Alfred Broi

Genesis II


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sie mir von Tibun!“

      Marivar zeigte so etwas wie Erleichterung. „Tibun?“ Sie atmete tief durch, während sie Jorik sorgfältig die Wunden säuberte. „Tja, wo soll ich da anfangen? Vielleicht...!“

      Und ohne, dass sie es bemerkte, begann sie, Jorik ihre Lebensgeschichte zu erzählen und sich dabei ebenfalls zu entspannen.

      ¤

      „Sir?“

      Mavis hatte noch ein paar Minuten am Rande des Kraters gestanden und gedankenverloren in die Tiefe geschaut, bevor er sich wieder gesammelt hatte und zurück zu seinem Transporter ging, um mit ihm zu Captain Mistak zu fliegen. Da kam Pivos bereits auf ihn zu gelaufen. Er schien offensichtlich ziemlich erregt.

      „Was ist los?“ fragte Mavis und hatte doch schon eine schlimme Vorahnung.

      „Sir...!“ Pivos stoppte vor ihm ab, atmete einmal tief durch und schaute ihm mit ernstem Gesicht direkt in die Augen. „Wir haben einen Gefangenen!“

      „Wir haben was?“ Mavis war sichtlich erstaunt. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, obwohl diese Möglichkeit ja gar nicht einmal so unwahrscheinlich war.

      „Die Maschine ist nur leicht beschädigt, war aber auf Dauer wohl flugunfähig. Der Pilot hat sie ziemlich ordentlich notgelandet!“

      „Wo?“

      „Im Universitätsviertel. Ein Suchtrupp hat ihn aufgespürt. Als er sie bemerkte, gelang es ihm, zwei unserer Männer zu töten, bevor sie ihn überwältigen konnten.

      Mavis blieb einen Moment stumm und nickte dann. „Geben sie die Nachricht an den Nuri weiter!“

      Pivos nickte. „Jawohl Sir!“

      „Haben sie gerade was vor?“ fragte Mavis sofort danach.

      Pivos schaute irritiert. „Ähm...nein!“

      „Dann steigen sie ein und lassen uns die Sache mal in Augenschein nehmen!“ Mavis schob ihn vor sich her. „Sagen sie dem Nuri, dass wir das für ihn erledigen!“

      „Ja Sir!“ erwiderte Pivos und schien ein wenig erfreut.

      Mavis erkannte das und grinste einmal freudlos. „Dann ab dafür!“ Er bestieg den Transporter und Pivos wies dem Piloten den Kurs, während er Meldung an das Hauptquartier machte.

      Mavis verfiel wieder in Gedanken.

      ¤

      Der Pilot des Transporters war mit sehr hoher Geschwindigkeit zum Hauptquartier geflogen, sodass Vilo bereits keine zehn Minuten nach Erhalt der Nachricht am Krater durch den Haupteingang in den großen Kommandoraum trat.

      Er wollte es zwar nicht, aber seine Schritte hatten sich vom Landeplatz bis in das Innere des Gebäudes doch beschleunigt. Die Türen zum Kommandoraum stieß er wuchtig auf und musste sich wirklich bremsen, nicht zu rennen.

      Fieberhaft zuckten seine Augen im Raum umher, doch er konnte Kaleena nirgends ausmachen. Vilo wurde sofort nervös und begann zu schwitzen. Die Möglichkeit, dass sich jemand für seine Frau ausgegeben hatte, um an ihn heran zu kommen, um ihn mit Vorwürfen oder Bitten zu traktieren, war zwar nicht groß, aber doch vorhanden.

      Und der Gedanke daran, dass er Kaleena jetzt vielleicht doch nicht sehen würde, machte ihn fast wahnsinnig.

      Aber auch beim zweiten Überblick konnte er sie nicht ausmachen, also trat er weiter in den Raum und suchte den Wachhabenden. „Captain?“ rief er fast schon zu laut und fordernd und erschrak beinahe selbst.

      „Ja Sir?“ Der Wachhabende kam mit schnellen Schritten auf ihn zu und salutierte.

      „Es wurde mir gesagt, dass hier jemand...!“

      „Vilo!“ Das war kaum mehr als ein Flüstern, doch Vilo vernahm es unter allen Geräuschen in dem großen Raum ganz genau.

      Der Wachhabende nickte ihm zu und deutete mit dem Kopf hinter ihn.

      Sofort wirbelte Vilo herum und fast hätten seine Beine unter ihm nachgegeben. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein breites, erfreutes Grinsen. „Kaleena!“ hauchte auch er.

      Ihre Augen trafen sich für einen Moment und niemand von ihnen bewegte sich.

      Doch dann konnte keiner von beiden mehr an sich halten und Kaleena rannte auf ihn zu, während Vilo die Arme öffnete. Wuchtig sprang seine Frau dort hinein, ihre Beine berührten den Boden nicht mehr. Vilo schloss seine Arme sofort ganz fest und drückte Kaleenas Körper an sich. Beide hatten ihre Augen geschlossen, stumme Tränen rannen über ihre Gesichter. Wieder verharrten sie so ohne Worte, ganz eng umschlungen, genossen die Nähe, den Duft, den Körper des anderen und wünschten sich beide, dass dieser Moment nie enden mochte.

      Dann aber lockerte Vilo seine Umarmung und drückte seine Frau sanft von sich. Er suchte sofort ihren Blick und schaute in feuchte, aber fröhliche Augen und genoss das bezaubernde Lächeln auf ihren Lippen. Plötzlich hatte er das Verlangen, sie zu küssen und nichts und niemand auf dieser Welt hätte ihn jetzt davon abhalten können. Kaleena empfand ebenso und als sich ihre Zungen trafen, wurde daraus ein leidenschaftlicher Kuss, den beide bis in alle Ewigkeit hätten genießen können.

      Aber auch dieser Moment endete irgendwann. Vilo suchte wieder Kaleenas Augen und streichelte voller Freude zärtlich ihr Gesicht. Von den Anspannungen der letzten furchtbaren Stunden war fast nichts mehr zu sehen. „Ich bin so froh, dass du hier bist!“ sagte er dann.

      „Ich habe es im Fernsehen gesehen...!“ begann Kaleena mit brüchiger Stimme. „...und da wusste ich, dass ich nicht bei Mam und Dad bleiben konnte!“ Sie lächelte kurz. „Es war wie ein Magnet, der mich anzog!“

      „Aber du hättest diese gefährliche Reise nicht antreten dürfen!“ tadelte Vilo schwach.

      „Ich musste es tun, Vilo...!“ Sie schaute ihm direkt in die Augen und schüttelte den Kopf. „Gegen diese Sehnsucht kann man nicht ankämpfen!“ Sie schien tatsächlich ein wenig verschämt und senkte ihren Kopf.

      Vilo musste lächeln. Diese Frau war einfach nur unbeschreiblich. Er legte seine rechte Hand an ihr Kinn und drückte ihren Kopf sanft wieder in die Höhe. „Gott, ich liebe dich so sehr!“ sagte er aus tiefstem Herzen.

      Kaleena lächelte ebenfalls erleichtert und fiel Vilo noch einmal wild in die Arme.

      „Wie hast du es geschafft, hierher zu kommen?“ fragte Vilo dann.

      „Erst wollte ich es mit dem Wagen versuchen, aber ich bin im Stau untergegangen...!“ begann sie. „Fast hätte ich umkehren müssen. Aber dann habe ich Hilfe bekommen!“

      „Hilfe? Von wem?“

      Kaleena hatte bereits Esha in der Tür zum Konferenzraum, in den sie der Wachhabende geführt hatte, nachdem sie angekommen waren, erkannt. Auch Kabus erschien und trat direkt hinter sie. „Von den beiden!“ Kaleena deutete zum Konferenzraum.

      Vilo folgte ihrem Zeichen und sofort erhellte sich sein Blick erneut. „Esha!“ rief er, ging auf sie zu und drückte sie ebenfalls kräftig.

      „Hallo Vilo!“ erwiderte sie, doch merkte man ihr an, dass sie Schwierigkeiten hatte, unter Vilos Umarmung zu sprechen.

      „Mann bin ich froh, dass ihr euch gefunden habt!“ sagte Vilo, nachdem sie sich wieder getrennt hatten. „Das muss sofort Shamos erfahren!“ Er drehte sich zu dem Wachhabenden und der junge Mann trat zu ihm.

      „Shamos!“ Eshas Gesicht war urplötzlich wie versteinert. Das Wort war kaum mehr als ein Hauchen. Es schien, als wäre eine zentnerschwere Last ruckartig auf sie hernieder gegangen. Ihr ganzer Körper sackte einige Zentimeter in sich zusammen.

      Kaleena erkannte das und trat sofort zu ihr, wodurch auch Vilo darauf aufmerksam wurde. „Was ist los?“ fragte er ehrlich überrascht.

      Kaleena wartete eine Sekunde, doch Esha brachte kein Wort heraus. „Shamos...lebt?“

      „Ja!“