sorgten die Hausbediensteten für ein rechtes und umfangreiches Maß an Bequemlichkeit.
In der letzten Zeit jedoch wurde das Leben und Zugegensein im väterlichen Besitz zunehmend schwierig. Nicht nur der körperliche Verfall des alten Vaters geriet zur Beschwerlichkeit, vor allem doch die Veränderung seines Wesens, welche mehr und mehr von einem Händel in den nächsten geraten ließ. Der fast schon greise Mann ward streitsüchtig und noch herrischer geworden, als es dieser ohnehin schon vorher war. Nun aber neigte er zur Gehässigkeit und suchte den Zwist, drangsalierte das Hauspersonal, mäkelte an allem herum und war in einer Ungnädigkeit verfangen, die es jeden vorziehen ließ, dem zeternden Zausel aus dem Weg zu gehen, sofern es hierzu eine Möglichkeit gab.
Und sein Sohn Johann ward ihm nun immer suspekter, denn ein seltsam Troll hatte er herangezogen, ein Unikum und Sonderling, wie es ihn schon lange düngte. Und es grämte ihn indes immer mehr, dass es sein Erstgeborener und auch sein einziger Stammhalter nicht hinbekommen sollte, ein trefflich Eheweib zu freien und mit gesundem Anstand den Schoß einer Gattin zu füllen, sodass der Name Krottenkamp nicht ausstürbe. So sagte er einmal zu seinem Sohn: „Es steht für mich zu konjizieren, dass mein einzig´ Sohn und Stammhalter es mit Vorliebe in Zechstuben der Burschenschaften und Kaschemmen von Pinselschwingern treibt, hingegen es ganz beklagenswerter Weis´ für ihn nicht von Interesse zu sein scheint, sich mit einem Weibe einzulassen und tatkräftig für den Fortbestand des Hauses zu sorgen. So frag ich mich schon einige Zeit, ob es dem Kerl an Manneskräften fehlt, oder dieser vielleicht zu oft und auch zu fachlich als Mediziner zwischen den Schenkeln seiner Patientinnen verweilte und es die Wissenschaft dann ist, die ihm die Säfte raubt.“
Derlei Disput war keine Seltenheit und ganz zuletzt sogar die Regel. Schien sich der alte Vater mit zunehmender Nähe seines Ablebens doch mehr und mehr darin zu verrennen.
„Es wird meinem Sohne nicht zur Verwunderung geraten können, wenn es dem Erblasser daran liegt, nicht nur Vermögen zu vermachen, sondern sich mit der Gewissheit von dieser Welt verabschieden zu können, dass der Stammbaum unserer Väter nicht nur durch Töchtersegen wächst, der Name dann nicht ausstirbt, womit ich mich im Grabe drehen würd´, so sehr mich der Gedanke quält. ´Drum denk ich nun, vielleicht ist´s ratsam, dass ich den in Sünd´ gezeugten Bastard der Mamsell Helene, uns´rer Köchin, in die Adoption zu nehmen habe, ihm ehrenvollen Namen gebe, und er so an Stelle meiner eignen Brut den namentlichen Stammbaum pflegte. Mit allen Rechten dann verbunden, was Vorzug ihm dann geben sollt, sobald er einen Sohn aus ordentlicher Ehe hervorgebracht. Ich werd´ es bald verfügen können, mir den Advokaten kommen lassen, sodass er mir ein passend Dokument verfassen möge, aus dem mein Wille über den Tod hinaus als festgeschrieben gilt. Und was den Profit aus den verlehnten Äckern und Forsten dann betrifft, wird´s mir dort ganz gewiss auch besser gedankt.“
Oft schon hatte Johann mit seiner Schwester Ottilie und ihrem Gatten vertraulich gesprochen, immer dann, wenn es dem alten Vater wieder genehm ward, ein Gezeter und Gekrähe um Johanns Ehelosigkeit und den Wunsch nach einem stammeshaltenden Enkelsohn gemacht zu haben. Ottilie Nissle, geborene Krottenkamp, hatte diesbezüglich keine Not, denn sie gebar ihrem Manne zwei Töchter und einen Sohn und hatte damit nicht Unterlass betrieben. Am Enkelsegen mangelte es dem Alten somit nicht, nur trug die neuerliche Linie für diesen dann gewiss den falschen Namen, was aber Sitte war und es das alte Leid mit Töchtern sei.
„Johann!“, sagte Ottilie einmal zu Ihrem Bruder. „So nehme Dir eine brave Frau zur Hand. Du bist ein Mann, Du kannst´s gut richten, und Gott wird Dir gewiss den Sohn Dir schenken, den Vater sich so dringlichst wünscht.“
Es sprach aus ihr ganz die Vernunft. Und auch die Fürsorge kam nicht zu kurz. Doch war es auch noch etwas anderes, welches die Schwester weidlich in ihrem Inneren umtrieb, welches sie hingegen nie und nimmer auszusprechen gedachte. So konnte sie´s nicht übertünchen, dass es ein trefflich Maß an Tuschelei doch gab, was ihr hier und dort zur Kenntnis gelangte und ihren ält´ren Bruder dann betraf. Und derlei Flüstereien waren weder von Nutzen, noch geneigten diese zur Festigung der Ehre des Betroffenen. Und mit einer Ehelichung des Herrn Bruder wär derlei Spuk ein jähes Ende zu setzen.
Lange hatte Johann einen solchen Gedanken verworfen. Ja, es graute ihm förmlich davor, einen Weg zu gehen, den er selbst ja gar nicht zur Entscheidung zu bringen gedachte. Doch dann, als es wieder zu einem dieser gleichen Händel mit seinem knorrigen Vater geraten und es nochmals an groben Gehässigkeiten zum Austausch gekommen war, hatte er sich dazu durchgerungen, sich eine Ehefrau zu suchen.
So war es dann auch zur großen Freude des alten Professors, als Johann ihm eröffnete, nunmehr in Bälde in den Stand der Ehe einzutreten, die Verlobung just erfolgt sei und die Ehe noch vor dem Weihnachtsfest geschlossen werde. Und wie entzückt sogar war der alte Herr, als ihm sein Sohn berichtete, dass seine Wahl auf ein junges Fräulein, welches gewisslich aus bestem Kaufmannshause stammen würd´, gefallen sei, sie in gesunder Heidenatur erwachsen ward, kerngesund und damit gut für aussichtsreichen Kindersegen sei.
„Nun, mein lieber Sohn,“ strahlte der alte Professor, „dann waren meine Apelle ja nicht vergebens. Und ich danke dem Herrn für diese Wendung. Dass er Dich nun noch mit einem Söhnchen beschenken möge. Drum leiste Fürbitte, mein lieber Johann. Sei nicht knaus´rig und lege fürderhin die Sonntage ordentlich in des Pastors Klingelbeutel, dass es dem Gottesmann die Augen feuchtet, und der Herr Dir weiter wohlgesonnen ist.“
Er läutete nach der Dienstmagd, um dass sie einen guten Wein brächte, denn diesen Tag wollte er nicht ungebührlich zelebriert lassen. Dann konnte er seine Neugier nicht mehr bändigen: „Dann berichte mir nun alles. Jede Einzelheit, mein Sohn.“ Er leuchtete und es war ihm ein Vergnügen, nun endlich, wenn auch so spät, den Sohn auf dem rechten Weg zu finden. „Wann stellst Du mir Deine Braut vor? Und die Familie …! Und sag, sie sind doch sicher wohlsituiert und keine Habenichtse … und so dann sag mir schnell, wie denn die Mitgift ausgestattet ward…!“
Und als Vater und Sohn einen schweren Rotwein schwenkten, auf aller Wohl, ganz im Besonderen auf die beschlossene Ehelichung angestoßen hatten, folgten noch viele weitere Fragen, denn der alte Otto Krottenkamp konnte sein Glück kaum fassen.
Über die Grundsätzlichkeit der unerwarteten Wendung hinaus vernahm es der alte Hausherr mit nochmals großer Freude, als dieser erfuhr, dass es im Plane des Sohnes stand, die junge Gattin direkt nach der Trauung, noch am selbigen Tage in den Flügel der väterlichen Villa einziehen zu lassen, es ihm ein Anliegen sei, das väterliche Gebäude nun mit Nachkommenschaft zu füllen und ein trefflich Beisammensein der Familie zu besiegeln.
Nachdem nun auch Ottilie die gute Botschaft erreicht hatte, bot sie ihrem Bruder schnell an, den Villenflügel für das junge Glück nach ihrem Dafürhalten und Geschmacke herzurichten, damit es an nichts fehlen sollte. Denn was wusste schon ihr lieber Johann, was der Verstand einer jung Geehelichten und das liebende Herz sich wünschten, zudem auch benötigten. Der große Villenflügel war in den Junggesellenjahres des Bruders gut verwaist, es fehlte doch an allerlei. Und verstaubt sollt´s auch nicht bleiben, zudem auch besser hell und luftig, mit Zimmern die dem Zwecke dienen konnten, und die Zweisamkeit in diesem Flügel zu einem fruchtbaren Ehegespinst würd´ wachsen können.
Und Johann entsprach dem gewünschten Unterfangen seiner lieben Schwester und ließ sie ganz frei und ohne Einwand zur Tat schreiten. Doch wurd´ er recht unruhig, als es Ottilie dann auch anriet, nicht alles und in Gänze nach eigenem Gusto zu drapieren, es nun der rechte Moment wäre, dass sie sich hin zur Heide bemühte, um der Braut einen Besuch abzustatten. Und da sie nun gerade auch vernommen hatte, dass es eine Haushochzeit zu arrangieren gäbe, dieses im Anwesen der Brauteltern, würde es doch einer guten Geste entsprechen, wenn Ottilie sich auch hierbei freundlichst zur Unterstützung andienen würd´, denn es wäre in recht kurzer Zeit doch allerlei zu tätigen.
Johann war bemüht, sich die Unsicherheit und auch sein Unbehagen über das soeben Vernommene nicht anmerken zu lassen. Wie gut es doch die Schwester meinte, doch konnte sie es ja nicht erahnen, dass all ihr Sinnen eben mitnichten zu empfehlen war, sie vielmehr in freudiger Höflichkeit ins Wespennest zu stechen plante und mit mehr Fragen zurückkehren würd´, als diese denn auf ihrer Kutschfahrt in die Heide schon in ihrem Schwägerinnenköpfchen