August Schleicher

Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder


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›Ihr

       Bunten, da habt ihr den Schwanz!‹ indem er dachte

       ›Die kriegen mich doch nicht.‹ Aber die Hündchen

       faßten ihn am Schwanze, zogen ihn aus dem Baue

       heraus und zerrißen ihn.

       Vom Räuber.

       Es war einmal ein Landwirt, der hatte eine Tochter.

       Einmal war er mit seiner Frau auf einige Tage weggefahren

       und hatte die Tochter allein gelaßen. Eines

       Abends, während sie allein zu Hause war, kamen

       zwölf Räuber, die gruben sich unter der Wand des

       Hauses durch und krochen da hinein. So wie aber

       einer hinein gekrochen war, hieb sie ihm mit dem

       Beile den Kopf ab und zog ihn hinein; so that sie mit

       dem andern und so mit allen eilfen. Und wie der

       zwölfte hinein kroch, da merkte er, daß es da so naß

       sei; da zog er sich zurück und sie konnte ihm nicht

       den ganzen Kopf abhauen, sondern nur die Hälfte,

       und er lief davon. Nach nicht langer Zeit kam er zu

       dem Mädchen auf Brautschau, aber sie wollte ihn

       durchaus nicht. Als jedoch ihre Eltern sie nötigten, da

       muste sie ihn nehmen. Wie sie mit ihm fuhr, ließ er

       sich von ihr den Kopf absuchen; da fand sie, daß das

       nur ein halber Kopf war, aber sie dachte doch nicht

       daran, daß es jener Räuber sei. Als er mit ihr nach

       Hause gekommen war, da ließ er sie Waßer in den

       Keßel tragen. Es war eine alte Frau im Hause, die

       fragte sie ›Wozu hab ich denn so viel Waßer zu tragen?‹

       Die Frau sagte zu ihr ›Das, scheint mir, wird

       für dich sein.‹ Und sie sagte weiter zu ihr ›Ich will dir

       sagen, was du thun must. Wenn du zum Teiche hin

       kommst, da lege du einem Pfale deine Kleider an und

       lauf dann weg.‹ So geschah es. Jetzt ward dem Räuber

       die Zeit lang, weil sie so lange nicht wieder kam,

       und er lief schnell hin, um zu sehen, was sie so lange

       mache; und wie er nahe herbei gekommen war, da sah

       er, daß es ein Pfal sei. Da merkte er, daß da List im

       Spiele und daß die Frau entlaufen sei. Sogleich setzte

       er mit andern Räubern ihr nach, sie fanden sie jedoch

       nicht. Wie sie durch einen Wald lief und jene hinter

       ihr, da erstieg sie einen Baum und einer der Räuber

       stach mit einer langen Pike in die Höhe und traf sie

       zufällig in den Fuß. Das Blut floß, aber es war schon

       Abends und man konnte sie nicht sehen, und einer der

       Räuber sagte ›Ach, das regnet schön!‹ Da sie sie nicht

       fanden, giengen sie wieder nach Hause. Zu Hause sah

       der Räuber beim Spahnlichte, daß er ganz voll Blut

       war und sagte ›So war die Kröte doch da!‹ Tags darauf

       giengen sie wieder aus, sie zu suchen. Das Mädchen

       war aber noch immer im Walde. Da sah sie

       einen Wagen voll Baumrinde fahren und bat den

       Menschen, der beim Wagen war, er möge sie unter

       die Rinde kriechen laßen und mitnehmen; und er gabs

       zu. Da kamen die Räuber und fragten den Menschen,

       ob er hier kein Mädchen habe gehen sehen. Er sagte

       ›Nein;‹ sie aber glaubten es nicht und begannen selbst

       die Rinde vom Wagen zu werfen bis auf die letzte

       Schicht, die sie liegen ließen, indem sie dachten, daß

       sie da doch nicht sein werde. Darauf giengen die Räuber

       nach Hause und das Mädchen auch. Nach nicht

       langer Zeit kam aber der Räuber wieder zu dem Mädchen;

       jetzt wusten aber alle, was er für einer sei, und

       sie brachten ihn um.

       Von der schönen Königstochter.

       Es war einmal ein König, der hatte eine sehr schöne

       Gemahlin, die hatte um die Stirne herum die Sterne,

       oben auf dem Kopfe die Sonne und am Hinterhaupte

       den Mond; aber sie starb bald. Es hatte aber der

       König eine eben so schöne Tochter, wie seine Frau

       war. Und der König reiste rings umher, eine andere

       Frau zu suchen, aber er fand keine so schöne wie

       seine erste Frau, und deshalb wollte er seine eigene

       Tochter heiraten; die aber wollte ihn nicht. Nun konnte

       sie ihn aber nicht bewegen von ihr zu laßen; da gab

       sie ihm auf, er solle ihr kaufen einen Läusemantel

       (einen Mantel mit Läusefellen gefüttert), ein silbernes

       Kleid, einen demantnen Ring und goldne Schuhe.

       Und der König gab ihr alle diese Dinge. Der König

       hatte aber auch eine alte Ausgedingerin (Altsitzerin).

       Abends vor der Hochzeit fragte die Königstochter die

       Alte, was sie jezt thun solle. Die riet ihr alles zusammen

       zu packen und das Weite zu suchen; und so

       gieng sie denn Nachts von dannen. Des Morgens

       suchte der König sein Mädchen, fand es aber nicht

       und fragte sein ganzes Gesinde ›Sahet ihr nicht, sahet

       ihr denn nicht meine Braut?‹ Aber niemand konnte

       ihm Auskunft geben. Als aber in jener Nacht die Königstochter

       weg gieng, kam sie zu einem Fluße, und

       da sollte sie ins Schiff steigen; der Ferge aber wollte

       sie nicht fahren und sagte ›Wenn du nicht versprichst

       mich zu nehmen, so ertränke ich dich zur Stelle.‹

       Aber sie wollte den auch nicht. Da warf er sie aus

       dem Schiffe und sie sprang ans Ufer des Waßers. Sie

       gieng nun weiter, ohne zu wißen wohin; da kam sie

       zu Steinen1 und sagte ›Ach, lieber Gott, wenn sich

       doch hier eine Stube aufthäte!‹ Da that sich auch

       wirklich eine Stube auf; in die gieng sie hinein, und

       alles war da so, wie sie sich es nur gewünscht hatte.

       Früh gieng sie sodann wieder heraus, ließ aber in der

       Stube ihre prächtigen Kleider, und alles war wieder

       Stein wie vor dem. Dann gieng sie in ein Gehöfte und

       verdang sich bei der Frau vom Hause als Aschenbrödel.

       Da war auch ihr Bruder, denn er war auch von

       seinem Vater weg gegangen und war auf dem Gehöfte

       als Schreiber, und er hatte einen Bedienten, und wenn