Shey Koon

Mellow Tior


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riss ihn sofort an sich, als sie ihm die Schokoüberraschung hinhielt.

      „Juhu, da vergeht mir schlagartig die schlechte Laune.“, jauchzte er. Mellow freute sich wahnsinnig über sein Geschenk. Er öffnete zaghaft die Verpackung und brach sich ein großes Stück der braunen Süßigkeit ab. Genüsslich drückte er sich die schmelzende Leckerei an den Gaumen, während er sich gierig das nächste Stück abbrach.

      „Mmmmh, ich liebe Schokolade.“, schmatzte Mellow und das Verlangen stand ihm unverhohlen in den Augen. Plötzlich erschrak er. Mit offenen Mund und aufgerissenen Augen starrte er aus dem Fenster, japste nach Luft, wedelte mit den Armen.

      „Pass auf! Minja, geh sofort in Deckung! Da draußen!“

      Er ließ den Hasen auf den Boden fallen, zeigte hektisch in die Richtung des Fensters, schnappte geistesgegenwärtig Minjas Hand und zerrte sie kraftvoll zu Boden.

      „Ja, spinnst du denn total?“, wetterte Minja los, während sie ihr Kleid von der zerbrochenen Schokolade säuberte.

      „Guck doch!“, brüllte er. „Die Schnuppe, sie fliegt auf uns zu, gleich kracht sie ins Haus.“

      Minja drehte sich hastig um, entdeckte aber nichts Auffälliges.

      „Mellow ich sehe nichts. Soweit ich es beurteilen kann, ist alles beim Alten.“ Sie suchte vergebens die Seiten des Fensters ab. „Der Baum steht da, wo er sein soll, der Himmel hat sein übliches Blau, Wolken ziehen vorbei und die Sonne überstrahlt alles. Passt also. Die Welt ist in allerbester Ordnung.“

      „Minja, rede keinen Unsinn!“

      Mellow blieb beharrlich, deutete abermals raus.

      Minja stand auf, schüttelte genervt ihren Kopf und biss die nächste Stelle des zerbrochenen Hasen an. „Ich bin doch nicht blind. Aber weiter als bis zum Himmel kann ich nicht gucken.“

      Mellow duckte sich, denn die Sternschnuppe zersprang glühend im Vorgarten und ein Glutregen übergoss den Rasen. Doch, das Unglück blieb aus. Er sprang hoch, stierte raus in den Garten, doch es gab keinerlei Spuren eines Einschlags, noch nicht einmal verbrannte Grashalme. Nichts, absolut nichts war zu sehen. Mellow winkte wütend ab, verkroch sich ins Bad und klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Nach der Erfrischung beruhigte er sich alsbald. Minja schlug ihm vor, sie in die Stadt Fow Fonk zu begleiten. Mellow willigte ein, denn im Moment war es unsinnig weiter nach Aurilia zu suchen. Wahrscheinlich befand sie sich noch immer hinter dem geheimnisvollen Tor. Mellow bat BigBig zuhause zu bleiben, jedoch die Eisvögel sind bekannt für ihren Dickkopf, also flog er mit. So begaben sie sich zu dritt auf den Weg in die Stadt. Die Fahrt dauerte eine gute Stunde. Sie vertrieben sich die Zeit und besprachen ihr nächstes Vorhaben. Da Mellow pleite war, schmiedeten sie den Plan, das Teleskop selbst zu bauen. Sie redeten sich heiß und verloren sich in ihren Fantasien. Doch, kaum erreichten sie die Stadt Fow Fonk, stellten sie entsetzt fest, dass die Menschen um sie herum eine feindselige Stimmung ausstrahlten. An jeder Ecke wurde gestritten. Die Hunde knurrten sich gegenseitig an, fletschten ihre Zähne und spielten nicht mehr miteinander, vielmehr gingen sich die Hundebesitzer lieber gleich aus dem Weg. Die Katzen jagten sich durch die Straßen, fuhren ihre Krallen aus und zerkratzen jeden, der ihnen in den Weg kam. Müll und zerbrochenes Glas lag auf der Straße, einige Haustüren waren eingetreten worden.

      „Hier ist es gruselig. Mellow wir sollten vorsichtig sein. Die

      Leute suchen Streit. Darauf habe ich überhaupt keine Lust.“, nörgelte Minja mit verkniffenen Augen.

      Mellow pfiff BigBig sofort zu sich und packte ihn schützend unter sein Shirt. Die Jungen und Mädchen prügelten sich kreischend, zogen sich an den Haaren und spuckten umher. Die Autos hupten bei jeder Gelegenheit, fuhren auf oder zwängten sich mit aller Gewalt durch die engsten Stellen.

      „Minja, hast du Angst? Du hast Recht. Die Stadtbewohner verhalten sich heute wirklich seltsamer als sonst.“

      „Ja, ziemliche Angst. Normal ist das nicht. Die Leute benehmen sich bescheuert. Und nicht nur die Leute. Selbst die Tiere sind gemein zueinander.“

      Eheleute gifteten sich missgelaunt an und das Pärchen, das genau vor ihnen stand, löste geradewegs ihre Verlobung auf. Wütend warf die hübsche Blondine den wertvollen Verlobungsring in den Gully und stapfte energisch davon. Ihr Ex-Verlobter beschimpfte sie wüst, während er die entgegengesetzte Richtung einschlug.

      „Willst du zurückfahren? Wir können auch ein anderes Mal in Stadt.“, fragte Minja verunsichert nach.

      „Nein, lass uns trotzdem das Zoogeschäft besuchen. Vielleicht finden wir dort eine niedliche Freundin für BigBig. Er soll schließlich nicht alleine bleiben.“

      „Mellow, du bist ein echter Träumer. Hast kein Geld mehr auf Tasche, aber eine Freundin für BigBig haben wollen.“

      Mellow hörte geschickt weg, und so liefen sie durch die lauten Straßen, gingen jeglichem Ärger aus dem Weg, und waren heilfroh, als sie unbeschadet vor dem Zoogeschäft standen. Sie schritten durch die verdunkelte Glastür, doch der Lärm, der ihnen entgegenschallte, war nicht auszuhalten, sie hielten sich postwendend die Ohren zu. Ein unerträglicher Mix aus Kreischen und Quieken erfüllte den Raum. Die Tiere waren außer Rand und Band. Sie sprangen gegen die metallenen Gitter ihrer Käfige, schmissen das Futter auf den Boden, oder randalierten sonst wie herum. Die Hunde bellten und knurrten. Die Vögel flatterten aufgeregt umher, hackten wild auf ihre Artgenossen ein, solange bis die Federn flogen. Mellow guckte Minja verdutzt an.

      Er suchte sofort den gestressten Inhaber des Geschäftes auf, fragte lauthals, warum hier der Teufel los sei. Der Besitzer, ein untersetzter Mann mit schütteren Haaren, zuckte überfordert seine hängenden Schultern, rückte seine schmale Brille zurecht und hielt ihm das Schild „Geschlossen“ vor die Nase. Enttäuscht verließ Mellow mit Minja das Geschäft. BigBig drückte sich zitternd und verstört an Mellows Brust. Sie beeilten sich, wollten auf dem schnellsten Weg zurück zum Bus, der sie sicher aus der aufgehetzten Stadt bringen sollte. Sie warteten und warteten. Aber vergebens, es wurde bereits später Abend und die Sonne verschwand hinter dem Horizont, trotzdem fuhr kein Bus die Haltestelle an.

      „Mellow, wahrscheinlich taucht der Bus nicht mehr auf. Willst du hier schlafen?“, fragte Minja genervt.

      Mellow schüttelte seinen Kopf.

      „Lass uns laufen. Im Bushäuschen schlafen, dazu habe ich keine Lust. Außerdem bekomme ich da kein Auge zu.“

      Und so marschierten sie los, BigBig zog hungrig seine Kreise über ihre Köpfe hinweg. Der nachtschwarze Himmel war bewölkt und zeigte keinerlei Sterne und der kreisrunde Mond versteckte sich mit den Schnuppen ebenfalls hinter der dichten Wolkendecke. Die beiden Freunde unterhielten sich über das raue Benehmen der Stadtbewohner. Aber so sehr sie auch grübelten, sie fanden dafür keine einleuchtende Erklärung. Letztendlich einigten sie sich darauf, dass die Stadtbewohner allesamt bekloppt waren. Dieses Mal zwar mehr wie sonst, aber eben vielleicht doch nicht so außergewöhnlich.

      „Das erklärt noch immer nicht das seltsame Verhalten der Tiere im Zoogeschäft.“, murmelte Minja vor sich hin, beließ es aber dabei und nahm die Hand von Mellow. Sogleich fühlte sie sich sicherer und marschierte wortlos neben ihm her.

      Es dauerte knapp an die drei Stunden, bis sie endlich die Umrisse ihres Dorfes erkannten. Kaum bogen sie auf dem Weg zu Mellows Haus ein, erspähte Mellow die Kontur einer gebückten Gestalt, die vor dem Gartenzaun stand.

      „Großmutter! Großmutter Auri, bist du es?“, schrie Mellow gespannt in die Nacht und rannte los. Minja blieb angewurzelt stehen. Die unbekannte Gestalt drehte sich um, humpelte ein paar Meter vom Tor weg und löste sich in grauen Rauch auf. Mellow erschrak fürchterlich, stolperte rückwärts bis er wieder auf der Höhe von Minja war.

      „Hast du das gesehen?“ Mellow packte Minja an den Armen und rüttelte sie mit vorstechenden Augen. Minja erwiderte nichts, schüttelte verneinend ihren Kopf. Mellow zerrte sie ins Haus.

      „Ich schaue mich um, Minja. Vielleicht ist Großmutter hier.“

      „Warte, ich helfe dir! Dich kann ich nicht alleine