Elfi Loth

6 Punkte zum Glück?


Скачать книгу

attraktiv auszusehen, schlief ich ein.

      5

      Shoppen bei Moni im Laden machte mir immer riesigen Spaß. Meine große Schwester arbeitete in einem Klamottenladen. Sie drückte mir ein paar Teile, die sie schon mal für mich ausgesucht hatte, in den Arm und ich verschwand in der Umkleidekabine. Ich probierte mich durch Kleider, Overalls und jede Menge Oberteile. Alles voll im Trend, die neueste Mode sozusagen. Ich konnte Klamotten anprobieren, die noch nicht mal im Laden hingen. Das gefiel mir und ich lief nicht Gefahr, morgen, an unserem Samstag, jemand mit dem gleichen Outfit zu begegnen. Das hasste ich am meisten. Passiert war mir das leider auch schon. Ich wusste, wie sich das anfühlte.

      Da stand ich nichts ahnend an der Bushaltestelle und wartete auf den Bus, als doch tatsächlich ein Mädchen mit den gleichen Klamotten um die Ecke bog. Sie hatte nicht nur dieselbe Hose und dieselbe Jacke. Nein, sogar die weißen Turnschuhe waren genau dieselben, die ich anhatte. Danach war mir der Bus egal. Ich ging nach Hause und zog mich um, bevor ich mich mit anderen Klamotten wieder an die Bushaltestelle begab und auf den nächsten Bus wartete.

      Moni würde die neue Lieferung heute nicht mehr in den Laden hängen, und damit lief ich auch nicht Gefahr, mich noch einmal so einer peinlichen Situation aussetzen zu müssen. Das passierte mir nicht mehr!

      Die Sachen, die meine Schwester für mich ausgesucht hatte, waren toll, aber nicht toll genug. Für Samstag brauchte ich was richtig Elegantes. Schließlich wollte ich ja meinen derzeitigen Marktwert testen. Jedes Teil, das ich anprobierte, musste ich Moni vorführen. Ich hatte schon langsam keine Lust mehr mich durch die Klamottenberge zu wühlen, als ich mit einem engen, figurbetonten, feuerroten Kleid aus der Kabine trat, mich vor Moni im Kreis drehte und wieder ihr Kopfschütteln sah.

      „Das geht auf keinen Fall. Da fehlt nur noch die rote Handtasche und die Männer stecken dir Geld zu.“

      Geld konnte man ja immer gebrauchen, aber auf diese Art und Weise wollte ich dann lieber doch nicht reich werden. Außerdem musste ich in diesem Kleid auf jede Bewegung aufpassen. Ich hatte das Gefühl, dass der Stoff bei der kleinsten falschen Bewegung über meinem Hintern reißen würde. Eindeutig zu eng.

      „Ach Moni, das ist doch hoffnungslos. Hast du nicht was Anderes? Was Schwarzes, Edles, Langes?“

      Hoffnungsvoll sah ich meine Schwester an. Sie überlegte kurz, verschwand hinten im Lager und kam mit einem schwarzen Overall über dem Arm wieder.

      „Der gehört auch zur neuen Kollektion, aber eigentlich wollte ich den für mich. Probiere ihn halt an und wenn er passt, kannst du ihn morgen anziehen. Aber nur morgen verstanden?“ Was machte die denn plötzlich für ein Theater wegen eines Overalls? Moni hatte den ganzen Schrank voll toller Sachen, ich nicht! Sie bekam sie ja auch billiger und sogar in ihrem Arbeitsvertrag stand, dass sie bei der Arbeit, nur die Klamotten aus dem Laden anzuziehen hatte. Das war Verkaufspolitik. So sah die Kundin gleich, wie ein Oberteil oder eine Hose, bei entsprechender Figur, aussehen könnte. Toller Job, den hätte ich auch gerne. Stattdessen stank ich jeden Tag nach Wurst und Fleisch.

      Wenn Moni den Overall für sich wollte, konnte er nur was Besonderes sein.

      Ich verschwand mit dem schwarzen Overall in der Umkleidekabine und betrachtete das Schmuckstück eingehend. Das Oberteil war ärmellos mit V Ausschnitt und wurde vorne mit ein paar zarten kleinen Knöpfchen geschlossen. Die Taille war eng anliegend, aber hinten mit einem Band zu regulieren. Die Hosenbeine waren kurz, aber von der Taille abwärts war hauchdünner, durchsichtiger Tüll angenäht, der bis zum Boden reichte. Am rechten Bein war er geschlitzt. Ehrfürchtig zog ich den Overall an. Es überraschte mich, wie gut er sich an meinen Körper schmiegte. Der elastische Stoff erleichterte das Anziehen. Dieses Teil war wie für mich gemacht. Ja, den wollte ich morgen tragen. Ich trat strahlend aus der Kabine heraus und Moni sah mich erstaunt an.

      „Mensch Süße, der passt dir ja wie angegossen!“

      Sie schien wirklich überrascht zu sein und ich drehte mich noch einmal um die eigene Achse.

      „Aber denk dran, nur für morgen.“

      Da hatte ich endlich mal etwas an, in dem ich mir schön vorkam, sogar ein tolles Dekolleté hatte ich, und meine Schwester wollte es mir morgen wieder wegnehmen?

      „Ach Moni, komm schon, so was Schönes hatte ich noch nie. Überlasse es mir, bitte“, bettelte ich meine Schwester an, doch sie war nicht zu erweichen.

      „Nur für morgen!“

      Schmollend verschwand ich wieder in der Umkleidekabine. Da würde ich mir etwas einfallen lassen müssen, um Moni umzustimmen. Ich wollte den Overall nicht mehr hergeben, da war ich mir sicher.

      6

      Samstagabend. Ich stand gerade unter der Dusche, als es heftig an der Wohnungstür klopfte. Mist, wer sollte das denn jetzt sein? Mit meiner Kuhflecken Duschhaube auf dem Kopf stieg ich eilig aus der Wanne, wickelte mir ein Handtuch um meinen nassen Körper und öffnete die Tür. Eigentlich erwartete ich heute nur Moni, die mich zu unserem Discobesuch abholen wollte. Umso erstaunter war ich, als Peter vor der Tür stand. Ich wollte die Tür wieder zudrücken, doch er hatte bereits seinen Fuß in den Flur geschoben.

      „Was willst du?“, fragte ich ihn unhöflich.

      „Was ich will? Das war doch vorgestern nicht dein Ernst, Ina. Ich dachte, wenn ich mich zwei Tage nicht bei dir melde, merkst du schon, dass du mich brauchst.“

      Der Typ hatte Nerven! Ich wollte heute ausgehen und musste mir noch die Beine rasieren, und da steht der da und meint, ich brauche ihn? Nee mein Lieber, der Zug ist abgefahren.

      „Peter, das war mein voller Ernst. Es ist aus, ich ertrage dich und deine stinkenden Klamotten nicht mehr. Verschwinde.“

      Ich öffnete die Wohnungstür weiter und versuchte ihn in Richtung der offenen Tür zu dirigieren.

      „Ach, packen brauchst du auch nicht mehr. Das habe ich schon für dich erledigt.“ Kampfeslustig funkelte ich ihn an, aber er machte keine Anstalten zu gehen.

      „Dann gib mir meine Sachen. Ich werde ein paar Tage bei meinen Eltern wohnen. Ruf mich an, wenn du dich wieder beruhigt hast.“

      „Ich bin ganz ruhig und deine Sachen liegen hinten unter dem Balkon auf der Wiese.“

      Jetzt schaute Peter mich ungläubig an und wedelte mit seiner Hand vor seinem Gesicht.

      „Spinnst du? Bist du jetzt total durchgeknallt?“, fragte er, bevor er sich auf die Suche nach seinen Klamotten machte und somit endlich, ziemlich aufgebracht, meine Wohnung verließ. Mensch, der war ja richtig wütend, dabei hatte ich geglaubt, den könnte nichts aus der Ruhe bringen.

      Schadenfroh verschwand ich wieder in meinem Bad, um mir endlich die Beine zu rasieren. Ich hatte noch so viel zu tun und musste mich ohnehin sehr beeilen. Wenn Moni kam, um mich abzuholen, wollte ich fertig sein.

      Frisch rasiert, am ganzen Körper eingecremt und fertig geschminkt, zog ich das Schmuckstück von Overall an. Fantastisch, wie der sich auf meiner Haut anfühlt, dachte ich und schlüpfte in hochhackige, schwarze Pumps. Ich trat vor meinen Spiegel und sah mich von allen Seiten ganz genau an. Eine tolle Frau lachte mir entgegen, kein Vergleich zu der farblosen Person, die mir noch vor zwei Wochen aus meinem Spiegel entgegen sah. Ich hatte wirklich meinen Typ verändert und Anitas Schminktipps waren Gold wert. Zwar brauchte ich jetzt viel länger als vorher im Bad, um mich aufzuhübschen, aber das war es mir wert. Wer schön sein will, braucht Zeit … und Geld!

      „Ina, du siehst toll aus. Heute ist dein Tag“, sagte ich zu mir, um mir Mut zuzusprechen und fühlte mich großartig.

      Kurze Zeit später hupte Moni vor dem Haus. Als sie mich sah, fiel ihr die Kinnlade herunter.

      „Ina? Mensch du siehst Klasse aus“, sagte sie mit staunendem Gesichtsausdruck zu mir. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.

      „Moni, der Overall