia traurig. „Nur dem zukünftigen Hüter ist die Suche gestattet. Außerdem freue ich mich auf meine Bibliothek. Da habe ich einiges nachzuholen“, ermutigte er Mia mit einem Lächeln. Dann fuhren sie los.

      Es war mittlerweile Abend geworden. Albert schlenderte gemütlich an einem Buchregal entlang in seiner Bibliothek, als Sinclair eintrat. „Sinclair, würden sie mir bitte eine schöne, heiße Tasse Tee in mein Arbeitszimmer bringen?“ „Mit einem Löffel Honig, Sir?“ „Nein, Sinclair. Heute mal mit einem kleinen Schnäpschen“, sagte Albert und zog dabei ein dickes Buch aus dem Regal. Albert verließ die Bibliothek und ging in sein Arbeitszimmer. „Mmh…, Moby Dick habe ich lange nicht mehr gelesen“, und ließ sich in den Schaukelstuhl fallen.

      Eine