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stand auf dem Balkon seines Zimmers und betrachtete nachdenklich den Vollmond. Der wirkte besonders groß und schien mit seinem Rand die Baumspitzen zu berühren. Sam trat auf den Balkon zu Paul.

      „Na, hat der alte Mann dir alles erklärt?“, fragte Paul mit ruhiger Stimme. Sam nickte. „Zodoriantes. Mit so einem blöden Namen kann man nichts Gutes im Schilde führen“, sagte Sam spöttisch. „Was soll ich tun? Was denkst du, mein Sohn? „Willst du das wirklich machen, Dad?“ Paul schaute Sam an. „Glaub mir, Sam. Das, was ich da gesehen und richtig gefühlt habe, hat mich nicht gerade zuversichtlich gestimmt. Ich möchte nichts tun, was du nicht auch tun möchtest“, versuchte Paul Sam zu beruhigen und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Also, mein Sohn. Was willst du?“ Sam stützte sich auf das Geländer und schaute zum Mond. „Ich habe Angst. Ich will wieder nach Hause.“

      „Dann ist es entschieden“, sagte Paul etwas wehmütig. „Morgen werde ich es dem alten Mann mitteilen. Ich werde jetzt schlafen gehen, bin völlig fertig.“ Gut, Dad. Ich werde noch etwas schwimmen gehen. Habe einen coolen Pool entdeckt“, verabschiedete sich Sam und verschwand.

      Sam stand vor einem großen Swimmingpool. Das Wasser leuchtete Türkis-blau und gab das nötige Licht, obwohl keine Lampen zusehen waren. Etliche Pflanzen zierten die Ränder. Ein kleiner Wasserfall am anderen Ende sorgte für die richtige Atmosphäre. Es roch nicht nach Chlor, sondern nach Wald, Wiese und Strand. Sam atmete tief durch.

      Gerade, als er sich ausziehen wollte, nahm er Geräusche aus einem Nebenraum wahr. Neugierig ging er hin und lunzte durch einen Türspalt. Eine junge Frau trainierte Kampfsport.

      Mit atemberaubend-professionellen Griffen, Tritten und Würfen rang sie drei Gegner gleichzeitig nieder. Sam war sofort hin und weg. Die junge Frau war in Sams Alter. Lange, blonde Haare zu einem Zopf gedreht. Strahlend-blaue Augen. Traumfigur. Bildschön. Sie bemerkte Sam und winkte ihn freundlich herein.

      „Trainingsprogramm, Ende“, sprach sie in den Raum. Die drei Kämpfer verschwanden als ob man ein Licht ausknipst. Sie schnappte sich ein Handtuch, wischte sich den Schweiß ab und ging auf Sam zu. „Du musst Sam sein. Ich bin Mia“, reichte sie Sam die Hand. Sam begrüßte sie ganz schüchtern. „Wer bist du?“, fragte Sam neugierig. „Mia…, sagte ich doch gerade“. „Nein…, was machst du hier?“ Sam wurde immer verlegener.

      „Ich bin die Hüterin des Hüters“, sagte sie mit einem süßen Lächeln. „Und du bist der Sohn des neuen Hüters, richtig?“ Sam nickte und lächelte schüchtern zurück.

      „Außerdem ist er mein Vater.“ Sam schluckte. „Dein Vater? Er ist doch mindestens Hundert.“ Mia warf Sam einen beleidigten Blick zu. Sie schob sich an Sam vorbei zum Pool.

      Sam wusste sofort als er es aussprach, dass er ins Fettnäpfchen getreten war. „Oh…, das war nicht so gemeint…! Es tut mir leid.“

      Mia streifte ihre Trainingsuniform ab und öffnete ihren Zopf. Ein knapper Bikini kam zum Vorschein. Sam war völlig verloren. „Es tut mir wirklich leid“, wiederholte er sich wehleidig-bettelnd.

      Mit einem Kopfsprung verschwand sie im türkis-blauen Wasser. Erst beim Wasserfall kam sie wieder an die Oberfläche. „Kommst du mit rein, oder hast du Angst vor kleinen Mädchen?“, rief sie Sam frech lächelnd zu. Sam zog sich aus und sprang hinterher. Er schwamm zu ihr. Mia war hinter dem Wasserfall. Sam schaute eine Weile auf das herabfallende Wasser.

      Er verlor sich in den bildschönen Konturen, die Mia besonders niedlich strahlen ließen. Nach einem kurzen Augenblick nahm Mia Sam an der Hand und zog ihn zu sich hinter den Wasserfall. Beide kamen sich sehr nah und sahen sich tief in die Augen.

      „Es tut mir leid“, wiederholte er mit ruhiger Stimme. „Ist schon gut, muss ja wirklich merkwürdig wirken“, beruhigte sie ihn mit einem flüchtigen Lächeln. „Erklärst du es mir?“, fragte Sam und kam ihr noch etwas näher. Mia wich zurück und setzte sich auf einen Stein.

      „Es ist ganz einfach. Als mein Vater der Hüter wurde, hatte er einen einzigen Wunsch frei. Er wünschte sich für unsere Familie Unsterblichkeit. Doch das Schwert, wenn du weißt, was ich meine, hat seinen Preis. Es nimmt dir, jedes Mal, wenn man es benutzt, etwas von dem Wunsch wieder weg, also der Unsterblichkeit. Und glaub mir, Zodoriantes hat meinen Vater oft genug dazu gezwungen, das Schwert einzusetzen. Und so alterte er wieder.“

      „Und wo ist deine Mutter?“ „Sie wurde getötet bei unserer ersten Begegnung mit Zodoriantes.“ „Ich dachte, ihr seid unsterblich?“ „Ja, aber nicht unverwundbar, zumindest nicht für mich und meine Mutter. Man muss die Worte schon sehr sorgfältig wählen, wenn man seinen Wunsch äußert.“ „Wow“, Sam war überwältigt.

      Mia hopste runter vom Stein und kam Sam sehr, sehr nahe. „Habt ihr euch schon entschieden? Ich könnte mir gut vorstellen die Unendlichkeit mit dir zu verbringen“, fragte sie und legte ihre Hände um Sams Hals. Sam wurde ganz verlegen. „Ähm…, ja, das haben wir. Wir wollen es deinem Vater morgen mitteilen. Mia lächelte, gab Sam einen Kuss auf die Wange und stieg aus dem Wasser. Noch einen flüchtigen Blick zu Sam, dann verschwand sie. „Puh…, was für eine Frau, seufzte er.

      Paul lag im Bett und schlief ziemlich fest. Plötzlich wurde er unsanft aus dem Schlaf gerissen, als Sam lautstark die Tür aufstieß. „Dad, ich habe es mir anders überlegt. Ich möchte hierbleiben“, rief er seinem Vater zu und schlug die Tür wieder zu. „Was…? Wie jetzt? Was war das?“, fragte Paul völlig schlaftrunken.

      Kapitel 11

      Am nächsten Morgen. Paul schlenderte vergnügt die Treppe herunter, als er Sinclair vorbeigehen sah.

      „Guten Morgen, Sinclair. Wissen sie wo…“, Sinclair unterbrach ihn. „Der Hausherr möchte, dass sie ihn nach dem Frühstück im Zoo aufsuchen, Mister König.“ „Mister König. Sagen sie bitte Paul zu mir“, und stahl sich dabei eine Weintraube von Sinclairs Tablett. „Wie sie meinen, Mister Paul.“ „Paul…, einfach bloß Paul“, rief Paul nach und verschwand im Esszimmer.

      Paul saß allein beim Frühstück. Als er gerade ein gekochtes Ei köpfte, kam Sinclair mit einer Kaffeekanne herein. „Wissen sie, wo mein Sohn ist, Sinclair?“, fragte Paul und streute Salz auf das Ei und genoss den ersten Löffel. Sinclair schenkte Paul eine Tasse Kaffee ein. „Ihr Sohn war schon früh auf und ist mit der Tochter des Hausherrn unterwegs.“ Paul verschluckte sich fast am Ei. Sinclair wollte gerade wieder gehen. „Moment…, mit der Tochter des Hausherrn?“ „Der Hausherr wird es ihnen bestimmt erklären. Bitte entschuldigen sie mich nun, wenn sie keinen Wunsch mehr haben.“ „Oh, Mann. Vielleicht sollte ich den Kaffee weglassen und gleich mit Brandy anfangen. Das erklärt, warum mein Sohn plötzlich hierbleiben möchte“, murmelte Paul. „Möchten sie einen Brandy?“ „Danke, Sinclair…, ist noch etwas zu früh.“

      Paul verließ das Haus und begab sich hinter das Gebäude. Es war ein warmer Sommertag. Nach zwei Minuten Fußmarsch stieß er auf ein großes Gelände. Ein einfacher Maschenzaun umschloss es. Paul ging hinein.

      Es dauerte nicht lange, da wunderte sich Paul, dass es keine Ställe oder abgegrenzte Buchten gab. In einiger Entfernung sah er den alten Mann. Vor dem alten Mann kniete Maik vor einem Tier. Er ging direkt auf sie zu. Paul sah sich immer wieder um. Nur Bäume, Wiese und Hügel und ein paar kleinere Naturteiche.

      Plötzlich flatterte ein Vogel vor Paul herum. Paul blieb stehen, ihm stockte der Atem. Der Vogel sah aus wie ein Papagei. Allerdings sah man kein Federkleid. Der Vogel schien am ganzen Körper türkis-farben zu brennen. Immer wieder versuchte sich der Vogel auf Pauls Kopf zu setzen.

      Paul fuchtelte mit den Armen. Der alte Mann bemerkte es. „Ist schon gut, Paul. Der tut ihnen nichts.“ „Der Vogel brennt“, schrie Paul etwas panisch. „Das sind kalte Flammen“, versuchte der alte Mann zu beruhigen. Paul beruhigte sich allmählich. Nach dem dritten Ausweichmanöver ließ er den Vogel gewähren. Der Vogel setzte sich auf Pauls Schulter und knabberte an den Haaren. Mit dem Vogel auf der Schulter kam er bei dem alten Mann und Maik an.

      Maik kniete