Eckhard Lange

Der dunkle König


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die Trompeten zum Angriff rufen.

      Die Boten von Jabesch aber ziehen noch während des Tages allen sichtbar zurück und geben den Eingeschlossenen Kunde von unserem Plan. Dann geht ihr mit untergehender Sonne hinaus zum König von Ammon. Richtet Nahasch aus: „Morgen früh werden wir aus der Stadt heraus dir entgegenziehen.“ Das wird ihn sicher machen, und es ist auch die Wahrheit: Beim ersten Strahl der Sonne werden die Männer von Jabesch das Tor öffnen und hinausziehen. Achtet sorgfältig darauf, daß keine Waffe sichtbar ist. So werden die Ammoniter arglos sein, all ihre Aufmerksamkeit wird sich gegen die Stadt richten, und sie werden keinerlei Kampf erwarten von den wenigen Männern, die ihnen dort entgegenkommen, und schon gar nicht werden sie mit einem Angriff von hinten und von den Seiten rechnen. Dann wird auf meinen Wink hin die Trompete ertönen. Das ist für alle das Zeichen: Unsere drei Haufen stürmen in den Rücken des Feindes, sobald der Kampf dort beginnt, greifen auch die Männer von Jabesch zu den verborgenen Waffen. So schließen wir einen Ring um die Ammoniter, trennen sie von ihrem Lager und den Waffen dort, und Jahwes starker Arm wird mit uns sein und sie in Schrecken versetzen.

      Und nun ruht euch aus und rüstet euch für den Kampf, zu dem Jahwe uns berufen hat. Enthaltet euch allen berauschenden Getränkes, und niemand lasse eine Frau in seine Nähe, damit keiner sich unrein mache vor Gott, denn geheiligt seid ihr zum Krieg und Helfer nur des Herrn der Heerscharen, der mit erhobener Hand vor euch herziehen wird. Morgen ist der letzte Tag der Frist, die König Nahasch den Leuten von Jabesch gewährt hat. Morgen soll er die Botschaft erhalten, und mit dem neuen Tag wird Ammon in die Hand Jahwes fallen und Jabesch wieder frei sein."

      Schweigend hatten die Männer zugehört, und schweigend gingen sie zurück zu ihren Lagerplätzen. Schweigend schritt auch der Seher davon, nachdem er noch einmal Saul gesegnet hatte. "Jahwe hat ihn gerufen," murmelte er vor sich hin, "Jahwe hat ihm Mut und Siegesgewißheit verliehen. Aber er ist auch ein guter Stratege und kluger Taktierer, mit Jahwes Hilfe wird er siegen, so wie seit alters her Gottes Geist über die Männer kam, die er sich als Retter Israels erwählt hat."

       Bericht Netanjahus, des Vertrauten Samuels

       Dies geschah in den Tagen, nachdem die Söhne Israels Jabesch entsetzt hatten unter Führung Sauls. Da versammelten sich die Ältesten der Stämme zu Rama, um mit dem Seher Rat zu halten. Und sie sprachen zu Samuel: Wir werden bedrängt von den Völkern ringsumher, den Ammonitern und Moabitern, den Bewohnern des Südlandes und vor allem von den Philistern. Gewiß hat uns der Herr so manches Mal errettet von ihrer Hand, aber oft hat er uns auch unter ihre Herrschaft getan um unserer Sünde willen.

       Darum rede du mit Jahwe, dem Herrn der Heerscharen, daß er uns einen König bestimme, wie ihn die anderen Völker haben, einen Herrscher, der uns in den Krieg führt, der aber auch Recht spricht und Jahwes Bund durchsetzt in den Stämmen, daß das Volk nicht versucht wird, anderen Göttern zu dienen und von Jahwe abzufallen, der uns erwählt hat als sein Eigentum.

       So redeten die Ältesten, Samuel aber mißfielen diese Worte, war doch Jahwe allein König in Israel. Und gab es nicht ihn, Samuel, den von Gott zum Seher bestellten, damit er den Willen Jahwes schaue und verkünde? War er nicht Richter über die Stämme, falls entschieden werden mußte nach den Weisungen des Herrn, wie es seit alters her Brauch war in Israel?

       Rede Samuels vor den Ältesten der Stämme

       Erwählt hat sich Jahwe, der Herr der Heerscharen, die Söhne Israels zu seinem Volk und Eigentum, und er hat sie aus der Sklaverei Ägyptens herausgeführt mit starkem Arm und großen Wundern und ihnen dieses Land gegeben, daß sie darin leben mögen nach den Geboten seines Bundes, den er mit ihnen geschlossen hat durch Mose, seinen Diener. Herr und König ist Jahwe allein, daß er herrsche über Israel.

       Oft aber sind die Söhne Israels abgefallen von Jahwe und haben seinen Bund gebrochen, darum sandte der Herr ihnen große Bedrängnis durch ihre Feinde. Wenn sie sich aber bekehrten zu Jahwe und zu ihm schrien in ihrer Not, siehe, hat er ihnen dann nicht stets einen Retter erweckt aus ihrer Mitte, der von seinem Geist ergriffen die Posaune blasen ließ und die Männer zum heiligen Krieg sammelte und den Feind schlug mit der Schärfe des Schwertes und mit großem Schrecken von Jahwe, so daß Israel wieder in Frieden wohnen konnte, ein jeder unter seinem Feigenbaum, ohne daß ein König herrschte im Land Israel?

       Ihr aber habt nun Jahwe verworfen, daß er nicht mehr König sein soll über euch, denn einen Herrscher fordert ihr, wie die anderen Völker haben, die Jahwe nicht kennen und die er nicht erwählt hat. Frei habt ihr bislang gelebt auf dem Erbteil, das der Herr euch zugewiesen hat in diesem Land. Wenn aber ein König sein wird über euch, siehe, dann wird er eure Söhne fordern von euch für seinen Dienst, ein Heer wird er unterhalten und Abgaben erheben, und ihr werdet Frondienste leisten für seinen Palast, daß der König die Hauptleute, die Schreiber und Bediensteten unterhalten kann, denn das ist das Recht eines Herrschers, wie ihr ihn verlangt.

       Aber wenn ihr dann klagt über die Lasten und über die Willkür des Königs, so wird Jahwe euch nicht erhören und helfen. Siehe, ich habe euch heute vorgelegt, was euch erwartet. Es ist nun an euch, wie ihr entscheidet.

       Rede des Joas, des Ältesten aus Manasse

       Ihr Brüder aus Israel, Älteste der Stämme nach Herkunft und Wahl! Wir haben die Worte des Sehers gehört, aber ich bleibe bei unserer Bitte, einen König zu erwählen für unser Volk. Daß Jabesch gerettet wurde, war ein Wunder, und wäre nicht Saul uns erstanden als Retter, wären Schmach und Schande über Israel gekommen, und König Nahasch hätte Jahwe gelästert. Aber es geht nicht allein um Jabesch, es geht um die Gesamtheit der Stämme, die von den Philistern bedroht werden Jahr für Jahr. Da nützt uns kein Retter, der den Heerbann zum Krieg ruft. Denn dieser Kampf mit Philistäa wird nicht in einer einzigen Schlacht entschieden, er wird Generationen dauern, ein ständiger Konflikt um den Besitz des Berglandes.

       Und Israels Kraft erlahmt, während die Küstenstädte erstarken kraft ihrer aufblühenden Wirtschaft, dank ihres straff organisierten Gemeinwesens, auch wenn wir die totalitäre Herrschaft der Stadtkönige verabscheuen mögen. Die Fürsten der Philister haben stehende Heere, Berufssoldaten und Streitwagen stehen ihnen alle Zeit zur Verfügung, und wenn sie ihre Bündnisse in Zukunft weiter festigen, statt einander zu bekriegen, werden sie nicht nur unser Land immer häufiger verheeren, sie werden nicht nur Zwingburgen errichten und Garnisonen verlegen ins Grenzland Israels, wie es ja bereits vielfach geschehen ist, sie werden eines Tages die Stämme gänzlich vertreiben aus dem Bergland, oder uns doch so unterjochen, daß wir gezwungen sind, ihre Lebensweise, ihre Kultur, ihre Religion anzunehmen und der Glaube an Jahwe und seine Erwählung erlischt, wenn Israel nicht handlungsfähig wird und planvoll und machtvoll dieser Bedrohung begegnet. Das aber kann nur ein Herrscher leisten, der Regierungsgewalt besitzt und den Heerbann aufbieten kann, ja der ebenfalls Männer dauerhaft unter Waffen hält und Burgen an der Grenze errichtet und mit Soldaten besetzt.

      Brüder, ihr wißt es im Grunde alle: Der Bund unserer Stämme ist viel zu lose, der Rat ihrer Ältesten viel zu unbeweglich, unsere Ordnung ist viel zu veraltet und hält nicht mit, wo unsere Nachbarn sich fortentwickelt haben, aufgerüstet und schlagkräftig sind sie uns längst weit überlegen. Darum kann unsere Antwort auf die Bedrohung nur sein, daß wir einen aus unserer Mitte zu unserem König bestimmen und ihm die notwendige Vollmacht übertragen. Möge es das Los sein, möge uns der Seher einen Mann nach dem Herzen Jahwes benennen, mögen wir selbst darüber entscheiden - durch Zuruf und Wahl - es sei mir alles recht. Jahwe wird unsere Entscheidung lenken, und wie er Saul zum Retter erwählt hat gegen Ammon, so wird er auch einen Mann wissen für dieses Amt. Ja, das wage ich noch zu sagen: Hat er mit Saul nicht schon einen berufen, der sich als geschickter Feldherr und trefflicher Führer erwiesen hat?

       Laßt uns darum die Beratung beenden und abstimmen, ob Israel künftig von einem König regiert wird. Dann möge der Seher bestimmen, wo und wie solches geschehen kann, und er möge ihn salben mit heiligem Öl, wie einst die Retter Israels für ihren Dienst gesalbt wurden von Jahwes Propheten.