T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten


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bedeutendsten seien hier genannt die Sammlung von

       H e l i C h a t e l a i n über die A m b u n d u ,

       B ü t t n e r , T a y l o r , S t e e r e über die S u a -

       h e l i , S c h ö n über die H a u s s a , S c h l e n k -

       k e r über die T e m n e , C h r i s t a l l e r über die

       T s h w i , C a l l a w a y über die S u l u , M c A l l

       T h e a l über die K a f f e r n , K o e l l e über die

       B o r n u , B l e e k über die H o t t e n t o t t e n etc.

       Kleinere Mitteilungen finden sich noch hier und da in

       Wörterbüchern, Grammatiken und Zeitschriften versteckt.

       Im ganzen ist es noch sehr wenig, was gesammelt

       worden ist; viel unveröffentlichtes Material habe

       ich selbst noch in der Hand. Aus all diesem habe ich

       das Charakteristischste und Interessanteste ausgewählt

       und in diesem Werkchen vereinigt.

       Vergleicht man alles, was von der afrikanischen

       Volkslitteratur bisher bekannt geworden ist, untereinander

       und mit den Erzeugnissen der Volkslitteratur

       anderer Völker, so gelangt man zu folgenden Schlüssen,

       die ich nicht besser formulieren kann, als Heli

       Chatelain in seinem vorzüglichen Werke: Folk-Tales

       of Angola, es gethan hat:

       1. Viele Mythen, beliebte Typen oder Charaktere

       und besondere Vorfälle, die man universal genannt

       hat, weil sie unter so vielen Völkern vorkommen, finden

       sich auch in Afrika vom atlantischen bis zum indischen

       Ocean. Die afrikanische Volkslitteratur ist

       nicht ein Baum für sich, sondern ein Zweig eines

       Weltbaumes.

       2. Die afrikanische Volkslitteratur ist besonders

       reich an Tierfabeln.

       3. Für sich betrachtet, erscheint die Litteratur der

       Bantu-Völker (siehe unten) auffallend homogen und

       eng zusammenhängend, die entferntesten Stämme zeigen

       oft mehr Übereinstimmung oder Ähnlichkeit in

       Einzelheiten als benachbarte.

       4. Nach Ausmerzung der mit dem Islam verknüpften

       Elemente erscheint auch die Volkslitteratur der

       Sudanneger als wesentlich der der Bantu gleichartig.

       5. Die mythologischen und abergläubischen Vorstellungen

       der verschiedenen Stämme lassen sich

       leicht auf einen gemeinsamen Urtypus zurückführen,

       der den entsprechenden Vorstellungen der Arier und

       anderer größerer Völkerfamilien sehr nahe zu stehen

       scheint.

       Aus diesen wenigen Sätzen geht schon hervor, wie

       wichtig das Studium der afrikanischen Volkslitteratur

       für die Aufhellung des ursprünglichen Verhältnisses

       der verschiedenen großen Völkerrassen zu einander

       zu werden vermag. Ich kann das hier nicht weiter ausführen.

       Dagegen wird es nötig sein, noch einen Blick auf

       die Gruppierung der verschiedenen afrikanischen

       V ö l k e r s c h a f t e n zu werfen, von denen im folgenden

       die Rede sein soll, sowie auf die verschiedenen

       S p r a c h e n , in welche die afrikanische Volkslitteratur

       gefaßt ist.

       Die Bevölkerung des afrikanischen Kontinents ist

       durchaus nicht durchweg gleichförmig weder im körperlichen

       Habitus, noch in den sprachlichen Verhältnissen.

       Ich sehe dabei von vornherein von den in historischer

       Zeit eingewanderten S e m i t e n ab, hauptsächlich

       A r a b e r n , die ganz Nordafrika überzogen

       und den Islam und die arabische Sprache als Spuren

       ihres Eindringens zurückließen. Auch in anderen Teilen

       Afrikas haben die Araber großen Einfluß ausgeübt,

       an der deutschen Ostküste beispielsweise eine

       Mischrasse, die S u a h e l i , hervorgerufen und den

       Handel durch ganz Centralafrika lange Zeit hindurch

       monopolisiert. Selbst in so weit im Innern und nach

       Westen gelegenen Sprachen wie dem Haussa und dem

       Kanuri (Sprache der Bornu-Neger) findet man zahlreiche

       arabische Fremdwörter eingebürgert.

       Andere s e m i t i s c h e Völkerschaften, die schon

       vor den Arabern eingewandert zu sein scheinen, wohnen

       in Abessynien, wo heute mehrere semitische

       Sprachen gesprochen werden. Das alte Gées, das früher

       in Abessynien gesprochen wurde, gehört heute zu

       den toten Sprachen; die heutigen abessynischen Sprachen,

       wie das T i g r e , das Amharische, das Harari

       u.s.w. sind Töchtersprachen des Gées.

       Den semitischen Völkerschaften scheinen die sogenannten

       h a m i t i s c h e n Völker Afrikas verwandt

       zu sein. Manche Zeichen deuten darauf hin, daß diese

       Völkerschaften gleichfalls aus Asien, lange vor den

       Semiten eingewandert sind. Die jüngsten Einwanderer

       scheinen die alten Ägypter gewesen zu sein. Die hamitischen

       Völker haben den ganzen Nordosten Afrikas

       in Beschlag genommen, doch sind einige Stämme

       auch in westlichere Gegenden vorgedrungen, wie die

       bekannten T u ā r e k . Nach ihrem körperlichen Habitus

       bieten sie im Durchschnitt das folgende Bild dar:

       lichtbraune Haut, schmale Gesichter, schmale, lange

       Nasen, längliche Kopfbildung, geringer Prognathismus

       und leicht gewelltes schlichtes Kopfhaar. Ihre

       Sprachen gehören unter sich eng zusammen und zeigen

       mehr Berührungspunkte mit den Semiten als mit

       andern afrikanischen Völkerschaften. Manche Hamiten

       haben indessen heute andere, nichthamitische

       Sprachen angenommen. Es ist nämlich durchaus nicht

       anzunehmen, daß sich somatische und sprachliche Zu-

       gehörigkeit stets und unter allen Umständen decken

       müßten. Wenn dies auch meist der Fall ist, so gehören

       doch Ausnahmen nicht zu den Seltenheiten. Eine

       solche Ausnahme sind z.B. die M a s s a i , die in den

       nördlichen Teilen unseres deutsch-ostafrikanischen

       Schutzgebietes wohnen und ihren körperlichen Eigenschaften

       nach ganz