T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten


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Akuko mpukane inqakulela enye.

       Eine Fliege sorgt nicht für die andere.

       Izinto azimutaka Ngqika zonke.

       Nicht jeder ist Gaikas Sohn. (Gaika war der bedeutendste

       und vom Glück begünstigste Häuptling in

       Südafrika im Anfange des 19. Jahrhunderts.)

       Indonga ziwelene.

       Mauern kämpfen miteinander.

       Akuko ramnewa lingagqimiyo kowalo umseuma.

       Jedes Tier schreit in seiner Höhle. (Jeder ist Herr in

       seinem Hause.)

       Yimbabala yolwantunge.

       Er ist ein Bock in einem endlosen Walde. (Er

       bleibt nicht stetig bei einer Arbeit.)

       Sprichwörter der Zulu.

       Aku 'ndhlela ingayi 'kaya.

       Alle Wege führen nach Haus.

       Wolibamba lingatshoni.

       Wirke, so lange es Zeit ist.

       Inhlanzi itshelwa ng 'amanzi.

       Der Fisch sitzt auf dem Trockenen.

       Zuluschlummerlied.

       Tula mtwana!

       unyoko kalimanga;

       walibala innqoba,

       innqoba is 'ematsheni.

       Kindlein, laß das Schreien sein,

       Mutter wird hübsch bleiben;

       Brachte gestern Wurzeln heim,

       Wird sie heut' zerreiben.

       A. Seidel

       Geschichten und Lieder der Afrikaner

       Sr. Hoheit dem Herzog

       Johann Albrecht zu Mecklenburg

       Präsidenten

       der Deutschen Kolonialgesellschaft

       in tiefster Ehrerbietung

       gewidmet

       vom

       Verfasser

       Vorwort

       Die Volkslitteratur hat seit einiger Zeit eine erhöhte

       Bedeutung gewonnen, die darin zu suchen ist, daß

       sich das Denken und Fühlen eines Volkes in seiner

       ganzen Reinheit treuer darin widerspiegelt als in der

       verfeinerten und ihrer Ursprünglichkeit mehr oder weniger

       beraubten Bücherlitteratur. In den letzten Jahrzehnten

       ist das Dunkel, das über dem afrikanischen

       Kontinent lag, zum guten Teil aufgehellt worden; nur

       über das Geistes- und Gemütsleben seiner Bewohner

       herrscht noch vielerlei Unklarheit. Ich habe geglaubt,

       nicht besser den lange verkannten Afrikanern zu

       ihrem Rechte verhelfen zu können, als wenn ich eine

       Auswahl aus den Erzeugnissen ihrer Volkslitteratur

       zusammenstellte und dem Leser überließe, daraus

       selbst den Schluß zu ziehen, wie groß oder wie klein

       der Abstand ist, der den Neger in seinem Denken und

       Fühlen von dem kultursatten Europäer trennt.

       B e r l i n im März 1896

       A. Seidel

       Einleitung

       »Volkslitteratur der Afrikaner!« wird mancher erstaunt

       ausrufen, wenn er dies Werkchen in die Hände

       bekommt. Scheint doch der Begriff Litteratur mit der

       landläufigen Vorstellung von den geistigen Fähigkeiten

       des Durchschnittsafrikaners vollständig unvereinbar

       zu sein, unvereinbar, selbst wenn man den Begriff

       auf die V o l k s - litteratur einschränkt. Ein wilder

       Afrikaner! Ein schwarzes Tier! Er sollte denken! Er

       sollte fühlen! Seine Phantasie sich als schöpferisch

       erweisen! Ja, mehr noch, er sollte Sinn und Verständnis

       haben für poetische Formen, für Rythmus und

       Reim! Es scheint ganz undenkbar, und doch ist es so.

       Als man vor Jahrhunderten zuerst mit dem Neger in

       Berührung trat, sah man in ihm ein zähes, gegen harte

       Arbeit und mörderische Klimata widerstandsfähiges

       Arbeitstier, führte ihn ins Exil, beugte ihn unter ein

       schmähliches Sklavenjoch und behandelte ihn wie

       eine Bestie, für die man geneigt war, ihn zu halten.

       Kein Wunder, daß das Göttliche in ihm allmählich

       verkümmerte und vom Tierischen immer mehr überwuchert

       wurde. Was erst eine grausame, eigensüchtige

       Fiktion der Sklavenhalter gewesen war, die Überzeugung

       von des Negers Menschenunähnlichkeit, das

       schien jetzt durch die Thatsachen immer mehr ge-

       rechtfertigt zu werden. So entstand das Charakterbild

       des Negers, wie es noch heute in weiten Kreisen

       durch jahrhundertelange Überlieferung eingewurzelt

       ist, ein Charakterbild, das kaum noch einen menschlichen

       Zug aufweist.

       Und selbst in unserm Jahrhundert, als Europa endlich

       die Eroberung des dunkeln Erdteils für die christliche

       Kultur mit allen Kräften in Angriff nahm, wurde

       diese irrige Vorstellung ohne weiteres auch auf die

       Neger in ihrem Vaterlande übertragen.

       Die Enttäuschung war um so schwieriger, als man

       die Sprachen der Eingeborenen nicht verstand und,

       von Vorurteilen verblendet, nicht daran dachte, durch

       Beobachtung des Geistes- und Seelenlebens des Negers

       der Wahrheit nachzuspüren.

       Die jammervollen Zustände der amerikanischen

       Negersklaven gaben den ersten Anstoß zu einer gerechteren

       Würdigung der Schwarzen, die allerdings in

       ihren ersten Anläufen, wie jede derartige Bewegung,

       fast über das Ziel hinausschoß.

       Fleecy locks and black complexion

       Cannot forfeit nature's claim:

       Skins may differ; but affection

       Dwells in white and black the same.

       So der Dichter jener Tage! Missionaren, die in

       langdauerndem, unmittelbarem, durch Kenntnis der

       Landessprachen verinnigtem Verkehr die beste Gelegenheit

       hatten, den Neger kennen zu lernen, gebührt

       das Verdienst, die Überschwänglichkeiten der Sklavenbefreiungsperiode

       auf das rechte Maß zurückgeführt

       und zuerst ein zutreffenderes Bild von der natürlichen

       Begabung der Schwarzen entworfen zu haben.

       Philologen, mit der genauen Kenntnis der Landessprachen