„Jawohl Sir!“ Er drehte sich um und ging zurück in das Zelt, um die entsprechenden Anweisungen zu geben.
Mavis schaute wieder durch sein Fernglas und brauchte nur wenige Momente, bis er die beiden Jäger mit den Streubomben gesichtet hatte. Wie nicht anders zu erwarten, hatte ihnen Admiral Lobos eine Viererstaffel als Bewachung mitgegeben, die vor, hinter und neben ihnen alles niedermähte, was sich ihnen in den Weg stellen mochte, damit sie freies Schussfeld hatten.
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Pivos hatte sich zunächst in Richtung Süden vom Stadion der Shiktash entfernt und das alte Flussbett verlassen. Anfangs ging seine Suche nach Melia auch zügig voran, mal abgesehen davon, dass er ständig irgendwelchen Trümmerteilen ausweichen musste, mit dem erneuten Angriff der Fremden aber hatte er mehr damit zu tun, sich selbst zu schützen.
Er suchte sich immer wieder sichere Verstecke und wartete, bis der Bombenhagel für ein paar Minuten wieder nachließ, bevor er weiterlief.
Von Melia aber fand er keine Spur und ihm wurde klar, dass es ein hoffnungsloses Unterfangen war, sie hier zu finden.
Aber er hatte dem Noni sein Versprechen gegeben, also würde er weitermachen, in der Hoffnung, dass er vielleicht doch das entscheidende Quäntchen Glück haben würde, seine Mission erfolgreich zu beenden.
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Die beiden Jäger beendeten ihren Kurvenflug, die Piloten richteten ihre Maschinen wieder auf und flogen mit hoher Geschwindigkeit von Süden her direkt auf die Anomalie zu.
Der Abschuss ihrer Streubomben, sowie der Abschuss der Morabi-Raketen aus einer Stellung am Boden würde automatisch erfolgen, damit ihr Zusammentreffen unmittelbar vor der Anomalie auch gelang.
Eine halbe Meile vor der Anomalie zuckte dann je eine Bombe aus den Waffenschächten der Jäger. Gleich nach dem Abschuss drehten sie ab und kehrten zurück zur Kamarulu. Die vier Begleitjäger sorgten weiterhin für ein freies Flugfeld, bevor auch sie ihren Kurs änderten.
Dann erfolgte der Abschuss der beiden Morabi-Raketen aus einer Bodenstellung etwa eine Meile westlich von Mavis. Die beiden Flugkörper schossen mit hoher Geschwindigkeit direkt auf die Anomalie zu.
In ihrer geringen Flugzeit von etwa sechs Sekunden wurden sie begleitet von Tausenden von guten Wünschen, sowohl aus dem Hauptquartier mit dem Nuri, als auch auf der Kamarulu um Admiral Lobos, Mavis und seinen Truppen, sowie alle anderen Truppenteilen, die von ihrem Versuch unterrichtet worden waren.
Dann erfolgte der Zusammenprall von je einer Streubombe und einer Morabi-Rakete am unteren Ende der Anomalie im oberen Drittel des Schlauches.
Und niemand, da war sich jeder sofort sicher, hatte eine derart wuchtige, eine derart gleißende, eine derart allumfassende Explosion jemals erlebt.
Der gesamte Himmel über Ara Bandiks war innerhalb eines Wimpernschlages in ein irrsinnig grelles Licht getaucht, wie es tausend Flutlichtstrahler nicht hätten erzeugen können. Es war, als würde das Licht von Lexis völlig ungefiltert über sie hinwegrauschen und jeder, der seine Augen nicht schnell genug davor schützte, würde erblinden.
Die gewaltige Lichtwelle donnerte mit unglaublicher Geschwindigkeit über sie hinweg, weit über die Grenzen der Stadt hinaus, bevor sie urplötzlich verharrte, um im selben Moment genauso schnell wieder zurückzuschießen.
Als sie sich direkt an der Anomalie wieder verdichtete, ertönte ein derart gewaltiges Donnern, das der Boden unter ihren Füßen deutlich zu schwanken begann, in einer so unfassbar wuchtigen Lautstärke, dass es sich kaum aushalten ließ. Selbst eintausend Orkanstürme konnten ein solches Geräusch nicht erzeugen.
Fast gleichzeitig wurde die irrsinnige Explosionsenergie, die aus den Bestandteilen der Streubomben und der Raketen, Kyrillin und Darutil, tatsächlich eine Art heißes Plasma erzeugten, mit einer solchen Wucht in die Anomalie hineingetrieben, das sie an vielen Stellen durchbohrt wurde.
Im Gegenzug wurde eine Art Schockwelle aus Luft von der Anomalie schräg in die Tiefe gejagt, die so gewaltig war, dass man ihre Flugbahn deutlich wahrnehmen konnte. Alles, was sich ihr in den Weg stellte, eigene und gegnerische Jäger in der Luft, die zerstörten Überreste des Zentrums von Ara Bandiks am Boden, wurde in einem nie da gewesenen Sturm vollkommen zerfetzt.
Der Feuersturm innerhalb der Anomalie schoss immer weiter hinauf, erreichte die unteren Luftschichten, bevor er sich drastisch verlangsamte und für einen Sekundenbruchteil scheinbar verharrte, bevor er ein letztes Mal seine unfassbare Energie in alle Himmelsrichtungen ausbreitete und die Seitenwände der Anomalie buchstäblich wie mit einem riesigen Hammer zerfetzte und vollständig vom weiteren Schlauch absprengte.
Die verbleibende Restenergie der Explosion und etwa dreihundert Meter der Anomalie schienen für eine Sekunde am Himmel zu schweben, um in der nächsten Sekunde durch die Schwerkraft zu Boden gerissen zu werden.
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Pivos hatte seinen Kopf in dem Moment zum Himmel gehoben, als der Zusammenprall von Bomben und Raketen dieses irrsinnig gleißende Licht erzeugt hatten. Sofort wandte er mit einem echten Schmerzensschrei seinen Kopf wieder ab und wartete, bis es erloschen war.
Dann schaute er erneut nach oben, konnte sehen wie eine riesige Flammenwand weit in die Anomalie bis zu den unteren Luftschichten schoss und eine Art Schockwelle aus Luft in das Zentrum von Ara Bandiks donnerte. Die Wucht des Aufpralls riss ihn von den Füßen.
Die Flammenhölle in der Anomalie begann urplötzlich zu stocken, schien zu verharren, explodierte dann in einer nie gekannten Wucht noch einmal und trennte ein riesiges Stück vom Hauptstrang, das ebenfalls zunächst in der Luft zu verharren schien, bevor es als feuriger Schlauch zu Boden schoss.
Und Pivos wurde sehr schnell klar, dass dieses verdammte Ding so was von dicht neben ihm einschlagen würde, dass er nur noch seine Beine in die Hand nehmen und rennen konnte, was seine brennenden Lungen noch hergaben.
Einen Wimpernschlag bevor der Aufprall auf den Boden erfolgte, sprang er mit einem gewaltigen Satz über den Rest einer eingestürzten Hauswand und hoffte dort Schutz zu finden.
Blitzschnell wirbelte er herum, konnte durch einen schmalen Spalt im Mauerwerk wieder zurückschauen. Wenn es ihn schon tötete, dann wollte er es wenigstens kommen sehen.
Dreihundert in tosende Flammen gehüllte Meter Anomalie schossen auf den Boden. Der Aufprall würde derart wuchtig werden, dessen war sich beinahe jeder sicher, der es sehen konnte, dass die Vernichtung dort weitaus verheerender ausfallen würde, als bei der Explosion von hundert Splitterbomben.
Mavis konnte sehen, dass es möglich war, mit dieser Art von Waffe die Anomalie zumindest teilweise zu zerstören, doch welch furchtbarer Preis war dafür zu zahlen gewesen.
Das Zentrum lag beinahe pulverisiert vor ihm, nur noch wenige Hochhäuser ragten wie Nägel aus dem Boden. Jeder, der sich zum Zeitpunkt der Schockwelle dort befunden hatte, war jetzt nicht mehr am Leben.
Und dann sah er das abgetrennte Stück der Anomalie zu Boden donnern und war sich mehr als sicher, dass dort und in einem weiten Umkreis um die Aufschlagstelle herum ebenfalls in einer Sekunde alles Leben ausgelöscht werden würde.
Innerlich bereitete er sich darauf vor, dass ihnen der Boden unter den Füßen weggerissen werden würde.
Doch - nichts davon geschah.
Die brennende Anomalie traf auf den Boden und es ging ein Rütteln über Meilen durch ihn hindurch, doch blieb das befürchtete Erdbeben aus. Es schien, als hätten alle die Wucht des Aufschlages maßlos überschätzt, denn die Anomalie donnerte immer weiter zu Boden, wurde immer kleiner, wurde scheinbar zusammengedrückt, um letztlich völlig zerstört zu werden.
So jedenfalls schien es für alle Betrachter in der Entfernung.
Doch - so war es nicht.
Pivos glaubte, seine Augen würden ihm einen Streich spielen.
Die Anomalie schlug zu Boden, doch anstatt dort in alle Himmelsrichtungen