Jürgen H. Ruhr

Undercover - Auftrag


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denn noch schocken, wenn schon nicht mehr mit einem nackten, putzenden Mann?

      Meinen Auftritt bei Fliesen - Eggbert plante ich ganz genau. Schließlich würde ich ihm die Erkenntnisse meiner harten Arbeit präsentieren. Das musste schon angemessen und professionell geschehen. Ob Birgit mir für morgen Vormittag einen Termin bei ihm machen würde? Vermutlich nicht, also rief ich den Mann selber an.

      Pünktlich um elf Uhr am nächsten Vormittag stand ich vor dem kleinen Fliesenfachgeschäft. Die Beweisbilder befanden sich gut vorbereitet auf meinem Laptop. Alle unwichtigen Aufnahmen entfernte ich, indem ich sie in ein anderes Verzeichnis verschob. Aber ich löschte sie noch nicht, falls Eggbert doch Interesse daran haben sollte. Besonders die eine Aufnahme, die mich selbst bei den Ermittlungen zeigte, schien mir doch sehr gelungen und dokumentierte schließlich meinen Einsatz.

      Die kleine Glocke an der Tür bimmelte lustig und in dem Moment, als ich überlegte sie noch einmal anschlagen zu lassen, indem ich die Tür öffnete und schloss, trat Eggbert persönlich in den Laden.

      „Herr Lärpers. Kommen sie herein, kommen sie herein. Lassen sie uns in mein Büro gehen ...“

      Ich folgte dem Mann quer durch das Wohnzimmer. Diesmal ließ sich seine Frau nicht blicken. Aber vielleicht war die ja auch nicht zu Hause.

      Ich klopfte auf meinen Laptop. „Lieber Herr Eggbert“, so hatte ich es geübt, „die Detektei Argus, in meiner Person Jonathan Lärpers, leistete für sie ganze Arbeit. So wie wir immer gänzlich zur Zufriedenheit unserer Kunden das Beste geben. Ich muss nicht extra beto...“

      „Nun quatschen sie nicht so geschwollen daher“, unterbrach mich Eggbert. „Geben sie mir einfach die Rechnung … Und sagen sie mal: Sind sie krank oder so? Sie haben so viele Flecken im Gesicht. Das wird doch wohl nicht ansteckend sein?“

      Ich schüttelte den Kopf: „Kleiner Arbeitsunfall. Aber was ist mit den Ergebnissen meiner Ermittlung, Herr Eggbert? Wollen sie denn gar nicht wissen, was ich herausgefunden habe?“

      Eggbert schüttelte den Kopf. „Das ist jetzt nicht mehr notwendig. Gerd Densel war gestern Nachmittag bei mir und hat alles gestanden. Er brauchte dringend Geld für seine kranke Mutter und da kam ihm diese Schnapsidee. Es wird nicht wieder vorkommen. Und die Zeit, die er durch seine angebliche Krankheit verloren hat, wird er nacharbeiten. Außerdem kann er bei mir Überstunden machen und so etwas mehr Geld verdienen. Schließlich haben wir genug Aufträge. Sehen sie, Lärpers, Gerd Densel ist eine wirklich gute Fachkraft. Es täte mir leid, so einen Mann zu verlieren. Finden sie mal einen guten Fliesenleger!“

      Ich nickte. Ja, gute Fliesenleger waren bestimmt schwer zu finden.

      „Die Rechnung müssen sie aber trotzdem bezahlen“, beharrte ich, doch der Mann winkte lediglich ab. „Ja, das ist mir klar. Ich muss sie nur bitten, die Bilder zu vernichten und niemandem zu zeigen. Wir wollen die Privatsphäre meines Mitarbeiters ja nicht verletzen.“

      Was blieb mir nun Anderes übrig? Gut, Birgit reagierte nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber was war mit Chrissi? Und Jennifer? Den beiden wollte ich auf jeden Fall ja noch die Bilder zeigen. Musste ich sie nun wirklich löschen? Na, wenigstens blieben mir noch die Aufnahmen der Blumen und mein Selbstbildnis in der Garage.

      Eggbert sah mich streng an und er schien zu wissen, was in meinen Gedanken vorging.

      „Herr Lärpers. Mir ist bekannt, dass sie in dem Haus waren und entsprechende Fotos machten. Densel war sehr, sehr betrübt deswegen. Der Junge konnte seine Tränen kaum noch zurückhalten. Wenn wir die Situation richtig bedenken, dann haben sie das Haus doch widerrechtlich betreten, habe ich recht?“

      Ich nickte langsam. Natürlich hatte er Recht! Aber musste ich das jetzt hier auch noch zugeben?

      „Also, geben sie mir die Rechnung, löschen sie die Fotos und wir vergessen die ganze Angelegenheit. Was mit Densel ist, bleibt eine Sache zwischen meinem Mitarbeiter und mir!“

      Ich nickte erneut. Der Kunde war schließlich König! „Gut, Herr Eggbert. Ich werde die Fotos löschen und die Rechnung bekommen sie mit der Post. Zwar hat meine Sekretärin die Bilder schon gesehen - das ließ sich ja nicht vermeiden - aber ich werde sie zur Verschwiegenheit verdonnern.“

      Eggbert hielt mir seine Hand hin. „Dann ist die Sache hiermit erledigt. Danke für ihre Mühe, Herr Lärpers! Sollte ich noch einmal Bedarf haben, dann wende ich mich gerne wieder an sie.“

      In meinem Wagen sitzend, löschte ich den Ordner mit Densels Nacktputzaufnahmen. Nun gut, Schwamm drüber. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich meine - trotz der unvorhersehbaren Entwicklung - erfolgreichen Ermittlungen durchaus mit einem Mittagessen in meinem Lieblings - Steakrestaurant ‚Chez Duedo‘ krönen sollte. Seufzend ließ ich den Motor an.

      V.

      Über meinen Auftrag mit dem Nacktputzer wurde nicht mehr gesprochen. Birgit kümmerte sich um die Rechnung, dann verschwand die Akte im Archiv. Hier lagerten alle alten Unterlagen oder nicht mehr benötigten Utensilien.

      Nur einmal, da bekam ich mit, wie Birgit einen zwanzig Euro Schein zu Chrissi hinschob. Dabei meinte sie bedauernd: „Nun, ich dachte ja, dass Jonathan für den Auftrag länger brauchen würde.“ Dann lachte sie und fügte hinzu: „Oder eher gar nicht schafft!“

      Ich war mir sicher, dass sie bemerkte, wie ich zuhörte.

      Es wurde schneller Samstag, als gedacht. Sam ließ Chrissi und mich am Freitag noch einmal unauffällig die Örtlichkeiten inspizieren. Die kleine Kneipe, in der die Feier stattfinden sollte, lag direkt an der Hauptstraße. Von hier aus war es bis zu dem Hochhaus, in dem wir Heyer abfangen sollten, nicht weit. Der Mann würde also auf jeden Fall mit seiner neuen Bekanntschaft zu Fuß gehen.

      Auch den Aufzug im Haus überprüften wir. Es gab nur einen davon, was uns die Arbeit natürlich erleichtern würde. „Wir müssen zuerst im Aufzug sein, vor Heyer und der Frau“, meinte Chrissi, „nicht, dass uns die beiden noch davonfahren.“ - „In den wievielten Stock soll es denn gehen?“, fragte ich nicht ohne Berechtigung. Nicht, dass Heyer nachher noch zu Fuß über die Treppe hinaufgehen wollte.

      „Ganz nach oben. Die Dame wohnt dort zwar nicht, aber Heyer soll ja auch nie in der Wohnung ankommen. Sobald die Aufzugtüre sich schließt, betäubst du den Mann. Ich blockiere dann die Fahrstuhltür und öffne sie wieder und wir schleppen Heyer zum Wagen. Dazu haken wir uns bei ihm unter. Sollte uns jemand begegnen, so geht der Mann garantiert als Betrunkener durch. Einzig, falls noch andere Personen in der Nähe sind, kann es problematisch werden. In diesem Fall müssten wir improvisieren.“

      Ich nickte. „Am besten du stellst unauffällig einen Fuß in die Tür. Dann vermeiden wir, dass sie schließt und wir doch noch in den obersten Stock hinauffahren.“ Chrissi sah mich nachdenklich an: „So hatte ich mir das vorgestellt, Jonathan!“

      „Alles klar, Jonathan?“ Sam stand in der Tür meines Büros und sah mich an. In wenigen Stunden würde es losgehen.

      „Ich bin fit. Keine Probleme.“ - „Prima. Um achtzehn Uhr treffen wir uns noch einmal kurz im Konferenzraum. Du, Chrissi, Moni und ich. Wir werden noch ein letztes Mal den Einsatz besprechen. Ruh‘ dich bis dahin noch etwas aus, es kann eine lange Nacht werden.“

      Ich nickte. Wir würden das Kind schon schaukeln. Viel wichtiger erschien mir, dass unsere ‚Dame‘ es auch schaffte, Günther Heyer in das Hochhaus abzuschleppen. Eindeutig der Schwachpunkt unseres Planes. Ließ Heyer sich nicht zu einem Stelldichein überreden, wären alle Planungen hinfällig.

      Mir fiel etwas ein und ich blickte zu Sam auf. Der war allerdings schon wieder verschwunden.

      „Die ganze Aktion muss schnell und lautlos über die Bühne gehen“, fasste Sam seinen Vortrag noch einmal zusammen. „Dem Mann darf nichts passieren. Wir brauchen Informationen von ihm, also seid entsprechend rücksichtsvoll.“

      Er schaute auf den Beamer, der offensichtlich immer noch nicht funktionierte. Dann fuhr er fort: „Ein