stand seufzend auf. „Können wir nicht morgen noch einmal herkommen, mit einer Leiter, Herr Dietz?“ „Sagen Sie Armin, das klingt menschlicher.“ Herr Dietz lächelte sie freundlich an. „Gut Armin, aber bitte, können wir nochmal schauen mit einer Leiter? Bitte!“ Herr Dietz schüttelte brummend den Kopf. „Also gut, Helga, sie geben ja doch keine Ruhe, dann aber bitte morgen. Heute schaffe ich so eine Gewalttour nicht noch einmal.“ Er sah sie fragend an. „Morgen um 10 Uhr, einverstanden?“ „Einverstanden Armin, morgen um 10 Uhr. Ich stehe pünktlich, in Fahrtrichtung zum Buchberg, am Straßenrand!“ „Hand drauf!“ Helga schüttelte ihm kräftig die Hand und dann machten sich die beiden erschöpft an den Abstieg und rutschten und schlidderten mehr schlecht, als recht, den Hang hinunter. „Morgen bringe ich eine Leiter mit und eine gute Taschenlampe, damit wir auch etwas sehen!“ Lenes Oma sah ihn bewundernd an und war ihm so dankbar, dass sie ihn hätte umarmen können. Ach, dachte sie kurz entschlossen - was solls, und drückte den Kommissar kurz liebevoll an sich.
Kapitel 25
Die Gassenjungen
Lene war ängstlich in die Ecke zurückgewichen, als die Gassenjungen das Gefängnis betraten. Drohend und johlend kamen sie immer näher und hatten sichtlich Spaß daran, Lene in Angst und Schrecken zu versetzen. Wie ein in die Enge getriebenes Wild, ging es Lene durch den Kopf. Wo soll ich denn hin? Ich kann nicht weiter ausweichen. Ohne nachzudenken, nahm sie eine Handvoll Staub auf, der haufenweise unter dem dreckigen Stroh lag und warf ihn den Jungen entgegen. Die ersten beiden griffen sich schreiend an die Augen. Doch die anderen drei, rückten weiter vor. Da fiel Lenes Blick auf eine Mistgabel, die in der Ecke stand und die der Wachtmeister anscheinend vergessen hatte, wegzuräumen. „Halt! Keinen Schritt weiter oder ich steche euch ab, so wahr mir Gott helfe!“ „Ach, jetzt wird er mutig, der junge Herr“, höhnte der vordere Junge laut. Die Anderen lachten. Lene stand da, mit dem Mut der Verzweiflung und schwang die Mistgabel mit blitzenden Augen. Im Eifer des Gefechtes merkte sie gar nicht, dass die Tür aufging und jemand hereinkam. Bis sie eine hochmütige Stimme hörte. „Papa, wer ist denn der junge Herr dort?“ In der Tür stand ein feines Mädchen, herausgeputzt mit einem rosaglänzenden Kleid, einem geschnürten Mieder und einem Busentuch vor ihrer flachen Brust. Vor lauter Schreck blieben die Jungen stehen, wie angewachsen und ließen Lene erst einmal in Ruhe. „Das ist ein Wanderbursche, den ich gefunden habe im Wald. Ich will ihn als meinen Knecht heranziehen und ihm von den Gassenjungen ein wenig Mores beibringen lassen. Er ist eine Heulsuse und so etwas kann ich nicht gebrauchen in meiner Nähe!“ „Aber Papa!“ Das kannst du doch nicht machen! All diese schmutzigen, barbarischen Jungen auf einen schmächtigen, liebreizenden Jüngling hetzen? Das macht man nicht, Papa! Mir gefällt der Bursche!“ Das Mädchen sah den Wachtmeister entrüstet an, bevor sie ihren Blick wohlgefällig über Lene gleiten ließ. Lene konnte direkt sehen, wie der nachdachte. Sicher wollte er nicht, dass eine seiner Töchter Gefallen an einem einfachen Wanderburschen fände, noch dazu, weil er ihn als seinen Burschen abrichten wollte. „Nun denn Anni, dann lasse ich ihn eben laufen. Er hat mir genug Ungemach für einen Tag bereitet und ich habe es mir anders überlegt, mit dem zum Knecht heranziehen. Da richte ich mir lieber einen der Gassenjungen ab!“ Die Jungen johlten zustimmend. Der Wachtmeister öffnete die Gefängnistür finster: „Du kannst gehen! Lauf, bevor ich es mir noch anders überlege!“ Lene schaute sich vorsichtig um, dankte dem jungen Fräulein mit einem Handkuss und floh wie der Wind aus dem Gefängnis. Zum Glück waren die Gassenjungen nicht mehr zu sehen. Hoffentlich lagen sie nicht irgendwo auf der Lauer. Beherzt rannte sie weiter, immer in die Richtung, in der sie die Höhle vermutete. Und ihren Wernher.
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