Myron Bünnagel

Schmutzige Hoffnungen


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ihn an, die Lippen geöffnet.

      Einige Zeit berührten sich ihre Blicke. Die Lautlosigkeit vermengte sich mit der Wärme zu einer zähen Schicht, die sich auf den Raum legte.

      Ihr Brustkorb hob und senkte sich, Schweiß glitzerte an ihrem Hals. In den grünen Augen saß ein Funkeln, während die Sprenkel beinahe schwarz und bodenlos wirkten.

      Ray stellte seinen Koffer ab und trat auf sie zu, seine Schritte wirkten unnatürlich laut in der Stille. Sein Gesicht glich einer Maske, erstarrt und kalt. Sein Blick war hart, ohne Glanz. Als sein Schatten sie bedeckte, wich sie vor ihm zurück, presste sich dichter an die raue Wand, aber sie starrte wie gebannt in seine Augen. Ein Schaudern durchlief ihren Körper.

      Er hob einen Arm und seine Hand fasste nach ihrem Kinn, hielt es grob fest. Ihre Haut war heiß und feucht. Bei der Berührung zuckte sie zusammen, ihr Leib verkrampfte sich für einen Moment. Ihr Kopf wehrte sich gegen seinen Griff, dann seufzte sie resignierend und entspannte sich. Ihre Augen waren geweitet, das Funkeln war einem fiebrigen Schleier gewichen. Sein Namen auf ihren Lippen, aber ehe sie ihn aussprechen konnte, presste sich sein Mund gegen den ihren. Der Kuss war unbeherrscht, drängend. Als sie sich voneinander lösten, atmeten sie schwer. Ihre Blicke senkten sich ineinander, loderten vor Begierde.

      Er sah auf ihr Gesicht, dann auf ihre Brüste, die sich schwer und voll abzeichneten. Ira errötete unter seiner Forderung, dann rückte sie von der Wand ab. Ihre Finger tasteten sich zu ihrem Rücken, fanden den Reißverschluss des Kleides. Das Geräusch, das sein Öffnen verursachte, klang wie das Reißen von Seide. Der Stoff löste sich widerwillig, schälte sich langsam von dem feuchten Leib, sank über ihren bloßen Brüsten hinab. Im Halbdunkel leuchtete die weiße, glatte Haut, nur die Höfe waren dunkle Flecken.

      Sie senkte den Blick und wollte die Arme über ihre Blöße legen, aber Rays eiserner Griff hielt sie zurück, zog ihre Arme in die Höhe. Mit einem leisen Rascheln glitt das Kleid gänzlich von ihr, umspielte ihre Füße wie ein aufgewühltes Meer. Ihre helle Scham schimmerte durch den Stoff ihres beigen Höschens.

      Ira setzte sich für einen Moment zur Wehr, versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, Scham und Unsicherheit zeichneten sich auf ihren Wangen ab. Aber ihr fehlte die Kraft, ihr Wille zerfiel unter der Lust, die in ihren Augen brannte.

      Er drängte sie grob gegen die Wand, die rauen, unverputzten Steine rieben über ihre Haut. Seine Hand zerrte die letzte Stoffbarriere von ihrem Schoß, bis sie nackt und schutzlos vor ihm stand, für einen Augenblick die Schenkel fest zusammengepresst, bis er sie grob auseinanderzwängte.

      Der Wind trug trockene Luft durch das Fenster herein, das die geschundenen Hügel festhielt wie ein Bilderrahmen eine alte Photographie. Der Staub auf den knarrenden Dielen war zerwühlt, übersät mit Fußspuren und wirren Linien, klebte an dem achtlos liegen gelassenen Kleid.

      Ira ruhte an der Wand, die Augen geschlossen. Ihr Atem ging regelmäßig. Ihre Brüste waren an etlichen Stellen gerötet. Sie hatte die Knie angewinkelt, so dass ihr Schoß im Schatten verborgen lag. Eine Hand ruhte darin, die andere verwischte träge die Spuren in der Staubdecke. Nach einiger Zeit öffnete sie die Augen, blickte sich unter schweren Lidern langsam im Raum um.

      Ray saß ihr gegenüber, gegen den Türrahmen gelehnt. Er hatte seine Hose wieder angezogen, aber auf das Hemd verzichtet. Unter seinem Unterhemd zeichnete sich sein kräftiger Körper ab. Er rauchte nachdenklich eine Zigarette und beobachtete sie.

      Verlegen griff Ira nach ihrem Kleid und legte es sich schützend über die Beine, die Arme vor den Brüsten verschränkt. Sie sah den Rauchfäden nach, die sich zögerlich auflösten. „Du hältst mich für schlecht.“ Ihre Worte kamen nur mühsam über ihre Lippen, als zögerten sie, sich der drückenden Hitze auszusetzen.

      Er fixierte sie, noch immer überlegend, dann stieß er den Rauch durch die Nase aus und antwortete: „Nein.“

      „So bin ich nicht. Es mag so aussehen, aber es ist anders.“

      „Vielleicht hältst du dich selbst für schlecht.“ Er schüttelte den Kopf.

      „Ich hoffe, ich kann es dir eines Tages erklären, aber nicht jetzt.“

      Ray schloss die Augen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Er hörte, wie sich die Frau erhob und ihr Kleid anzog, den Schmutz von den winzigen Sternen rieb. Dann ging sie hinüber zum Picknickkorb, zog eine Thermoskanne daraus hervor und schenkte sich ein Glas ein. Sie trank gierig und Ray, der sie wieder betrachtete, sah, wie sich ihr anmutiger Hals bei jedem Schluck bewegte.

      Schließlich kam sie zu ihm herüber, ihre Frisur hatte sich aufgelöst, blonde Strähnen spielten um ihre Ohren und in ihre Stirn. „Hier.“ Sie hielt ihm die Kanne und ein Glas hin.

      Er nahm sie und seine Finger berührten ihre Hand, doch sie zog sich zurück, als hätte sie sich verbrannt. „Wir müssen zurück“, sagte sie, den Blick abgewandt.

      Das kalte Wasser floss seine Kehle hinab und belebte seinen überhitzten Körper. Er erhob sich und streifte sein Hemd über, nahm seinen Koffer und wartete, die qualmende Zigarette im Mundwinkel.

      Ira räumte den Korb ein, dann sah sie sich noch einmal prüfend im Raum um. „Gehen wir.“ Ihre Stimme war leise.

      Ray öffnete die Tür und sie traten hinaus in den frühen Nachmittag. Die Hitze umfing sie wie ein klebriges Tuch. „Es ist schlimmer geworden“, stöhnte Ira und wischte sich die Stirn.

      Er sah in den Himmel, aber noch immer stellte sich der gnadenlosen Sonne nichts in den Weg. Nur weit im Westen durchzogen ein paar dünne Schlieren das makellose Blau.

      Sie gingen den Hügel hinab zum Pick-up, das trockene Gras raschelte unter ihren Schritten.

      Ray kletterte auf die Ladefläche und vertäute den Lederkoffer, dann sprang er auf den staubigen Weg zurück.

      Sie lehnte am Wagen, eine Hand über den Augen, um das grelle Sonnenlicht abzuwehren, den Korb zwischen den Beinen. Ihr Gesicht war gerötet. „Ray, ich … sei mir nicht böse …“ Sie sah ihn unter dem Schatten ihrer Hand hindurch an, ihre Augen ohne Glanz, schmutzig durch die braunen Flecken darin.

      Er antwortete ihr nicht, sondern beugte sich vor und küsste sie roh auf den Mund. Sie erwiderte den Kuss nicht, noch wich sie ihm aus. Ihre Lippen waren leblos. Als er von ihr abließ, starrte sie durch ihn hindurch in die endlosen Weiten der Red Hills.

      Ohne ein weiteres Wort ging er um den Wagen herum und stieg ein. Die Hitze in der Kabine war unerträglich. Als er den Motor anließ, kletterte Ira auf den Beifahrersitz und sie fuhren davon.

      Der schwarzweiße Packard stand vor dem Haus, als sie die Baumreihen passierten.

      „Tony ist wieder zurück“, bemerkte Ira mehr zu sich selbst und versank wieder in Schweigen.

      Ray zuckte die Schultern und parkte den Wagen. Er stieg aus, um seine Sachen von der Ladefläche zu nehmen, aber die blonde Frau blieb regungslos sitzen, den Blick starr auf die Kühlerhaube gerichtet. Er trat zu ihr und zündete sich eine Zigarette an. „Steig aus, Ira. Er wird nichts erfahren“, sagte er und öffnete die Tür.

      Sie verharrte einen Augenblick, dann kletterte sie steifbeinig vom Sitz. Ihr Gesicht war ausdruckslos, die Röte war einer kränklichen Blässe gewichen. Sie ging an ihm vorbei, die Stufen zur Veranda hinauf, den Kopf gesenkt.

      Unvermittelt wurde die Tür geöffnet und sie zuckte merklich zusammen, als Tony ihr entgegen trat, ein breites Lächeln auf den Lippen. Er wischte sich die Hände an einem alten Lappen ab und redete auf Ira ein. Ray konnte nicht verstehen, was sie sprachen, aber Ira schüttelte heftig den Kopf, dann ließ sie Tony stehen und verschwand ins Haus.

      Der Mann kam mit gerunzelter Stirn zum Wagen herüber. Er trug eine fleckige Hose und ein durchschwitztes Hemd mit Pferdeköpfen darauf. „Tag, Ray. Ganz schöne Hitze, was?“

      Der andere nickte zur Antwort und schloss die Wagentür.

      „Macht einen ganz wirr im Kopf, die Hitze. Nehmen wir die Frauen, Ray. Bei so einem Wetter ist schwer mit ihnen auszukommen. Sie sind