Geschwindigkeit eine gute Stunde!“
Marivar nickte. „Das hört sich gut an! Einige brauchen wirklich ein Krankenbett. Wir können von Glück reden, dass noch niemand weiter gestorben ist. Ich hoffe nur, der Pilot kann das Schiff jetzt senkrecht halten. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich war mehrmals kurz davor, mich hemmungslos zu übergeben. Und es macht die Sache auch nicht einfacher, wenn man eben noch einen Verband angelegt hat und im nächsten Moment wie ein Gummiball durch den Laderaum poltert!“ Sie grinste säuerlich.
„Keine Angst, wir haben es vorerst überstanden!“
Kaum hatte Jorik die Worte ausgesprochen, als über ihnen vier rote Lampen zu blinken begannen und das hektische Piepen des Radars ertönte, dass in dem großen Raum widerlich hohl nachhallte.
„Das scheint sich aber noch nicht ganz rumgesprochen zu haben...!“ bemerkte Marivar trocken und klammerte sich instinktiv an der Liege des Mannes vor ihr fest. „Kommen sie...!“ Sie schaute Jorik an. „Bevor sie auch zum Gummiball werden!“
Kendig und Rimbo hatten wieder den Geleitschutz der Amarula übernommen. Während Kendig die Vorhut darstellte, bildete Rimbo die Nachhut.
Schnurgerade hielten sie mit gut dreihundert Meilen die Stunde auf das Meer zu – und niemand rechnete mehr mit einem Angriff.
Und doch erfolgte er.
Es waren zwei feindliche Jäger, die aus ihrer Formation ausscherten und sie verfolgten. Doch diese beiden Piloten schienen ihr Handwerk besser zu verstehen und hielten sich zunächst unterhalb des kleinen Konvois in Bodennähe, sodass sie für das Radar nicht zu erkennen waren.
Erst als sie Schussreichweite erreicht hatten, zogen sie ihre Flugbahn steil nach oben und gaben jeweils einen Schuss ab.
Während in der Amarula, als auch bei Kendig und Rimbo die Alarmglocken schrillten, hielten ihre Verfolger ihren Kurs und bereiteten sich auf einen weiteren Abschuss vor.
„Wir kümmern uns darum!“ sagte Kendig nur knapp, reduzierte sofort seine Geschwindigkeit und riss das Steuer zu sich. Die Amarula schoss unter ihm davon und er rollte über den linken Flügel, während er seinen Jäger um hundertachtzig Grad wendete. Rimbo hatte es ihm gleich getan und war bereits auf Frontalkurs zu den beiden feindlichen Jägern.
Kendig hätte ihm gern zur Seite gestanden, er wusste aber, dass er sich zunächst mit den Raketen beschäftigen musste. Und diesmal hatte er weit mehr Glück, als noch in Ara Bandiks, wo es eine Sache von Sekundenbruchteilen gewesen war. Innerhalb weniger Momente hatte er hier die beiden Flugkörper kompromisslos vom Himmel geholt.
Rimbo jedoch hatte diesmal große Schwierigkeiten, die beiden feindlichen Jäger zu stellen und er war dankbar, dass Kendig sich ihm so schnell anschließen konnte. Doch auch zu zweit war es nicht einfach, sie von der Amarula fern zu halten und zu jagen. Trotz einiger gewagter Flugmanöver hielt sich der Gegner hartnäckig im Kampf.
Kendig und Rimbo mussten ihre volle Konzentration aufbringen, um siegreich zu sein.
Cosco hatte die Geschwindigkeit der Amarula erhöht, um schnell Abstand zum Kampfgeschehen zu bekommen und sie flogen weiterhin direkt auf das Meer zu.
Plötzlich schrillte erneut das Radar und Cosco erschrak fürchterlich. Er hatte sich derart fest auf den Kampf seines Sohnes und Rimbo mit den beiden feindlichen Jägern konzentriert, dass er auf seinem Sitz förmlich zusammenzuckte.
Das gegnerische Flugzeug war bereits verteufelt dicht hinter ihnen, mit Sicherheit schon in Schussweite. Instinktiv donnerte er den Schubhebel ganz nach vorn und die Amarula beschleunigte auf weit über vierhundert Meilen die Stunde. Den Abstand zu ihrem Verfolger konnten sie dadurch jedoch nicht vergrößern, ganz im Gegenteil, sie konnten lediglich die Verringerung etwas hinauszögern.
„Kendig...?“ rief Cosco in sein Mikro.
„Ja, Dad?“ kam als gestresste Antwort zurück.
„Junge, wir haben ein Problem!“
Kendig schaute auf seinen Radarschirm und erkannte den Verfolger des Flugbootes sofort. „Scheiße!“ sagte er mehr zu sich selbst. „Gib mir eine Sekunde!“
„Ich fürchte, wir haben keine Sekunde mehr!“ erwiderte Cosco.
„Ah...verdammt!“ brüllte Kendig genervt, während er zum x-ten Mal versuchte, den Jäger vor sich ins Visier zu nehmen. Doch diese Piloten waren sehr gut und konnten ihm jedes Mal ausweichen. Jetzt aber hatte Kendig keine Zeit mehr. Er betätigte den Abschussknopf für eine Rakete am Steuerknüppel. Er hatte noch keine Zielerfassung gehabt, doch das war ihm egal. Das Geschoss löste sich mit einem Zischen von seiner Tragfläche und jagte auf den Jäger vor ihm zu. Doch sein Gegner reagierte schnell und kompromisslos, zuckte mit einem kurzen Flügelschlag nach links und konnte so der Rakete entgehen.
Darauf hatte Kendig jedoch nur gewartet, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Projektil wirklich treffen würde. Aber auf die absehbare Reaktion seines Opfers hatte er gehofft und sofort donnerte er seinen linken Daumen auf den Abzug für die Bordkanone unter ihm. Die Geschosse jagten durch den Nachthimmel und erfassten den feindlichen Jäger mitten in seinem Ausweichmanöver. Die rechte Tragfläche explodierte, der Pilot verlor die Kontrolle und rauschte als gleißender Feuerball zu Boden.
„Rimbo!“ rief Kendig sofort.
„Zisch ab!“ erwiderte sein Freund. „Ich pack das hier jetzt allein!“
„Dad ich komme!“
„Das musst du auch!“ brüllte Cosco, der wusste, dass der Abschuss der feindlichen Rakete nur noch Sekundenbruchteile entfernt war. Sie hatten gerade die Küste überflogen und schossen aufs Meer hinaus.
Aber urplötzlich vergrößerte sich der Abstand zu ihrem Verfolger. Doch das konnte nicht an ihnen liegen, die Amarula flog bereits Höchstgeschwindigkeit. Und Kendig war noch nicht dicht genug bei ihnen, um etwas getan haben zu können. Der Grund musste bei ihrem Verfolger liegen.
„Was zum Teufel...?“ fragte Cosco überrascht und zog die Augenbrauen zusammen. Hatte ihr Gegner etwa Probleme mit seiner Maschine?
Der feindliche Jäger aber verringerte seine Geschwindigkeit nur geringfügig, dann ging er in Höhe des Küstenstreifens in eine Rechtskurve.
„Was tut er da?“ fragte Fidu.
„Ich weiß es nicht!“ erwiderte Cosco. „Er hätte uns mit Leichtigkeit abschießen können!“
„Was ist los bei euch?“ rief Kendig.
„Er hat abgedreht!“ antwortete Cosco.
Kendig schaute auf die Amarula, die er über dem Meer erkennen konnte und sah auch den feindlichen Jäger, der seine Rechtskurve fast beendet hatte. „Achtung...!“ rief er dann. „Er nimmt wieder Kurs auf euch!“ Kendig beschleunigte seinen Jäger und verringerte die Distanz innerhalb weniger Momente deutlich.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ihr Gegner die Amarula bereits wieder angepeilt und nur eine Sekunde später zischte eine Rakete aus dem unsichtbaren Abschussschacht. Sofort nach dieser Aktion ging der Jäger jedoch erneut in eine enge Rechtskurve.
Kendig registrierte dieses merkwürdige Verhalten, doch musste er sich zunächst auf den Abschuss seines Gegners konzentrieren.
Da er scheinbar unbemerkt geblieben war, konnte er ihn mit einem kurzen, ruckartigen Flugmanöver ins Visier fassen und vernichten. Als der Jäger in einer Flammenwolke explodierte, war Kendig schon auf Kurs der Amarula, um die feindliche Rakete zu erwischen, bevor sie das Flugboot erreichte.
Aus dem Lautsprecher konnte er Rimbo freudig lachen hören, als er auch seinen Gegner eliminiert hatte. Sein Freund kam nun ebenfalls auf Direktkurs mit Höchstgeschwindigkeit hinter ihnen her,
Kendig hatte die Rakete fast erreicht und sie ins Visier genommen. Wieder war ihm klar, dass er hier nur mit der Bordkanone würde agieren können. Also drückte er ab. Und donnerten die ersten Schüsse auch