T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten


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mir meine Mutter gegeben, weil sie die Umdiandiane

       gegessen hat, die ich für mich ausgegraben hatte, als

       ich nach der Hochzeit an dem Hügel vorbeikam.«

       Als Uxlakanyana schalt und schalt und sich gar

       nicht beruhigen wollte, gaben die Knaben ihm eine

       Axt für den Assegai. Mit der Axt ging er seiner Wege

       und traf alsbald einige Weiber, welche Holz zum Feuern

       holten.

       »Womit schneidet ihr denn das Holz?« fragte

       Uxlakanyana.

       »Wir schneiden es nicht,« war die Antwort, »wir

       brechen es; denn wir haben weder eine Axt noch ein

       Messer.«

       »So nehmt diese Axt, schneidet euer Holz mit ihr

       und gebt sie mir dann wieder!«

       Die Weiber gebrauchten die Axt, eins nach dem anderen,

       und als das letzte sie zur Hand nahm, zerbrach

       sie.

       »Ihr habt meine Axt zerbrochen,« schalt da

       Uxlakanyana; »warum habt ihr das getan? Die Axt

       haben mir die Knaben für meinen Assegai gegeben,

       den sie zerbrochen haben, als sie Leber mit ihm

       schnitten. Den Assegai hatte ich von den Hirten bekommen,

       die meinen Melkeimer umwarfen, daß die

       Milch ausfloß und er zerbrach. Meine Mutter hatte

       ihn mir gegeben, weil sie meine Umdiandiane gegessen

       hat, die ich mir gegraben hatte, als ich nach der

       Hochzeit an dem Hügel vorbeikam!«

       Als sie ihn so klagen hörten, gaben die Weiber ihm

       ein buntes Lendentuch, das war aus allerlei Gras geflochten.

       Uxlakanyana lief damit weiter und traf auf

       zwei junge Männer, die schliefen im Walde und

       waren nackend. Er weckte sie und fragte:

       »Freunde, habt ihr keine Kleidung?«

       Sie antworteten:

       »Nein.«

       »So nehmt dieses,« sprach er und gab ihnen sein

       Tuch.

       Sie nahmen es und wickelten sich darein. Doch da

       es klein war und jeder von ihnen sich damit bedecken

       wollte, zerrten und rissen sie daran, bis es in Stücke

       ging.

       »Was habt ihr getan,« rief Uxlakanyana, »ihr

       Bösen? Ihr habt mein Tuch zerrissen, das ich von den

       Weibern bekommen hatte, die beim Holzfällen meine

       Axt zerbrochen, welche die Knaben mir gegeben hatten,

       weil sie meinen Assegai zerbrochen haben, den

       ich von den Hirten bekommen hatte, die meinen

       Eimer umwarfen, den meine Mutter mir gegeben hat,

       weil sie die Umdiandiane aufgegessen hat, die ich für

       mich gegraben habe bei dem Hügel, an dem ich nach

       der Hochzeit vorbeikam.«

       Die Männer, welche das Tuch zerrissen hatten,

       gaben Uxlakanyana einen Schild, der war aus Ochsenhaut

       gefertigt. Mit diesem Schilde schritt er weiter

       und begegnete zwei Männern, welche einen Leoparden

       bekämpften. Da sie keinen Schild hatten, gab

       Uxlakanyana ihnen den seinen. Sie schlugen den Leo-

       parden tot, aber der Handgriff des Schildes brach entzwei.

       Uxlakanyana sah es und wurde sehr böse. Da

       gaben die Männer ihm einen Spieß und gingen davon.

       Masewe.

       Eine Naosage.

       Es war einmal eine Frau, die hatte keine Kinder. Da

       ging sie zu einem Masewebaum, nahm von ihm zwei

       Früchte, legte sie in einen Topf und deckte ihn vorsichtig

       zu. Nach sechs Tagen hob sie den Deckel auf

       und sah, daß aus den Früchten Kinder geworden

       waren, die waren sehr schön. Diese Kinder wuchsen

       heran und waren bald so groß und kräftig, daß sie

       immer ihrer Mutter folgen wollten, wohin diese auch

       ging. Eines Tages ging sie aus, um Wasser zu schöpfen.

       Als die Kinder sich herzudrängten, um sie zu begleiten,

       verbot sie es ihnen, und am anderen Tage wie

       den folgenden wollte sie es ihnen auch nicht erlauben.

       Da weinten die Kinder und baten so lange, bis die

       Frau schließlich nachgab und sie mit zu dem Wasser

       nahm. Als sie nun schöpfte, sprach das eine Kind:

       »Mutter, gib mir jenes Ding, das dort im Wasser

       ist!«

       Die Mutter stieg ins Wasser, fing einen Fisch und

       gab ihn dem Kinde.

       Das Kind aber nahm ihn nicht, sondern sagte:

       »Nicht dieses, jenes will ich haben!«

       Die Frau stieg wieder in das Wasser und fing ein

       Krokodil. Das Kind aber rief wieder:

       »Nein, nein, ich will das Ding dort, das schöne.«

       Die Mutter stieg noch einmal hinab und fing eine

       große Schlange; aber das Kind wollte sie nicht haben,

       sondern sagte weinend:

       »Ich will jenes schöne Ding,« und dabei wies es

       auf den Wiederschein der Sonne im Wasser. Die Mutter

       wurde aber sehr zornig und sprach:

       »Ihr seid nie und mit nichts zufrieden; das kommt

       davon, daß ihr Masewe seid.«

       Da weinten die Kinder und liefen in ihr Haus zurück.

       Die Mutter suchte sie zu beruhigen, aber weder

       ihr, noch den Leuten, die dazu kamen, gelang es. Die

       Kinder weinten immer mehr und sagten:

       »Warum haft du uns Masewe genannt? Nun kehren

       wir zurück, wo wir hergekommen sind.«

       Mit diesen Worten liefen sie davon nach dem

       Baume, von dem ihre Mutter die beiden Früchte gepflückt

       hatte. Viele Leute folgten ihnen, vermochten

       aber nicht, sie einzuholen. Am Baume angekommen,

       sprang das eine Kind in die Höhe, ergriff einen Ast

       und wurde sofort zur Frucht des Sewebaumes, und

       dasselbe geschah auch mit dem anderen Kinde.

       Der Greif.

       Naosage.

       Es war einmal ein Mann, der wohnte in der Wildnis

       mit seinen zwei Kindern, einem Knaben und einem

       Mädchen. Als seine Kinder kaum etwas herangewachsen

       waren, ging der Vater eines Tages an die Küste.