Thomas M Hoffmann

Blutgefährtin 2


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Nett, euch hier zu treffen. Was dagegen, wenn ich mich zu euch geselle?»

      Ich zögere einen Moment, aber Valerie nimmt mir die Entscheidung ab.

      «Natürlich nicht. Bist du neu in der Stadt?»

      Jerome zwängt sich auf einen Hocker neben uns und stellt sein Glas auf den Tisch.

      «Ja, ich bin seit etwa zwei Wochen hier vor Ort. Ich bekam diesen Club empfohlen, also dachte ich, dass ich den mal ausprobieren sollte.»

      Dann richtet er seine Aufmerksamkeit auf mich. Sein Lächeln ist irgendwie nicht zu deuten. Schon möglich, dass er es freundlich meint, aber etwas ist darin, was ich nicht verstehe.

      «Du hättest ruhig sagen können, dass du heute hier bist, Trish.»

      «Das wusste ich ja nicht, wir haben uns erst gegen Abend entschlossen, hierher zu kommen.»

      «Und Valerie ist deine Verabredung?»

      «So schwer es dir auch fallen wird, das zu verstehen, manchmal treffen sich Freundinnen einfach so ohne Männer.»

      «Wie langweilig. Was machen denn zwei Single-Frauen in diesem Club, wenn sie nicht darauf aus sind, einen netten Mann kennenzulernen?»

      Endlich habe ich die Chance, ihm das zu sagen, was ich schon heute Nachmittag hätte sagen sollen.

      «Nicht zwei, Jerome. Ich bin in festen Händen, mein Freund heißt Pierre.»

      Jeromes Lächeln vertieft sich. Die Information scheint ihn weder zu verblüffen, noch abzuschrecken.

      «So, so. War ja klar, dass eine Frau wie du schon jemand an der Hand hat. Wo ist denn dein toller Freund?»

      «In Lorgues, wo ich zuhause bin.»

      «Das heißt, du bist hier ganz allein in der Stadt? Wie traurig. Aber keine Angst, die Rettung ist nah. Könnte ich dich vielleicht zu einem Tanz auffordern?»

      Jerome lächelt mich völlig arglos an, er scheint gar nicht zu merken, wie plump ich seinen Annäherungsversuch empfinde. Er sieht ja durchaus gut aus, aber er scheint zu denken, dass eine Wochenendbeziehung bedeutet, dass man sich unter der Woche nach einer Alternative umsieht. Nun, er wird lernen müssen, dass nicht alle Frauen so sind, wie er denkt. Weil ich das Gefühl habe, dass subtil nicht so seine Art ist, entschließe ich mich dazu, deutlich zu werden.

      «Nein.»

      Wieder stört ihn meine Ablehnung nicht im Geringsten.

      «Aber ich tanze gut.»

      «Mein Freund tanzt besser.»

      Zwischen Pierre und mir hat es gefunkt, als Pierre mich damals zu einem Dorffest ausgeführt hat. Pierre ist der beste Tänzer, den ich je kennen gelernt habe, was eigentlich auch kein Wunder ist. Denn als Vampir hat er viel bessere Sinne und kann sich mit geschlossenen Augen geschmeidiger bewegen als ein Mensch bei hellem Licht. Das merkt man an seinem Gang, das merke ich im Bett, das sieht man an seiner ganzen Art, sich seiner Umwelt zu stellen und eben auch beim Tanz. Da kann dieser Jerome mit Sicherheit nicht gegen ankommen.

      «Na, wenn das nicht mal eine Herausforderung ist. Komm, wir starten gleich mit einem Vergleichstest.»

      Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte aufgestöhnt. Der ist ja hartnäckiger als eine Fliege. Hilfesuchend wende ich mich an Valerie, die unsere Unterhaltung mit gerunzelter Stirn verfolgt hat. Ich kann es Valeries Gesicht ansehen, dass sie sich darüber ärgert, dass sich Jerome zuerst an mich heranmacht. Aber das ist ja nicht meine Schuld, ich muss jetzt nur noch dafür sorgen, dass Jeromes Bemühungen in eine etwas aussichtsreichere Richtung gelenkt werden.

      «Nee, lass mal, Vergleichstest sind nicht so mein Ding. Aber Valerie hier ist sehr erfahren, was Tanzen angeht. Wie wäre es, wenn sie mal schaut, ob hinter deinen Behauptungen auch etwas steckt.»

      «Klar. Ich teste für mein Leben gern. Wie wäre es, Jerome?» meint Valerie, die ihre Chance gekommen sieht.

      Jeromes Gesicht zeigt keinerlei Reaktion, also weiß ich nicht, was in ihm vorgeht. Aber er kann jetzt nicht mehr raus aus der Nummer. Die beiden stehen auf, um zur Tanzfläche zu gehen, wobei ich sie neugierig beobachte. Seine Behauptung, er sei ein guter Tänzer, kann ich nur bestätigen. Er bewegt sich mit einer Selbstsicherheit und Eleganz, die darauf hindeutet, dass er genau weiß, wo er sich zu jedem Zeitpunkt befindet. Ich kann Valerie ansehen, wie beeindruckt sie ist, und auch ich wäre es, wenn ich nicht wüsste, dass Pierre trotzdem besser ist.

      Sieht so aus, als hätte Valerie damit ihre Ablenkung für diesen Abend gefunden. Wie ich sie kenne, wird sie in Windeseile für Jerome entflammen. Aber ich befürchte, dass das eher an den recht niedrigen Standards liegt, die Valerie vorgibt. Ich hatte schon mehrere heiße Diskussionsrunden mit ihr, in denen ich sie gefragt habe, warum sie denn nicht strenger ist mit den Kerlen, mit denen sie ein Date vereinbart. Sie sehnt sich nach einem Mann, der sie liebt, der häuslich ist, bereit, das Leben mit ihr zu gestalten und eine Vorliebe für das Landleben besitzt. Mit anderen Worten, eher niemand, den man in einem Club einer Großstadt findet

      Aber auf der anderen Seite soll dieser Jemand auch gut aussehend, interessant, geheimnisvoll und lebenslustig sein. Was die Zahl der möglichen Bewerber ziemlich reduziert. Das ist sich auch Valerie bewusst und sie löst dieses Problem, indem sie erst einmal keinerlei Bedingungen stellt. Was dazu führt, dass sie sich ständig eine blutige Nase holt.

      Ich bin mir nicht sicher, was ich von Jerome halten soll. Er hat eindeutig zuerst ein Auge in meine Richtung geworfen und sieht Valerie eher als Ersatz. Wenn das so bleibt, wäre es nicht fair Valerie gegenüber, sie hat jemand verdient, der nur sie im Blick hat. Damit scheidet Jerome als ernsthafter Kandidat definitiv aus. Aber vielleicht sieht er in mir auch nur seine Mama oder so und bemerkt bald, wie liebenswert Valerie tatsächlich ist. Dann könnte es vielleicht doch noch klappen. Aber ich glaube irgendwie nicht daran, weswegen ich mir vornehme, auf dem Weg nach Hause mit Valerie darüber zu reden.

      Als die beiden von der Tanzfläche wiederkommen, leuchten Valeries Augen begeistert und sie ist ganz außer Atem, während Jerome keinerlei Anzeichen zeigt, dass er sich angestrengt hat. Ich nicke ihm anerkennend zu.

      «Nicht schlecht. Du tanzt fast so gut wie Pierre.»

      «Fast? Das wage ich aber zu bezweifeln. Ich tanze besser, wetten?»

      «Ich wette nicht. Machst du Tanzen als Sportart?»

      «Nein, das mache ich nur ab und zu als Freizeitbeschäftigung.»

      «Ehrlich Trish. Ich kenne niemanden, der so gut tanzt, wie Jerome», mischt sich Valerie ein.

      «Das liegt nur daran, weil ich Pierre nicht verleihe und du daher noch nie mit ihm getanzt hast.»

      «Siehst du, Trish. Nur du hast den direkten Vergleich. Was zögerst du, wage doch ein Tänzchen mit mir.» mischt sich Jerome wieder dazwischen.

      Diesmal stöhne ich wirklich auf.

      «Da gibt es nichts zu wagen und die Antwort ist nein.»

      «Ich glaube, du bist dir gar nicht sicher, sonst würdest du doch auf die Wette eingehen, oder?»

      «Na klar. Und dann behauptest du auch noch, im Bett besser zu sein und ich sollte auch da einen Vergleich wagen.»

      «Jetzt, wo du es erwähnst.», sagt Jerome gedehnt.

      Ich verdrehe die Augen, der Kerl ist wirklich von sich selbst überzeugt.

      «Erzähl lieber mal ein wenig von dir. Wie bist du denn nach Bordeaux und zu deinem Studium gekommen?»

      «Da gibt es nicht viel zu erzählen. In meiner Heimat ist nicht viel los, die Aussichten für junge Leute sind schlecht und man muss Teil der Seilschaften sein, um etwas erreichen zu können. Doch da die von den Alten kontrolliert werden, bin ich weggegangen. Zuerst habe ich in verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben gejobbt, zuletzt auf einem Weingut. Das hat dann mein Interesse am Weinbau geweckt, also habe ich mich in Bordeaux eingeschrieben.»

      «Ist