T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten


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von den Ameisen hatte, die meinen

       Mais gefressen haben, den ich auf den Baumstumpf

       gelegt hatte? Den Mais hatte meine Mutter mir gegeben,

       weil sie den Vogel gebraten und gegessen hat,

       den ich in meiner Falle gefangen hatte nahe dem Wasserfall

       bei unser Hütte.«

       Als das Kind so klagte, gab der Bach ihm einen

       Fisch. Kaum aber hielt das Kind ihn in der Hand, als

       ein Habicht aus der Luft herabschoß und ihn in seinen

       Krallen davontrug.

       »Habicht, Habicht,« rief das erschrockene Kind,

       »was nimmst du meinen Fisch, den der Bach mir gab,

       weil er meine Schale zerbrochen hat, die mir die weißen

       Ameisen gegeben hatten? Die Ameisen hatten

       meinen Mais gefressen, den ich auf den Baumstumpf

       gelegt hatte; den Mais gab mir meine Mutter, nachdem

       sie meinen Vogel gebraten und gegessen hatte,

       den ich in meiner Falle fing nahe dem Wasserfalle bei

       unserer Hütte.«

       Da warf der Habicht dem Kinde eine Feder zu, die

       aber trug sofort der Wind davon.

       »Wind, gib mir meine Feder zurück!« rief das

       Kind; »denn der Habicht, der meinen Fisch genommen

       hat, gab sie mir. Den Fisch hatte der Bach mir

       gegeben, der meine Schale zerbrochen hat, die die

       weißen Ameisen mir geschenkt haben, nachdem sie

       den Mais gefressen hatten, den ich auf den Baumstumpf

       legte, nachdem meine Mutter ihn mir gegeben

       hatte, weil sie den Vogel gegessen hat, den ich in meiner

       Falle fing nahe dem Wasserfall bei unserer

       Hütte.«

       Der Wind trug dem Kinde eine Menge Bohnen zu,

       die es eilig aufsammelte und damit heimgehen wollte.

       Doch ein Affe kam des Weges, der dachte bei sich:

       »Bohnen sind ein schöner Schmaus!« trat hinzu,

       nahm sie und fraß sie auf.

       Da rief das Kind weinend:

       »Affe, du böser, du hast meine Bohnen mir genommen,

       die der Wind mir gegeben hatte, weil er die Fe-

       dern fortgetragen hat, die ein Geschenk des Habichts

       waren, der meinen Fisch fortnahm, den der Bach mir

       gab, nachdem er meine Schale zerbrochen hatte, die

       die Ameisen für mich gearbeitet hatten, weil sie den

       Mais, den ich auf einen Baumstumpf gelegt hatte, gefressen

       haben. Den Mais hat meine Mutter mir gegeben;

       denn sie hat den Vogel gebraten und gegessen,

       den ich für mich in meiner Falle gefangen hatte nahe

       dem Wasserfall bei unserer Hütte. Affe, was wirst du

       mir für meine Bohnen geben?«

       »Ich kann dir nichts geben,« antwortete dieser;

       »denn ich habe nichts!«

       Da ergriff das Kind den Affen, knebelte ihn und

       trug ihn so in die Stadt.

       Eine Geschichte der Zulus.

       Uxlakanyana ging einstmals zu einer Hochzeit. Nachdem

       er dort den Tänzen der Mädchen zugesehen und

       sich an Mshvala gütlich getan hatte, ging er heim.

       Auf dem Wege kam er an einem Hügel vorbei, auf

       welchem die köstliche Wurzel Umdiandiane zu finden

       war; die grub er aus, um sie hernach zu verzehren.

       Daheim angelangt, gab er sie seiner Mutter mit den

       Worten:

       »Mutter indessen ich gehe, um unsere Kuh zu melken,

       koche du mir diese Umdiandiane, die ich auf dem

       Hügel gegraben habe.«

       Dann nahm er den Melkeimer und ging davon. Die

       Mutter machte sich sofort daran, die Wurzel zu kochen,

       und als sie gar war und lieblich duftete, sprach

       sie zu sich selber:

       »Ich muß doch sehen, wie das Gericht schmeckt.«

       Damit fing sie an, davon zu essen, und aß, bis nichts

       übrig geblieben war. Als Uxlakanyana heimkam, forderte

       er die Wurzel. Seine Mutter sprach:

       »Ich habe sie gegessen, mein Sohn.«

       Er aber bestand dennoch darauf:

       »Ich will meine Umdiandiane haben; denn ich habe

       sie für mich ausgegraben, nachdem ich von dem

       Hochzeitstanze kam.«

       Um ihn zu beschwichtigen, gab seine Mutter ihm

       einen Milcheimer, den nahm er und lief damit fort.

       Nicht weit fort traf er Hirtenknaben an, die ihre Kühe

       melkten. Da sie nichts anderes hatten, so brauchten

       sie für die Milch zerbrochene Gefäße. Uxlakanyana

       gab ihnen seinen Eimer und sprach:

       »Laßt mich hernach etwas von eurer Milch haben.«

       Die Knaben nahmen den Eimer und melkten nun in

       ihn. Als die Reihe an den letzten zum Melken kam,

       stieß der aus Versehen den Eimer um, so daß er zerbrach

       und alle Milch auf die Erde floß, die sie gierig

       verschlang.

       Uxlakanyana rief:

       »Was habt ihr meinen Eimer zerbrochen, den

       meine Mutter mir gab, die meine Umdiandiane gegessen

       hat, die ich mir gegraben hatte, als ich von der

       Hochzeit heimging?«

       Der Hirtenknabe, der den Eimer umgeworfen und

       zerbrochen hatte, trat an Uxlakanyana heran, gab ihm

       seinen Assegai und sprach:

       »Hier, nimm diesen Assegai für deinen Eimer.«

       Uxlakanyana nahm den Speer und ging davon. Als

       er an einem Zuckerrohrfelde vorbeikam, sah er dort

       Knaben, die sich die Leber eines Ochsen gebraten

       hatten und sie nun teilten; da sie aber kein Messer

       hatten, nahmen sie die harte Rinde des Rohres und

       schnitten das Fleisch damit.

       »Nehmt meinen Assegai zum Schneiden,« sprach

       Uxlakanyana, »gebt mir aber auch etwas von der

       Leber!«

       Die Knaben teilten mit dem Assegai die Leber;

       aber der letzte zerbrach die Waffe. Da wurde

       Uxlakanyana sehr böse, schalt den ungeschickten

       Knaben und sprach:

       »Warum zerbrichst du meinen Assegai, den mir der

       Hirte gab, der meinen Melkeimer umstieß, daß er in