Edda Blesgen

Träume, die im Meer versinken


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      Edda Blesgen

      Träume, die im Meer versinken

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Prolog

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

       Kapitel 21

       Kapitel 22

       Kapitel 23

       Kapitel 24

       Kapitel 25

       Impressum neobooks

      Prolog

      Der Wind hatte sich gelegt. Am Nachmittag des ersten Weihnachtstages drückte ein bleigrauer Himmel auf die silbergrau glänzende Fläche der vollkommen glatten See.

      Ein Mann beugte sich über die leblose Gestalt, die – von den Wellen angespült – am Rivierastrand lag. „Oh nein“, stöhnte er. „nicht schon wieder ein Toter. Eine Leiche täglich reicht mir bei weitem.“

      „Das ist der Mörder, den die Polizei sucht. Ertrunken? Nein, bei dem Wetter geht doch niemand schwimmen. Der Bösewicht hat sich selbst gerichtet. Die Schuld trieb ihn dazu, seinem Leben freiwillig ein Ende zu setzen“, zeterte Waltraud, seine Frau.

      „Noch ist gar nichts bewiesen – weder Mord, noch Selbstmord.“ Der Mann griff zum Handy, nannte seinen Namen und erklärte auf Italienisch: „Ich habe abermals eine Leiche gefunden“, um dann sarkastisch hinzufügen: „Allmählich mache ich mich verdächtig, fürchte ich.“

      „Kein Tod durch Ertrinken; wahrscheinlich Herzinfarkt“, stellte der zusammen mit der Polizei eingetroffene Arzt eine halbe Stunde später fest.

      „Es handelt sich um diesen Verbrecher, nach dem Sie fahnden“, kreischte Waltraud. „Schade, jetzt entgeht er seiner gerechten Strafe für den Mord an meiner Freundin Dolores.“

      „Komm, lass dir nicht den Urlaub verderben.“ Ihr Mann führte sie beiseite. Der Hund, der mit hängenden Ohren und feuchtem Blick neben dem Toten ausgeharrt hatte, folgte ihnen.

      Kapitel 1

      O welche Lust, in freier Luft den Atem leicht zu heben“, sang Jürgen lauthals. „O Freiheit, o Freiheit“, schmetterte er noch lauter. Von wem war das noch mal? Elisa, seine Ex, war Opernfan; er hatte sich nie dafür begeistern können, oftmals Grimassen geschnitten, wenn sie hingebungsvoll ihrer klassischen Musik lauschte. Elisa hingegen verließ fluchtartig das Zimmer, sobald er eine Kassette mit Liedern von Mireille Mathieu abspielte. Erst als er heimlich mit Dora zusammen war und merkte, sie schwärmte ebenfalls für Opern, wollte er die junge Frau mit seinem Wissen beeindrucken, fing an hinzuhören, Fragen zu stellen: „Von wem ist das?“, und die ahnungslose Elisa wunderte sich über sein plötzliches Interesse.

      „O Freiheit...“ – Bestimmt stammte das wieder mal vom ollen Beethoven. Richtig, jetzt fiel es ihm ein. Fidelio, Beethovens einzige Oper. Einmal hatte Elisa ihn zu einem Theaterbesuch überreden können. Weder an die Musik noch an die Handlung konnte er sich erinnern, nur noch an die grässliche Langeweile. Ein weiteres Mal war er mit Dora, seiner zweiten Frau, im Theater gewesen. Ihre ausschweifenden Erklärungen – vorher und in der Pause – nervten, wenn er auch, scheinbar aufmerksam, freundlich lächelnd zuhörte. Im letzten Akt war er sogar eingeschlafen. Keine Frau würde ihn je wieder in eine Oper schleppen; nie wieder würde ihm irgendwer irgendetwas aufzwingen. Er war unterwegs in die absolute Freiheit, Autobahn Richtung Süden, den Kajak auf dem Autodach, Zelt, Luftmatratze, Kühlbox, Spirituskocher im Kofferraum, seine Tasche mit Badehose, Tauchermaske und Schnorchel, eine weitere mit Freizeitkleidung, Unterwäsche. Mehr brauchte er nicht. Einige Zwanzig-Euro-Scheine befanden sich in seinem extra großen Brustbeutel. Pass, Wagenpapiere und seine Ersparnisse waren unter der Reserveradabdeckung im Kofferraum versteckt. Er hatte vor seiner Abfahrt ein Konto, welches das von seiner Firma an ihn gezahlte Schwarzgeld enthielt, und von dem seine Frau nichts ahnte, aufgelöst.

      Ein Stau im Tunnel. Zum Glück saß Elisa nicht neben ihm, sonst würde sie wieder husten, dann keuchend nach Luft japsen, in panischer Aufregung nach ihrem Asthmapümpchen suchen. Er hatte sie jedes Mal deswegen abgrundtief verachtet. Seiner Meinung nach alles Anstellerei, Krankheiten, in die sie sich hineinsteigerte, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, darum summte er unbeeindruckt vor sich hin, was Elisa, wie er wusste, fürchterlich aufregte, obwohl sie kein Wort dazu äußerte. Nur wenn es zu einem Streit zwischen ihnen kam, dann wärmte sie alte Geschichten auf, machte ihm Vorwürfe über angebliches Fehlverhalten, das mitunter schon Wochen oder sogar Monate zurücklag, warf ihm Gleichgültigkeit, Gefühlskälte vor. „Ich könnte neben dir ersticken, du bleibst ungerührt“, hatte sie schon öfters geäußert. Er fand es lästig, sich mit der redegewandten Elisa auseinander