Elfi Loth

6 Punkte zum Glück?


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Explodieren.

      „Steh auf, du hast was zu tun“, schnauzte ich ihn an. Ich war auf 180!

      „Du packst jetzt deine Klamotten und verschwindest, auf der Stelle!“, schrie ich vor Wut.

      Ganz verdattert stand Peter auf. So was war er von mir nicht gewöhnt. Er sah mich mit offenem Mund an, als wäre ich eine andere Person, flüchtete in den Flur und knallte die Wohnungstür hinter sich zu. Seinen Wohnungsschlüssel hatte er in der Eile am Schlüsselbrett vergessen. Das kam mir sehr gelegen. Ich ging ins Schlafzimmer, riss die Türen meines Kleiderschrankes weit auf und zerrte alle seine Klamotten raus. Aus dem Schuhschrank fischte ich noch seine zwei Paar müffelnden Käselatschen, ging mit dem ganzen Kram auf den Balkon, und ließ es Klamotten und Schuhe regnen. Fasziniert sah ich den zu Boden segelnden Kleidungsstücken hinterher und mit jedem Stück, das ich flattern ließ, verflog auch ein Teil meiner angestauten Wut. Danach ging es mir besser. Ich fühlte mich befreit und konnte endlich wieder durchatmen, während ich meine Wohnung aufräumte und putzte, um die letzten Spuren von Peter zu beseitigen. Das war schon lange fällig gewesen. Irgendwie war ich stolz auf mich, diesen Schritt endlich gemacht zu haben. Ich stellte die Klingel aus und zog den Telefonstecker. Der Typ nervte mich heute nicht mehr!

      Da hatte ich doch glatt Punkt zwei, mich von unnötigem Ballast zu befreien, der einem nur die Zeit raubt, schon hinter mich gebracht! Dabei war Punkt eins noch gar nicht vollständig erledigt. So schnell konnte es gehen und ich war froh diesen Schmarotzer endlich los zu sein. Es hatte noch nicht einmal wehgetan! Ich war wieder frei.

      4

      Am Abend kam Moni mit einer Flasche Sekt zu Besuch. Als ich die Tür öffnete, fragte sie nach mir. Mit einem Lächeln hielt ich ihr die Tür weit auf.

      „Hey Moni, ich bin`s doch. Erkennst du deine eigene Schwester nicht? Komm rein, wir haben was zu feiern“, begrüßte ich meine große Schwester.

      „Ach ja? Was denn? Was hast du mit meiner Schwester gemacht und warum sieht es heute hier so ordentlich aus?“

      Sie staunte über meine Verwandlung und machte gleich ein Foto von mir. Wenigstens bewunderte mich heute doch noch jemand.

      „Wo ist Peter der Stinker?“ Suchend sah sie sich um.

      „Hast du den im Schrank versteckt?“

      Bei dem Gedanken musste ich lächeln.

      „Nein, viel besser“, ich zerrte sie zum Balkon und zeigte nach unten.

      „Ich habe ihn heute rausgeschmissen, gleich, als ich vom Frisör nach Hause gekommen bin“, erklärte ich stolz.

      „Ina, da unten liegt ein ganzer Haufen Klamotten. Du hast doch nicht ...?“

      „Doch, genau das habe ich. Das da unten sind Peters Klamotten. Als ich ihm sagte, er soll packen und ausziehen, ist er geflüchtet. Ich glaube, der hat mich nicht mal richtig angesehen, so erschrocken war er. Zum Glück hat er den Wohnungsschlüssel dagelassen, sonst hätte ich noch ein neues Schloss einbauen müssen.“

      „Na du traust dich was. Hut ab! Was ist denn mit dir passiert? So kenne ich dich gar nicht. Hab mich sowieso schon gewundert, dass du es so lange mit ihm ausgehalten hast.“

      „Haha, das sagt die Richtige! Wer ist denn seit 8 Jahren mit einem Loser verheiratet?“

      Moni sah zwar Top aus, aber bei der Auswahl ihres Ehemannes, hatte sie wirklich ordentlich daneben gegriffen. Das Sprichwort „Liebe macht blind, traf bei ihr zu 100 Prozent zu. Ich höre sie heute noch sagen: „Der Steffen, das ist der Richtige, der ist gut im Bett. Das kannst du dir nicht vorstellen, und der liebt mich wirklich.“ Nach der zweiten Woche war Moni schon schwanger und nach 4 Monaten hat sie ihren Steffen geheiratet. Mit zwanzig ist man eben noch sehr naiv und glaubt an die große Liebe. Da wollte man die Warnungen der Anderen nicht hören. Bloß nicht mal über den Rand der rosaroten Wolke blicken. Was nützt einem gutes Aussehen, und Steffen sah mindestens so gut aus wie Moni, wenn der Kerl auch nur leere Versprechungen machte und nichts so wurde, wie sie es geplant hatten. Nach acht Jahren Ehe hatten die nicht mal mehr Sex miteinander.

      „Ja, du hast ja Recht“, pflichtete Moni mir bei, „aber was soll ich denn machen? Um Lukas kümmert Steffen sich gut, da kann man nichts sagen. Lukas hängt an seinem Vater.“

      „Den nimmt ihm ja auch keiner weg. Steffen wird immer Lukas Vater sein, aber dir ginge es bestimmt besser ohne ihn. Sieh mich an, seit ich Peter den Laufpass gegeben habe, fühle ich mich befreit.“

      Und das war erst ein paar Stunden her!

      Ich stellte meinen Laptop auf den Tisch und zeigte meiner Schwester, die Liste zu meinem neuen Ich.

      Moni las aufmerksam.

      „Punkt drei, vier, und fünf machen wir gemeinsam, aber willst du dir Punkt sechs wirklich antun?“

      „Nicht sofort, aber irgendwann schon. Der steht nicht umsonst an letzter Stelle. Wichtiger ist mir im Moment mein Selbstwertgefühl. Kommst du mit mir Klamotten einkaufen?“

      „Na klar. Morgen Nachmittag? Komm bei mir im Laden vorbei. Wir haben gestern eine neue Lieferung mit wirklich heißen Teilen bekommen.“

      „Okay, so machen wir es, Prost.“ Unsere Gläser klirrten leise, als sie aneinander stießen. „Auf Peter und seine Flucht, auf Anita die Friseuse, die zaubern kann und auf uns.“

      Heute gefiel ich mir zum ersten Mal so, wie ich war, na gut, der Jogginganzug, den ich zu Hause immer anhatte, konnte auch mal ein Neuer werden. Was soll’s, so sah mich ja keiner und Moni war den Anblick gewöhnt. Ich saß hier mit meiner einzigen Lieblingsschwester, trank Sekt und fühlte mich sauwohl.

      Monis Handy klingelte. Ich hörte schon am Klingelton - ein bekannter Titel von Tic Tac Toe - dass es Steffen war. Was wollte der denn? Konnte man nicht mal in aller Ruhe mit seiner Schwester ein Glas Sekt trinken? Die Flasche war noch nicht leer!

      Moni sprang auf, schnappte sich ihre Jacke und sah mich entschuldigend an.

      „Sorry Süße, Steffen hat Hunger, ich muss heim.“

      „Kann der sich nicht mal selber ein Brot schmieren? Putzt du ihm auch den Hintern ab?“ Steffen gehörte zu den Männern, die vor einem gefüllten Kühlschrank verhungern würden, wenn ihnen keiner was zu essen machte.

      „Tut mir wirklich leid Süße, bis morgen Nachmittag bei mir im Laden. Tschüss.“ Moni drückte mich kurz an sich, gab mir ein Küsschen auf die Wange und schon war sie verschwunden.

      Warum ließ sie sich von Steffen nur so behandeln? Moni fehlte es doch noch nie an Selbstbewusstsein. Sie wusste schon immer, wie sie auf andere wirkte. Ich glaube, sie versucht aus der Situation das Beste zu machen, damit Steffen keinen Grund findet, sie am Wochenende nicht mit mir ausgehen zu lassen. Mit diesem Mann würde ich durchdrehen, aber zum Glück spielte sie Tennis, um sich so richtig auszupowern und sich vom trüben Ehealltag abzulenken.

      Was mache ich mit der halbvollen Sektflasche? Zum Wegschütten war der gute Asti einfach zu schade. Ich warf einen Blick auf meine Liste zum neuen Ich. Punkt eins musste noch abgearbeitet werden. Fehlten noch die Ganzkörperanalyse und der tägliche Blick in den Spiegel.

      Ich schnappte mir die Sektflasche und ging ins Schlafzimmer. Vor meinem Kleiderschrank zog ich den Jogginganzug aus, nahm noch einen kräftigen Schluck Blubberwasser aus der Flasche und betrachtete mich kritisch im Spiegel meines großen, jetzt fast leeren Schrankes. Peter fehlte mir kein bisschen. Ich hätte ihn schon viel eher raus werfen sollen, dachte ich und betrachtete mich eingehend von allen Seiten. Hm, die Frisur passte, das Make-up war auch noch intakt, meine Augen strahlten immer noch, aber das konnte auch vom Sekt kommen. Soweit, so gut. Ich schaute tiefer. Meine Brüste, auch okay. Die Schwerkraft konnte ihnen noch nichts anhaben. Bauch, Beine, Po, alles gut, bis auf die Cellulite am Oberschenkel. Ich trank noch einen Schluck und kam zu dem Schluss, dass ich doch eigentlich gar nicht so übel aussah. Aber für Komplimente an mich selbst, war ich heute eindeutig zu müde und langsam auch zu beschwipst. Ich hätte nicht