Thomas M Hoffmann

Blutgefährtin 2


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schon gut, wenn man frei ist. Aber was macht denn dein Pierre, Student ist der doch nicht, oder?»

      «Nein, er ist Weinhändler in meinem Heimatdorf?»

      «Weinhändler? Dann ist er sicherlich dick, hat eine rote Nase und ist sein eigener, bester Kunde.»

      «Er ist schlank, athletisch und hat ebenmäßige Haut, du Blödmann.»

      Jerome grinst mich schelmisch an.

      «Noch, liebe Trish, noch. Aber Weinhändler sind immer dick und haben immer eine rote Nase. Das bringt der Beruf mit sich. Bei anderen Berufen sind die Aussichten wesentlich besser. Nimm mich zum Beispiel…»

      Ich unterbreche ihn, bevor er beginnen kann, seine Vorzüge aufzuzählen, was vermutlich nicht vor morgen früh enden würde. Abrupt stehe ich auf.

      «Ich hole mir noch einen Cocktail, will noch wer was?»

      Ich sehe Valerie an, dass sie froh ist für diese Unterbrechung, vermutlich wurmt es sie, dass sich Jerome nur für mich zu interessieren scheint. Ich brauche auf jeden Fall etwas Ruhe, hoffentlich schafft es Valerie, Jeromes Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Valerie bestellt auch einen Cocktail und so ziehe ich los, uns noch Getränke zu besorgen.

      Als ich mit den Gläsern wiederkomme, hat es Valerie geschafft, Jerome in ein Gespräch zu verwickeln. Ihre Taktik ist es, einfach von sich zu erzählen und Jerome hört ihr anscheinend tatsächlich zu. Da ich Vals Lebensgeschichte bereits kenne, konzentriere ich mich darauf, Jerome zu beobachten. Schnell bemerke ich, dass er ein sehr aufmerksamer Mensch ist. Ständig sind seine Augen in Bewegung, aber er hört auch zu, denn er reagiert durchaus angemessen, wenn Valerie mal nachfragt, ob er noch dabei ist. Ich bin davon überzeugt, dass ihm nichts entgeht. Ob er vielleicht gar nicht so harmlos ist, wie er erscheint? Ein solches Verhalten haben meist Menschen, die verfolgt werden oder vor Entdeckung Angst haben.

      Irgendwie macht diese Beobachtung Jerome interessanter. Ihn scheint ein Geheimnis zu umgeben, obwohl ich nicht sicher bin, ob ich mir all das nicht vielleicht nur einbilde. Nun ja, letztlich ist es auch egal, er sucht vermutlich einfach Anschluss und lernt hoffentlich schnell, dass ich nicht gewillt bin, mich auf irgendwelche Affären einzulassen. Vielleicht findet er ja Interesse an Valerie, aber ich habe das Gefühl, dass er ihr nur aus Höflichkeit zuhört. Das wäre natürlich keine so gute Voraussetzung für eine Beziehung.

      Nachdem Valerie ihr Leben in Grundzügen ausgebreitet hat, versuche ich, noch ein paar Details aus Jeromes Leben zu erfahren. Aber er scheint sich entschlossen zu haben, nichts mehr von sich preiszugeben. Stattdessen kontert er mit Fragen nach mir, so dass ich auch einiges über mich erzähle, wobei ich natürlich die Besonderheiten weglasse, die die Tatsache mit sich bringt, dass Pierre kein Mensch ist. Die Zeit vergeht wie im Flug, zumal Jerome seine Aufmerksamkeit zwischen Valerie und mir aufteilt. Dadurch fühle ich mich nicht so bedrängt und Val hat keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Vielleicht ist Jerome ja doch ein ganz netter Kerl.

      Als es Zeit ist, nach Hause zu gehen, bietet Jerome uns noch an, uns nach Hause zu bringen, aber da wir mit meinem Auto hier sind, kann ich mit gutem Gewissen ablehnen. Schließlich verabschiedet er uns mit der Bitte um den Austausch der Handy Nummern, dem Valerie bereitwillig zustimmt. Jerome kommt in meinem Handy gleich auf die Freundesliste, schließlich ist er bereits Teil unserer Studentengruppe und ich vermute, dass er sich weiterhin an Emile und seine Frauenbande halten wird. Auf dem Weg nach Hause taste ich mich dann vorsichtig an Valerie heran.

      «Nun, willst du die Bekanntschaft mit Jerome vertiefen?»

      «Er scheint ja ganz nett zu sein und er hat Interesse an mir.»

      «Meinst du wirklich? Hoffentlich ist sein Interesse an dir auch echt.»

      Valerie schaut mich skeptisch an.

      «Ich denke schon, oder?»

      «Ich bin nicht sicher. Er hat erst angefangen, sich mit dir zu unterhalten, als ich die Cocktails holen gegangen bin.»

      «Stimmt schon, er hat zuerst nur dich beachtet. Aber da wusste er noch nicht, dass du in festen Händen bist.»

      «Ich bin nur nicht sicher, ob es Jerome um dich geht. Willst du wirklich mit jemanden anbändeln, dem du eigentlich egal bist?»

      «Vielleicht entwickelt sich sein Interesse ja noch, wenn wir uns erst einmal besser kennenlernen.»

      Ich weiß es besser als daraufhin noch mehr in Valerie zu drängen. Wenn ich jetzt versuche, ihr Jerome auszureden, wird sie ernsthaft ärgerlich werden und ich erreiche nur das Gegenteil. Es ist besser, ich warte mit meinen Einwänden, bis ich Jerome besser kenne. Dann kann es zwar sein, dass Val in Liebeskummer versinkt, aber davor kann ich sie beim besten Willen nicht bewahren.

      Als ich mich am anderen Tag mit meinen Freunden zum Mittagessen treffe, ist Jerome nicht dabei. Ich frage Emile nach ihm, aber der zuckt nur mit den Schultern. Offensichtlich ist Jerome bisher nicht aufgetaucht. Doch nach etwa einer Viertelstunde erscheint er plötzlich, wieder mit einem Kaltgetränk in der Hand.

      «Hallo Leute. Entschuldigt, dass ich so spät da bin, ich war noch mit einem Bekannten essen. Aber ich dachte mir, besser spät als gar nicht.»

      Wir murmeln alle ein hallo und Jerome setzt sich zu uns. Dann zwinkert er mir zu.

      «Na, bist du gut nach Hause gekommen?»

      Kala hat die Bemerkung gehört und bekommt sofort spitze Ohren.

      «Ihr seid gestern zusammen aus gewesen?»

      «Nicht direkt», erläutere ich. «Ich habe Valerie in das la pêche begleitet und dort haben wir Jerome getroffen. Und dann sind wir ihn den ganzen Abend nicht mehr losgeworden.»

      Kala lacht.

      «Oha, ist unser Jerome so anhänglich?»

      Jerome lächelt lediglich.

      «Komm schon, Trish. Ohne mich wäret ihr doch vor Langeweile gestorben. Stell dir vor, Kala. Trish hat sich den ganzen Abend geweigert, mit mir zu tanzen.»

      «Oje. Wie willst du denn feststellen, ob dein Pierre etwas taugt, wenn du nicht ab und zu eine Alternative ausprobierst.»

      Ich stöhne auf.

      «Jetzt fange du nicht auch noch damit an. Sicherlich hast du deinen Ratschlag schon hundertfach an alternativen Freundinnen getestet, oder?»

      Hier mischt sich Francine kauend ein.

      «Wenn sie das täte, dann würde ich ihr ihre wunderschönen Augen auskratzen. Ohne die würde sie keine Frau auch nur mit dem Hintern ansehen.»

      Kala zieht eine Schnute.

      «Was? Bei Frauen stellst du dich so an, aber wenn ich Männern hinterherlaufe, dann ist das ok?»

      «Klar, weil ich weiß, dass du es bei denen nicht ernst meinst.»

      Ich wende mich schulterzuckend an Jerome.

      «Du siehst Jerome. Du brauchst dich lediglich in eine Frau verwandeln zu lassen, dann hast du auch Chancen bei Kala.»

      «Nein, lass mal. Ich gefalle mir als Mann ganz gut. Ich bin sicher, dass ich dich noch von meinen Qualitäten überzeugen kann.»

      Offensichtlich ist sein Interesse an Valerie doch nur vorgeschoben, das kann ja heiter werden. Ich verdrehe die Augen.

      «Sag mal Emile. Ignorieren alle Kerle das Besetzt Zeichen, selbst wenn man es ihnen mit Wucht vor die Nase knallt?»

      Emile wirft einen Seitenblick auf Jerome, der so etwas wie Bewunderung enthält.

      «Nein, nicht alle. Aber die mit einem guten Selbstbewusstsein schon.»

      Jerome schaut mich mit einem durchdringenden Blick an, in seinen Augen glitzert etwas wie wenn ein Jäger seine Beute betrachtet. Ich habe das dumpfe Gefühl, als würde ihn meine Zurückweisung eher anspornen als abschrecken.

      «Was ist das denn für ein Freund, der dich den ganzen Tag hier alleine lässt? Lasse dich doch