Rita Renate Schönig

Düsteres Erbe


Скачать книгу

      „Das ist richtig. Aber wir könnten mit Sepp reden und mit Schorsch. Die beiden kannten die Häuslers am besten. Soweit ich weiß, war der Sepp damals der beste Freund vom Johannes. Also wenn der nix weiß …“

      „Naja, ich glaub net, dass die was sage, selbst wenn se was wisse täte.“ Herbert grinste. „Awer versuche könne mir des.“

      ***

      Lars Hansen beschriftete die Ermittlungstafel mit den zurzeit dürftigen Infos. Inzwischen versuchte Harald Weinert etwas über den Staff Sergeant der US Air Force in Erfahrung zu bringen.

      „Ich krieg gleich die Krise. Es gibt hunderte, wenn nicht tausende Henry Godmans. Aber keiner passt in unser Profil.“

      „Welches Profil? Wir haben gerade mal den Namen und den Rang des Amis“, lästerte Lars. „Außerdem gab es zu der Zeit noch keinen Computer, geschweige denn ein Internet – ergo keine Daten. Versuchs doch mal bei der NSA.“ Hansen grinste und Weinert riss die Arme hoch. „Danke für die Hilfe. Bring mir besser einen Kaffee, anstatt solche Sprüche zu klopfen.“

      „Was? Bin ich deine Sekretärin?“

      „Für mich einen Cappuccino. Aber bitte aus der Kantine, nicht aus dem Automaten.“

      Beide Kommissare fuhren herum. „Verdammt, Nicole!“ Lars Hansen fiel der Stift aus der Hand. „Warum musst du dich immer so anschleichen?“

      „Macht Spaß euch zu erschrecken. Außerdem höre ich, was ihr über mich erzählt, wenn ich nicht hier bin. Du kommst nicht weiter, stimmt’s?“

      Harald schüttelte den Kopf. „Ehrlich gesagt, mir fällt nur noch US Air Force ein.“ Er schaute seinen Kollegen an; der grinste. „Schließlich war der Tote einer der Ihrigen – wenn auch schon lange her. Die sollten zumindest noch Unterlagen besitzen. Das Problem dabei ist nur, damit wecken wir schlafende Hunde. Kann sein, dass unsere Freunde aus USA sich in unseren Fall einmischen.“

      „Wow, du meinst das FBI oder der CSI tauchen bei uns auf?“

      „Idiot.“

      Hansen lehnte sich an Weinerts Schreibtisch, wobei er beide Hände in die Taschen seiner Jeans steckte. „Und wie gehen wir nun weiter vor?“

      „Ich habe da eine andere Idee“, antwortete Nicole. „Wir werden um Amtshilfe bitten.“

      „Kennst du etwa jemanden bei der CIA?“, fragte Lars mit großen Augen.

      „Das nicht, aber ich kenne einen besonders versierten Computerspezialisten im Frankfurter Polizeipräsidium.“ Sie griff zum Telefon. „Wo bleibt mein Cappuccino?“

      ***

      „Ach Herbert. Ich wollt grad zu dir. Eh … Tach, Helene.“ Die Überraschung, Herbert zusammen mit Helene anzutreffen, stand Schorsch Lenz regelrecht ins Gesicht geschrieben.

      „Mir hawe uns auf em Friedhof getroffe.“ Von dem anschließenden Plausch in dem Kaffee sagte er nichts. „Mir wollte auch grad mal mit euch rede, also mit em Sepp und dir.“

      „Ach, un warum?“

      „Na weche dem Tote. Mer hat ja net jeden Tag e Leiche vor de Haustür“, tastete Herbert sich langsam vor. „Mer wollte halt nur wisse, was ihr davon halte tut. Awer wenn’s jetzt net passt, könne mer ja aach a anner Mal komme.“

      Schorsch trat von einem Fuß auf den anderen. Soeben hatten er und der Sepp über die Angelegenheit gesprochen und nun lief ihm der Herbert geradewegs vor die Füße und auch noch mit der Helene. Andererseits besaß die Frau einen scharfen Verstand und war mit dem Friedel verheiratet gewesen, dem damals härtesten Hund bei der Stadtpolizei. Zudem wohnte diese Kriminalkommissarin bei ihr. Helene war also gewissermaßen vom Fach.

      Schorsch überlegte kurz und gestikulierte den beiden, ihm zu folgen. Schon wollte er bei Sepp klingeln, als er den Schlüssel in seiner Hosentasche fühlte und schloss die Haustür auf.

      „Sepp, ich bin’s nochemol“, schrie er laut und stieg die Treppe hinauf. „Ich hab Besuch dabei.“

      Josef Richter schaute ebenfalls verblüfft wie er Herbert und die ihm folgende Helene Wagner heraufkommen sah. Zugleich schielte er auf die Flasche Schnaps, die auf dem Küchentisch stand.

      „Sie wolle mit uns üwer den Tote rede“, erklärte Schorsch.

      „Wieso mit uns?“, fragte Sepp. „Mir hawe damit nix zu tun. Des hab ich der Polizei aach schon gesacht.“

      Herbert trat dicht an seinen Nachbarn heran. „Die Helene und ich, mir hawe uns gefraacht, wie der tote Ami in den Garte vom Hannes gekomme ist und ob des der Freund von der Maria gewese sein könnt. Die hat doch damals mit so em Ami rumgemacht.“ Er hob beide Hände, als Sepp protestieren wolle. „Des weiß jeder bei uns in de Straß. Der Hannes und du, ihr ward doch die beste Freunde. Kann des sein, dass der Hannes den Ami abgemurkst hat?“

      „Ehrlich gesacht.“ Sepp warf Schorsch einen unsicheren Blick zu. „Mer täte aach gern wisse, was domols gewese is. Vielleicht is es grad so a Zeiche vom Himmel, dass du jetzt do bist. Du kennst uns vielleicht helfe, Helene“, plapperte er aufgeregt. „Du bist doch sozusaache vom Fach, schon weeche doim Friedel und wo doch die Kriminelle bei dir wohnt.“

      „Kriminalkommissarin“, entgegnete Helene.

      „Hm“, antwortete Sepp, ohne auf die Richtigstellung einzugehen. „Also hockt euch her. Mer hawe euch was zu verzähle. Wollt ihr en Schnaps?“

      „Danke, nicht so früh am Tag“, lehnte Helene freundlich ab. Auch Herbert enthielt sich, sagte aber gleich: „Keine Angst, mer sasche der Elfi nix.“ Er wusste, dass Sepps Tochter es nicht gerne sah, wenn ihr Vater vor dem Abend Alkohol trank.

      „Na dann“, erwiderte Sepp und goss sein Glas voll. „Ich brauch des fer moi alte Knoche. Sonst krieg ich es Reiße.“

      „Awer mir kannst de aan oischenke. Bei mir zwickts aach dauernd “, erklärte Schorsch sich solidarisch.

      Nachdem die beiden ihre Gläser in einem Zug geleert hatten, erzählten sie, zuerst zögernd, dann immer schneller, dass sie von Johannes Häusler dazu genötigt worden waren, den toten Soldaten in seinem Garten zu vergraben.

      „Awer der war schon mausetot“, versicherte Schorsch nochmals. „Des müsst ihr uns glawe. Mir hawe den nur unner dem Appelbaum verbuddelt.“

      Sepp nickte zustimmend. „Mer nemme an, dass der Hannes dem des Licht ausgeblase hot. Awer was Genaues wisse mer net. Und mer wollte des aach gar net wisse. Awer jetzt hawe mer Angst, dass mer desweche doch noch ins Gefängnis komme kennte.“

      „Deshalb bräuchte mer jetzt doi Hilfe“, wandte Schorsch sich an Herbert. „Mir wisse, wer des Buch hat, da wo alles drin stehe tut. Dann kennte mer unser Unschuld beweise. Du misst uns nur irschendwo hinfahrn.“

      Herbert runzelte die Stirn. „Aber den Ort Irschendwo kenn ich net. Geht’s e bissje genauer?“

      „Naja, mer müsste halt die Edeltraud mal besuche.“

      „Die Edeltraud? Bedeutet das, die Edeltraud besitzt ein Buch, in dem alles aufgeschrieben ist?“, fragte Helene angespannt.

      Sepp und Schorsch nickten unisono. „Vielleicht freut se sich sogar, wenn se uns mol widdersieht.“

      „Aber, soweit ich weiß, spricht die Edeltraud mit niemanden mehr“, gab Helene zu bedenken.

      „Da rede mer halt aach nix“, entgegnete Schorsch. „Müsse mer ja net. Die soll uns ja aach bloß mol in des Buch gucke losse.“

      „Kein Problem“, sagte Herbert. „Natürlich fahr ich euch. Wann wolle mer los?“

      „Ja, was meinst de? Heut is es schon zu spät. Awer vielleicht gleich moje früh so um acht?“, schlug Schorsch vor.

      „Des is es bissje zu früh“, wandte Sepp ein. „Was soll ich der Elfi saache, wieso ich in aller Herrgottsfrüh aufstehe will.