Elfi Loth

6 Punkte zum Glück?


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Punkt fünf:

      Erfahrungen sammeln. Dringend nötig! Ich wollte ja nicht am Ende meines Lebens vor der Himmelstüre stehen und zugeben müssen, nur zwei Männer im Leben gehabt zu haben.

       Punkt sechs:

      Mit dem richtigen Mann und dem bis dahin, hoffentlich vorhandenen Selbstwertgefühl glücklich sein.

      Gott sei Dank musste ich mir nicht auch noch wegen meiner Figur Gedanken machen. Ich bin 164cm groß und wiege nur 52kg. Das einzig Positive an meinem Körper.

      2

      Unmittelbar danach fing ich mit meiner „Verwandlung“ an.

      Punkt eins meiner Liste wollte ich so schnell und so gut wie möglich positiv abschließen.

      Beim Frisör wartete ich trotz Termin noch eine Stunde, bevor man sich meiner annahm. Haare waschen, die Kopfmassage war so entspannend, das ich fast eingeschlafen wäre und das Shampoo roch himmlisch. Dann die Frage der Friseuse

      „Was haben Sie sich denn vorgestellt?“

      Oh je, darüber hatte ich mir leider keine genauen Gedanken gemacht. Ich wollte nur hübscher wieder raus gehen, auf jeden Fall anders, als ich hereingekommen war.

      „Ich möchte eine Typveränderung. Von klein und nichts sagend zu groß und attraktiv. Ich wünsche mir den Wow- Effekt, wenn ich nachher in den Spiegel schaue“, versuchte ich zu erklären.

      „Aha, ein Umstyling sozusagen.“, die Frisörin schaute mich an und nickte verständnisvoll.

      „Ja so ungefähr. Überraschen Sie mich.“ Ich schielte auf ihr Namensschildchen, Anita.

      Daraufhin hing die nette Anita den Spiegel zu und meinte mit einem Augenzwinkern in meine Richtung „Größer kann ich Sie leider nicht machen, wir zaubern hier nur mit den Haaren oder mit Make-up, aber ich tu mein Bestes. Lassen Sie sich überraschen.“

      Na, das war doch mal eine Ansage. Ich machte es mir auf dem Stuhl bequem und sah ein paar Zentimeter meiner langen, blondierten, dünnen Fusselhaare zu Boden fallen.

      Hoffentlich weiß sie was sie tut, und hoffentlich sehe ich nachher nicht wie eine Vogelscheuche aus. Naja, es kann nicht schlimmer werden, als es vorher war, versuchte ich mich zu beruhigen. Überraschen lassen, wenn es um die eigene Frisur geht, war wirklich nicht so einfach. Hätte ich mir doch nur Gedanken gemacht.

      Ich versuchte ihre Arbeitsschritte zu verfolgen, was ohne einen Blick in den Spiegel werfen zu können, nicht einfach war. Schade, dass ich hinten keine Augen habe. Dabei verfüge ich über ein größeres Blickfeld als „normale“ Menschen. Ich kam mit einem Augenfehler zur Welt. Auch nach zwei Operationen sieht man ihn noch. Wenigstens schielte ich nicht mehr so schlimm, wie in meiner Kindheit, aber ich hatte immer noch einen „Silberblick“. Schon sehr früh musste ich feststellen, dass meine Mutter mir all ihre schlechten Eigenschaften vererbt hatte. Augenfehler, blasse Hautfarbe, Hexennase und die dünnen, kraftlosen „blonden“ Haare. Früher waren die mal richtig blond, aber das Altern sah man leider auch meinen Haaren an. Sie wechselten ihre Farbe von weizenblond zu straßenköterblond, sodass ich sie mir immer färben musste. Wer wollte schon die gleiche Haarfarbe wie das Fell von Nachbars Struppi. Ich jedenfalls nicht!

      Meine Schwester Moni hatte da mehr Glück, viel mehr Glück. Sie hatte, vier Jahre vor meiner Geburt, die guten Gene unseres Vaters geerbt. Schönes dichtes schwarzes Haar, athletische Figur, karamellbraune Augen und eine makellose Haut. Sie brauchte nur von einem Sonnenstrahl gestreift werden und wurde knusprig braun. Wie ich sie um ihr Aussehen beneidete! Und das Beste, egal was sie anstellte, sie blieb als Septembergeborene immer Jungfrau.

      Anita tupfte etwas Nasses auf meinen Haaransatz. Farbe? Ich versuchte mich zu entspannen und ließ meine Friseuse ihre Arbeit machen.

      Zwei Stunden später war ich fertig. Anita hatte mich sogar noch geschminkt und mir ein paar Tipps gegeben, wie ich das Beste aus meinem Typ herausholen könnte. Dass ich nicht lache, hatte ich alles schon versucht. Sie trat an den Spiegel heran und lächelte.

      „Na bereit?“

      Noch ehe ich antworten konnte, zog sie mit einem Ruck den Stoff herunter und ich blickte in den Spiegel. Doch wer schaute mir da so skeptisch entgegen? Ich drehte mich um und sah hinter mich. Da war niemand. Sollte das wirklich ich im Spiegel sein? Meine Haare waren wieder so weizenblond, wie in meiner Kindheit. Sie sahen voluminöser aus und fielen mir in sanften Wellen über meine Schultern. Wow! Und meine Augen, meine blauen Augen strahlten ja richtig. Was man mit Schminke alles machen kann! Wow! Auf meinen Lippen glänzte zartrosa Lipgloss und in meinem Gesicht war, dank eines Hauches Make-up, nicht ein Mitesser oder Pickelchen zu sehen. Ich kam mir vor, als wäre ich eben einem Versandhauskatalog entstiegen. Noch mal wow!

      Ich war völlig sprachlos und konnte mich an diesem Spiegelbild nicht sattsehen. Wo war mein unscheinbares, hässliches Ich geblieben?

      Die können hier wirklich zaubern, dachte ich, als ich wie auf Wolken zum Bezahlen schwebte.

      „Hundertfünfundvierzig Euro bitte“, hörte ich Anita sagen und war mit einem Schlag wieder in der harten Realität. Was? Ich musste mich verhört haben!

      „Wie viel?“, fragte ich noch einmal nach.

      „Hundertfünfundvierzig Euro bitte, Schönheit hat ihren Preis“, erklärte Anita und lächelte mich vielsagend an.

      War ich zufällig bei einem Promifrisör gelandet? So viel Geld hatte ich nicht bei mir. Wie konnte ich auch ahnen, dass meine Verwandlung so teuer sein würde.

      Ich zahlte mit meiner EC-Karte, warf einen letzten Blick in den Spiegel, und verließ den Laden. Wenigstens hielt mein neues Aussehen der harten Wirklichkeit stand. Ob ich mir diesen Laden noch einmal leisten könnte?

      3

      Eigentlich wollte ich heute noch neue Klamotten kaufen, aber nun hatte ich mein Konto geplündert und musste warten, bis das nächste Gehalt überwiesen würde.

      Ich machte mich auf den Heimweg und überlegte, was Peter wohl zu meiner neuen Frisur sagen würde. Ob der mich überhaupt erkannte? Wenn ich nicht wüsste, dass ich es war, ich würde mich ja selber nicht erkennen.

      Ein Liedchen vor mich her summend, schloss ich die Wohnungstür auf und stolperte über Peters Klamotten. Was machte der Kerl nur den ganzen Tag? Warum konnte er nicht einmal seine schmutzigen Kleidungsstücke in den Wäschepuff schmeißen? Alle zwei Meter hob ich ein Teil vom Boden auf. Stinkende Socken, ein schmutziges T-Shirt, sogar seine Boxershorts, die er gestern anhatte, begegneten mir am Garderobenhaken. Das konnte doch nicht wahr sein!

      Auf dem Weg ins Wohnzimmer fand ich noch eine leere Packung Fleischsalat, zwei leere Joghurtbecher und ein paar Bierflaschen, die einsam auf dem Boden lagen.

      Jetzt reichte es mir! Ich hatte die Schnauze gestrichen voll.

      Peter lag wie immer mit strähnigen Haaren auf meinem Sofa und sah fern, natürlich mit einem Bier in der Hand. Ich konnte seinen Anblick einfach nicht mehr ertragen. Schon, wenn ich ihm beim Essen zusah, wurde mir schlecht. Er aß nicht, er fraß und schaufelte alles in sich hinein, egal wie lange ich für die Zubereitung gebraucht hatte. Dabei schmatzte er ekelerregend vor sich hin, sodass ich mir genau vorstellen konnte, wie das Essen in seinem Mund, vom Speichel durchtränkt, zerkleinert wurde. Wenn ich nur dran dachte, grauste es mir.

      Ich warf ihm seine Klamotten hin und schrie ihn an.

      „Sag mal geht’s noch? Was machst du den ganzen Tag?“

      „Na siehste doch, ich sehe fern“, gab er mir pampig, ohne überhaupt in meine Richtung zu sehen, zur Antwort. „Ich hab ja sonst nichts zu tun.“

      Der Typ brachte mich auf die Palme.

      „Nichts zu tun? Wie das hier aussieht, schlimmer als bei Hempels unterm Sofa. Der Müll versucht