rannte sie durch das feuchte Gras. Jetzt erblickte sie Olli. Mit dem Gesicht nach unten lag er auf dem Boden. Der Schreck durchzuckte sie.
„Mein Gott Olli, das wollte ich nicht“, hauchte sie.
Vorsichtig drehte sie den leblosen Körper auf den Rücken.
„Olli?!“ Ihr Magen verkrampfte sich. Wie ein schwerer Stein lag er direkt unter den Rippen und ließ sie nur flach atmen. Kniend beugte sie sich über ihn und hörte an seiner Brust nach dem Herzschlag. Genau in diesem Moment packte Olli zu und umarmte sie fest. Erschrocken schrie Franzi auf. Olli kitzelte sie gnadenlos durch. Sie lachte und schrie. Zappelnd versuchte sie, sich aus seiner Umarmung zu befreien.
„So, du Biest, das ist die gerechte Strafe für deinen Übermut.“ Er kitzelte sie so lange weiter, bis sie erschöpft auf ihm liegen blieb.
„So ist es brav.“ Olli streichelte ihren Rücken. „Franzi, Franzi, du machst immer schlimme Sachen.“
„Was ist denn schlimm daran über eine Wiese zu reiten?“, krächzte sie und sah in Ollis dunkelbraune Augen, die von beneidenswert langen, schwarzen Wimpern umrahmt waren.
„Und woher kannst du plötzlich so gut reiten?“
„Wieso plötzlich?“, fragte Franzi schnippisch. „Ach was, ich hatte die ganze Zeit Reitunterricht bei einer Frau, die genauso reitet, wie die Pferdeflüsterer es tun, Natural Horsemanship nennt man das.“
„Ach so, mh, verstehe.“ Olli sagte das in einem Ton, der das Gegenteil vermuten ließ. Er ritt nämlich so, wie es von der Kavallerie überliefert wurde und Franzi ritt eben anders, eher so wie die Indianer.
Vom Hof drang Margarete Knolls ungeduldige Stimme zu ihnen. Sie rief nach dem Jungen.
„Olli, Olli, wieso liegst du während deiner Arbeitszeit unter einem Mädchen auf einer Wiese im feuchten Gras?“, stichelte Franzi. Widerwillig schob er sie von sich. Er hätte so noch stundenlang liegen bleiben können, aber er beugte sich seinem schweren Schicksal. Stand auf und klopfte seine Jeans ab, aber die feuchten Matschflecken saßen zu tief im Gewebe. Er gab es auf, rief:
„Ich komme“, und schon war er weg.
Gut gelaunt schlenderte Franzi hinterher.
Ungewöhnlicher Höhepunkt
Den ganzen Vormittag über reisten die Ferienmädchen an. War das ein Hallo. Viele kannte Franzi schon von den letzten zwei Freizeiten. Wiebke, Frau Knolls Nichte natürlich, die hübsche Lisa mit ihrer zierlichen Schwester, Johanna; Svenja, Caroline, die kleine Ines und Susi, Anja und Ameli. Die Zwillinge Kira und Lara, Julia und Luisa von der vorletzten Freizeit und noch einige Neue, die sich schnell zu Grüppchen zusammenschlossen.
Nach dem Mittagessen teilten Olli und Franzi die Ponys ein. „Ist das okay für dich, Olli, dass ich die besseren Reiter in meine Gruppe nehme?“, fragte Franzi. „Ich möchte nämlich morgen schon ins Gelände reiten. Hab‘ alles schon mit der Knoll besprochen.“
„Na klar, kein Problem.“ Olli nickte ihr zu und sah sich interessiert die Mädchen an.
„Eh, das ist krass, im Wald können wir voll ab-galoppieren“, freute sich Wiebke und ihre Zahnspange blitzte. - „Aber eigentlich bin ich gar nicht so gut. Soll ich nicht doch lieber in Ollis Gruppe?“
Olli schüttelte energisch den Kopf. „Nein, nein, Wiebke, du reitest doch super, wirklich.“ Das kräftige Mädchen wurde gleich einige Zentimeter größer und sah Olli mit treuem Blick in seine schönen Augen. Olli klopfte dem Rotschopf auf die Schulter und nickte ihr aufmunternd zu.
„In meiner Gruppe sind somit: Wiebke, Lisa, Svenja, Caroline, Ameli, Julia, Nina und Neomie. Du hast zwar zwei mehr, aber das macht dir sicher nichts aus, oder?“, fragte Franzi.
„Nein, nein, ich krieg‘ die Mädels schon in den Griff.“ Olli grinste. Zwei Grübchen bildeten sich in Höhe seiner Mundwinkel. Er zwinkerte ihnen verschwörerisch zu.
„Okay, dann lasst uns die Ponys satteln“, forderte Franzi ihre Gruppe auf. „Wir reiten auf dem Außenplatz, Olli. Geh‘ du in die Halle!“
„Sonst noch was, Fräulein Reitlehrerin?“
Franzi warf ihm eine Kusshand zu und lächelte süß.
„Weiber ...“ Olli verschwand in der Reithalle.
Franzi betrat mit ihrer Gruppe den Platz.
„So, Mädels wir müssen Gas geben. Wir wollen diese Woche richtig fest im Sattel werden. Mein Ziel ist es auch, im Gelände kleine Sprünge zu reiten und vielleicht sogar auf den Ponys durch die Wutach zu schwimmen.“ Die Mädchen guckten sich verblüfft an.
„Franzi, übertreibst du da nicht ein bisschen? Ich glaub‘ du hast doch nicht alles mit meiner Tante besprochen“, beschwerte sich Wiebke.
„Gut, dann nicht schwimmen, nur springen.“
Die Mädchen atmeten erleichtert aus.
„Ich muss aufpassen ich hab‘ ja einen Spion in meiner Gruppe“, stichelte Franzi. Wiebke grinste überlegen.
„Mal sehen, wie du reitest, vielleicht schicke ich dich doch zu Ollis Gruppe und nehme Johanna“, drohte Franzi. „So jetzt aber genug geplaudert, führt eure Ponys eine Runde und dann steigt auf und stellt eure Steigbügel ein!“
Als alle Mädchen saßen, erklärte Franzi weiter: „Reitet einige Runden am langen Zügel und lasst die Ponys alles ansehen und beriechen. Dann fangt ihr an, die Zügel aufzunehmen und große Kreise, die man Zirkel nennt, zu reiten. Erst im Schritt und dann im Trab oder Tölt in beide Richtungen. Die Hilfen kennt ihr ja.“
Sie ritten um den ganzen Platz und auf zwei großen Zirkeln. Das klappte alles schon sehr gut, sogar bei Neomie und Nina, die das erste Mal auf dem Hof waren.
„Hey, Neomie, du reitest sehr schön mit feinen Hilfen. Das gefällt mir. Man merkt, dass du schon lange reitest.“ Das zwölfjährige Mädchen lächelte stolz. Sie saß ganz locker und unverkrampft auf Feitur. Der junge Wallach lief unter Neomie ausgesprochen zufrieden und war ausnahmsweise einmal nicht so stur und bockig. Franzi beobachtete die beiden fasziniert.
Sie scheint ein Naturtalent zu sein. Was für eine seltsame Haarfarbe: hellblond, fast weiß mit einem goldenen Schimmer, schön.
„Ihr seid echt super. Ich glaub‘ wir können morgen Mittag schon ins Gelände. Morgen früh üben wir noch das Anhalten aus dem Galopp und dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen.“
„Wir haben halt eine gute Lehrerin.“ Lisa zwinkerte ihrer Freundin zu.
„Danke, und ich hab‘ die besten Schülerinnen. - Wie wär‘s mit einer Runde Pferdeball?“
„Au ja, super“, jubelten sechs von acht und stellten Baustellenhütchen als Tore auf. Ihre Steigbügel banden die Mädchen mit einem Lederbändchen unter dem Ponybauch locker zusammen und holten den Ball aus der Reithalle.
„So jetzt teilt euch in zwei Mannschaften auf. Jede Mannschaft versucht, den Ball in das Tor des Gegners zu bekommen. Der Ball wird ständig weiter geworfen. Wenn er auf den Boden fällt, dürfen beide Mannschaften versuchen ihn vom Pony aus aufzuheben.“
Neomie schaute zu Nina, die kritisch Franzis Erklärungen lauschte.
„Ich habe das noch nie gespielt“, raunte Nina ihr zu.
„Ich auch nicht, aber es hört sich lustig an.“
„Ja, klar, ganz lustig, mh“, meinte Nina in einem Tonfall, der genau das Gegenteil ausdrückte. Franzi warf den Ball in die Mitte und das Spiel begann. Der Ball mit den großen Lederschlaufen flog unentwegt hin und her. Franzi spielte den Schiedsrichter.
Gerade hatte Svenja den Ball und warf ihn Lisa zu, als Neomie dazwischen galoppierte und den Ball auffing. Sie warf ihn Nina zu. Die reagierte zu langsam und der