Rainer Kilian

Regen am Nil


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Zeit zu beschäftigt, um mich um Familie zu kümmern. Aber Sie sind es wohl auch nicht? Ich meine verheiratet.“

      „Jetzt ist wohl die Zeit der großen Lebensbeichten, was?“, meinte sie ironisch. Sie hatte plötzlich so einen verletzten Blick bekommen. Ihre Gedanken schienen weit weg.

      „Es tut mir leid, wenn ich Sie mit meinen Fragen verletzt haben sollte. Es geht mich gar nichts an.“ Sie legte beschwichtigend ihre Hand auf meinen Arm.

      „Nein, nein. Ich habe damit angefangen. Ist schon in Ordnung. Wir alle haben unsere Erfahrungen gemacht. Gute und schlechte. Und das ist grundsätzlich gut so. Aber der Grund, warum ich nicht verheiratet bin, sind eben schlechte Erfahrungen.“ Ihre Hand war immer noch auf meinem Arm.

      „Schlechte Erfahrungen sind ebenfalls Lehrer für unser Leben. Wir lernen Gut und Böse voneinander zu unterscheiden“, philosophierte ich.

      „Aber das Leben ist zu schön, um trüben Gedanken nachzuhängen, oder? Wenn wir schon verheiratet wären, würden wir nicht hier zusammensitzen. Ich jedenfalls genieße den Moment mit Ihnen.“ Mein Geständnis erschreckte mich selbst etwas. Aber sie lachte schon wieder so wundervoll.

      „Mir geht es genau so. Sie sind ein offener und ehrlicher Mensch. Und Sie machen aus Ihren Gedanken kein Geheimnis. Das mag ich an Ihnen. Sie schaffen es mit einem heiteren Satz, meine traurigen Gedanken zu verscheuchen. Ich danke Ihnen.“

      Sie beugte sich zu mir herüber und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich war vollkommen perplex. Das Blut schoss mir nur so in den Kopf. Ich spürte ein Kribbeln von Kopf bis Fuß, aber sie saß schon wieder da und blickte hinaus auf die Bucht.

      „Also werden Sie uns Gesellschaft leisten?“, nahm sie den Faden wieder auf. „Ich würde mich sehr freuen.“

      „Ich kann Ihrer Bitte nicht widerstehen. Ich komme mit!“, lenkte ich ein. „Aber vorher müssen Sie mir noch etwas über Ihren Heiligen erzählen. Noda hat mir gesagt, dass er heilen kann.“

      „Ja, so ist es. Niemand weiß es genau, woher er kam und wann. Aber er ist alt, sehr alt. Die Legenden sagen, eine Schar Delfine hat ihn an den Strand unserer Bucht getragen. Ein fürchterlicher Sturm hat sein Boot zerstört. Er wäre ertrunken, wenn er nicht von ihnen gerettet worden wäre.“

      „Diese Legenden kommen mir bekannt vor. Aber glauben Sie wirklich daran?“

      „Es gibt viele alte Erzählungen von Fischern, dass sie von einem Delfin gerettet wurden. Ich glaube es. Aber das Interessanteste kommt noch. Er trug Kleider, die sehr fremd waren, aber er sprach unsere Sprache. Er lebte in einer Höhle unter den Wurzeln eines großen Baumes. Und die Menschen der Inseln kamen zu ihm, weil er heilen konnte. Er wusste vieles über Krankheiten und wie man sie bekämpfte. Aber genau so wichtig war für uns sein Rat in seelischen Dingen. Er war sehr weise und konnte kranke Seelen retten.“

      „Wie ist er gestorben?“

      „Er ist sehr alt geworden. Man hat ihn in der Nähe eines alten Baumes begraben. Viele Jahre später hat man sein Grab geöffnet. Sein Körper war unversehrt und strömte einen wundervollen Duft aus. Seitdem pilgern die Menschen zu ihm und viele Wunder sind seitdem geschehen. Er hat sie bewirkt. Bis zum heutigen Tag. Man hat ihm zu seinen Lebzeiten den Namen „O Leondaros tis Io, der Löwe von Ios“ gegeben, weil sein richtiger Name zu schwer auszusprechen war.“

      Fasziniert hing ich an ihren Lippen. „Und jetzt ist sein Körper immer noch da?“

      „Ja, aber er ist in der Kapelle hinter einer goldenen Wand vor den Blicken der Gläubigen geschützt. Sie ist das ganze Jahr geschlossen. Nur am Abend des Inselfestes wird er um Mitternacht in einer Prozession um den Ort getragen. Das ist die Erinnerung an seine Reise zu uns. Und wenn du ihn dann erblickst, bedeutet das Glück für dein weiteres Leben.“

      Jetzt hatte sie mich doch neugierig gemacht. „Ich denke, er wird uns Glück bringen. Leider muss ich schon bald wieder nach Hause. Mein Urlaub geht zu Ende.“

      „Das tut mir leid. Aber auch ich muss wieder an meine Arbeit. Unsere Zeit auf Ios geht zu Ende.“ Schmerzlich wurde es mir bewusst. Ich wollte gerne die Zeit anhalten.

      „Und wer zuletzt im Wasser ist, hat verloren!“, rief sie und sprang auf. Hand in Hand rannten wir ins seichte Wasser und bespritzten uns gegenseitig mit Wasser. Erst als ich sie auf die Arme nahm und drohte, sie unterzutauchen, rief sie um Gnade. Ich gewährte sie ihr und trug sie aus dem Wasser. Vor der Surfbasis stellte ich sie auf die Füße. Ralf beobachtete uns kopfschüttelnd. „Wie kleine Kinder, ihr zwei. Wie alt seid ihr denn?“ „Entschuldigung, Chef. Aber wir haben Urlaub!“, tat ich in gespieltem Ernst. „Schon okay. Ich gönne es dir ja.“ Ich half ihm, die Segel unter dem Sonnendach zu verstauen. Melina verabschiedete sich von uns. „Ich muss noch ein paar Freunde besuchen. Sehen wir uns heute Abend?“ „Gerne, ich hole Sie vor Nodas Bar ab.“ Sie ging und zog wieder einmal alle Blicke auf sich. „Du bist ein Glückspilz, Felix. Ich beneide dich wirklich.“ Ralf klopfte mir anerkennend auf die Schulter. „Sie mag dich.“

      Ich war wohl ein tatsächlicher Glückspilz. Aber wie konnte ich ihr sagen, dass es noch eine andere Frau in meinem Leben gab, die mich in meinen Gedanken beschäftigte? Vor allem eine Frau, die schon lange tot war. Ich fühlte mich zu ihr hingezogen, aber ich war nicht frei. Für ein Urlaubserlebnis war sie mir zu schade. Wie konnte man nur unglücklich und glücklich zugleich sein? Dazu war wohl nur ich in der Lage.

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