T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten


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werden müssen, während sie eine Sprache

       haben, die vielmehr gewissen Mischnegersprachen

       (s.u.) verwandt zu sein scheint. Weder die Ethnographie

       noch die Linguistik haben bisher vermocht, die

       verwandtschaftlichen Beziehungen der verschiedenen

       afrikanischen Völkerschaften auf ihren Gebieten in

       jedem einzelnen Falle festzustellen. Beide Wissenschaften

       haben kaum erst gewisse große Grundlinien

       festgelegt. Da es sich in diesem Buche um litterarische,

       d.h. in S p r a c h e gefaßte Erzeugnisse des

       Menschengeistes handelt, so will ich bei der folgenden

       Übersicht auch die bisher gewonnene s p r a c h -

       l i c h e Einteilung zu Grunde legen.

       Danach gehören zu den hamitischen Völkern

       I. Die Ä g y p t e r . Die altägyptische Sprache ist

       ausgestorben.

       II. Die L i b y e r . Hierher gehören einige Völkerschaften:

       a) in der Oase S i w a (einst des Jupiter Ammon)

       und der Oase D j a l o (Audjila); an einigen Stellen in

       T r i p o l i und T u n i s .

       b) in A l g i e r , von Nachkommen der alten N u -

       m i d i e r , gewöhnlich B e r b e r (Fremdsprachige),

       auch M a u r e n genannt. Von ihren zwei Millionen

       sprechen etwa 3/4 Millionen K a b ā i l (dieser Name

       ist übrigens nur die Mehrheitsform des arabischen

       Kabīleh, d.h. Stamm, die Franzosen aber brauchen

       Kabyle als Volksbezeichnung) die übrigen 5/4 Millionen

       sprechen daneben oder ausschließlich a r a -

       b i s c h , wie außer ihnen 1/2 Millionen Einwohner

       arabischer Abkunft. Von Kabail werden acht Mundarten

       genannt, darunter S u ā w e , zwischen Algier und

       Constantine am Meer. Reste vom Lateinischen und

       Vandalischen finden sich in Mundarten der Bergbewohner,

       auch Spuren ihres einstigen Christenglaubens.

       c) In M a r o k k o , dem alten Mauretania, woher

       der Name »Maure« und »Mohr« eigentlich stammt,

       wird S c h i l h a gesprochen am Mittelmeer (z.B. von

       den Rif-Piraten oder seeräuberischen Uferbewohnern,

       Rif = ripa, Ufer), ferner im Inlande und in dem Küstenstreifen

       von Mogador bis zum Wendekreis.

       d) In einem südlichen Streifen inland vom Wendekreis

       bis zum mittleren Senegal, auch dem unteren Senegal

       entlang bis zum Meer wird das S e n a g a (Zénaga)

       gesprochen.

       e) In dem weiten W ü s t e n g e b i e t e im S. von

       Algier und Tunis bis über den mittleren Niger und in

       die Nähe des Tsadsees wird gesprochen das T a -

       m ā s h e k der Imōshagh (Einzahl: Amashigh), denen

       die Araber den Namen Tuārek geben. Besondere

       Mundarten sind die von G h a d a m e s und G h a t ,

       den westlichsten Punkten von Tripoli und Fesān.6

       III. Die K u s c h i t e n . Diese Völker zerfallen

       nach ihren Sprachen in zwei große Gruppen.

       A. Völker mit n i e d e r k u s c h i t i s c h e n Sprachen

       und zwar

       a) die B e d j a oder B i s c h a r i (Mohammedaner),

       zwischen dem Nil und dem roten Meer von

       Keneh und Kosseir an bis etwa zum 15.° nördl. Breite.

       (Dialekte: Ababde, Hadendoa, Beni Amir, Hallenga.)

       b) die S a h o und A f a r (Danākil) zwischen dem

       abessynischen Gebirgslande und dem roten Meere.

       c) die S ó m a l (Einzahl: S o m a ā l i ) und die

       G a l l a (auch Oroma), die ersten am Golf von Aden

       und von da an der afrikanischen Küste nach Süden bis

       zum Äquator, die letzteren westlich davon im Hinterlande

       lebend. Die Somal sind Mohammedaner, die

       Galla meist Heiden.

       B. V ö l k e r m i t h o c h k u s c h i t i s c h e n

       S p r a c h e n .

       a) die K u n á m a und B a r é a (Heiden), die

       B i l i n oder B o g o s (Mohammedaner) im W. und

       N. der abessynischen Provinz Tigre.

       b) die A g a u und F á l a s c h a (teils Heiden, teils

       Juden und Christen) zwischen Tigre und Amhara und

       im W. von Amhara.

       c) die Kasa u.a. im S. von Abessynien.

       Ob die H o t t e n t o t t e n und die B u s c h m ä n -

       n e r (in Südwestafrika) gleichfalls zu den Hamiten zu

       rechnen sind, steht nicht fest; trotz mancher verwandten

       Züge, zeigen sie doch auch sehr viel Divergierendes,

       den andern Afrikanern stehen sie allerdings noch

       ferner; ich führe sie daher auch hier mit auf.

       Im Gegensatz zur hamitischen Gruppe stehen die

       eigentlichen Neger, die sogenannten B a n t u - V ö l -

       k e r , welche den ganzen Kontinent südlich vom

       Äquator einnehmen. Auch sie werden durch gemeinsame,

       von den Hamiten abweichende Körperbildung

       und nahverwandte Sprachen zusammengeschlossen.

       Die Bantuneger zerfallen in viele Hunderte verschiedener

       Stämme, deren Sprachen untereinander bei

       aller Verwandtschaft größere Unterschiede zeigen, als

       beispielsweise Deutsch und Englisch. Die genealogischen

       Verhältnisse dieser Stämme zu einander sind

       noch so wenig aufgeklärt, daß für ihre Einteilung geographische

       Gesichtspunkte in Betracht kommen müssen.

       Nur einige Hauptstämme können hier aufgeführt

       werden, wobei besonders diejenigen berücksichtigt

       sind, von deren Litteratur unten Proben mitgeteilt

       werden:

       I. W e s t l i c h e B a n t u - V ö l k e r .

       a) die H e r e r o in Deutsch-Südwestafrika.

       b) die M b u n d u in Angola.

       c) die D u a l l a in Deutsch-Kamerun.

       II. Ö s t l i c h e B a n t u - V ö l k e r :

       a) die P o k o m o am unteren Tana in Britisch-

       Ostafrika.

       b) die S c h a m b ā l a und B o n d e ï in der

       Nordostecke des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebietes.

       c) die G a n d a nördlich vom Viktoriasee in

       Uganda.