Köpfe der vier Männer zuckten überrascht zur Seite, als sie die Ärztin erkannten.
„Marivar!“ begrüßte sie Jorik freundlich. „Schön, sie zu sehen!“
Sie grinste freudlos. „Die Leute hier verstehen ihr Handwerk. Ich werde ganz offensichtlich nicht mehr gebraucht. Ich bin überflüssig und...!“ Sie sah die Sandwiches in der Mitte des Tisches. „...hungrig!“ Mit einem Lächeln nahm sie sich zwei Sandwiches und kaute genüsslich. Shamos schenkte ihr derweil einen Kaffee ein, den sie dankend annahm.
Die vier Männer schauten ihr eine Zeitlang wortlos zu. Marivar registrierte es und hörte auf zu kauen. „Ich hatte sie bei ihrem Gespräch unterbrochen. Das tut mir leid. Also, was ist keine gute Idee?“
„Ähm...!“ Jorik reagierte als erster. „...dass Captain Cosco und Fidu mit mir und Shamos zurück zu Imrix fliegen wollen!“
Marivar schaute Jorik einen Moment lang an. „Und wohin sollten sie ihrer Meinung nach sonst fliegen?“
„Nach Ara Bandiks. Sie sollen weitere Rettungseinsätze fliegen. Die Amarula ist geradezu perfekt dafür geeignet!“
„Stimmt! Aber bedenken sie, dass wir jetzt keine Eskorte mehr haben!“ sagte Marivar frei heraus. „Kann sich die Amarula denn selbst verteidigen?“
„Nein!“ sagte Cosco sofort. „Sie hat keinerlei Bewaffnung!“
„Umso mehr ein Grund, nicht zu Imrix zu fliegen. Ohne Eskorte!“ fügte Jorik sofort an.
„Aber sie fliegen nicht ohne Eskorte!“ Diese Worte kamen von einem Mann, der einen Stock in seiner rechten Hand hatte und leicht humpelnd auf sie zukam.
Als Cosco ihn sah, erhellte sich sein Blick sofort. „Kendig!“ rief er und sprang auf.
„Hey Dad!“ Kendig lächelte. Er sah deutlich frischer und ausgeruhter aus, als noch vor einer Stunde. Er hatte sich gewaschen und trug neue Kleider.
„Warum bist du schon wieder auf den Beinen?“
„Weil es mir schon wieder gut geht?“ erwiderte sein Sohn.
„Und was ist mit der Krücke?“
„Ach die?“ Kendig schaute sie missmutig an und warf sie dann beiseite. „Brauche ich nicht. Es zwackt noch ein wenig hier und da, aber das ist kein Grund...!“
„Aber ich denke wohl, dass das ein Grund ist!“ beharrte Cosco dennoch.
„Nein, Dad, Ist es nicht. Die junge, blonde Krankenschwester mit den strahlenden blauen Augen, die mich am ganzen Körper gewaschen hat, die wäre ein Grund hier zu bleiben. Sonst nichts!“
„Aber ein Jäger wird nicht reichen!“ gab Fidu zu bedenken.
„Na, ich dachte, sie werden mein Flügelmann!?“ Kendig grinste ihn an.
„Und wer übernimmt dann meinen Platz?“ fragte Fidu sofort. „Man kann die Amarula nicht allein fliegen!“
„Jorik?“ Kendig schaute Jorik fragend an.
Doch der schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung vom Fliegen!“
„Dann suchen wir uns eben hier einen Ersatzmann für sie!“ sagte Kendig sofort bestimmt.
„Ich kann fliegen!“ platzte Marivar plötzlich hervor.
„Was?“ Cosco schaute sie verwirrt an.
„Aber ich dachte, sie wollten hier bleiben?“ fragte Jorik.
„Wollte ich auch. Aber man braucht mich hier nicht. Also werde ich auch mitkommen!“
„Und sie können fliegen?“ hakte Cosco nach, doch sein Tonfall verriet, dass er das für ausgeschlossen hielt.
„Ja, kann ich. Ich habe einen Flugschein und über dreihundert Flugstunden. Auf einmotorigen, aber auch auf zweimotorigen Maschinen!“
Cosco lächelte müde und herablassend. „Madame, nehmen sie es mir nicht übel, aber die Amarula...!“
„Ja, ich weiß...!“ unterbrach ihn Marivar sofort. „Die Amarula ist etwa ganz anderes. Das weiß ich selber. Ich will sie ja auch nicht fliegen, ich will ihnen nur zur Hand gehen. Und für unsere Zwecke wird es schon reichen, oder?“
„Naja...!“ meinte Kendig. „Sie könnte die Navigation übernehmen. Wichtig ist doch, dass sie die Instrumente kennt!“ Er schaute seinen Vater an. „Und den Rest kannst du ihr auf dem Flug beibringen!“
Cosco lachte leise auf. „Learning bei Doing mitten im Krieg! Na prima!“
„Ich weiß gar nicht, was du hast!“ erwiderte Kendig sofort. „Du hast so vielen Leuten das Fliegen beigebracht, da wirst du bei Marivar sicher keine Probleme haben. Mir hast du es schließlich auch gezeigt. Also, gib dir einen Ruck!“
„Wenn du nicht mein Sohn wärest, würde ich langsam anfangen, dich zu hassen!“ meinte Cosco leicht genervt. Dann schaute er Marivar lange stumm an. „Also gut. Sie ist dabei!“
Kendig lachte auf und klatschte in die Hände. Alle anderen waren erleichtert.
„Ich liebe diese Momente...!“ sagte Kendig dann voller Freude. „Alles ist aussichtslos und ohne jede Hoffnung und doch haben sich alle furchtbar lieb!“
„Mann!“ stöhnte Cosco und starrte Kendig entnervt an. „Hör bloß auf so zu reden, sonst kriegst du am Ende doch noch die Tracht Prügel, die du als Kind wohl zu wenig bekommen hast!“
Kendig schaute seinen Vater ausdruckslos an, dann grinste er. „Ich gehe und besorge uns zwei Begleitjäger!“ Er machte kehrt und ging noch etwas steif aus dem Raum.
„Ich helfe ihm!“ sagte Fidu, sprang auf und folgte Kendig.
„Eins noch!“ Cosco starrte Marivar mit ernster Miene an.
„Ja?“ fragte sie vorsichtig.
„Bevor sie an Bord gehen, ziehen sie sich bitte was Ordentliches an. In meinem Cockpit sitzt nichts, was einen Rock trägt!“
Marivar schaute ihn verwundert an und fragte sich, ob er das ernst meinte. Jorik und Shamos mussten sofort breit grinsen, gerade weil sie wussten, dass er genau das tat.
Einen Moment später lachten alle, wobei Marivar noch etwas unsicher in Richtung des Captain schaute und Jorik etwas traurig dabei wirkte.
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Die gelöste Stimmung wich schnell wieder einer bedrückend wirkenden Stille, als sich alle ihrem Essen oder einer weiteren Tasse Kaffee widmeten. Wortlos kauten und schlürften sie und hingen ansonsten ihren eigenen Gedanken nach.
Als es keiner mehr aushielt, stumm am Tisch zu sitzen, beschlossen alle, sich zurück zur Amarula zu begeben.
Kaum waren sie aus dem Flughafengebäude herausgetreten und hatten das Rollfeld erreicht, kam Fidu zu ihnen gelaufen und führte sie zu Kendig, der einen von zwei nebeneinanderstehenden Jägern überprüfte. Ein Mann in Uniform war bei ihm.
„Dad!“ begrüßte Kendig seinen Vater freundlich, als er ihn sah und nickte den anderen zu. „Darf ich euch Admiral Tibala vorstellen...!“ Er wartete, bis alle ihm zugenickt hatten. „Er ist so freundlich und stellt uns zwei seiner Jäger zur Verfügung!“
„Wir sind ihnen zu Dank verpflichtet!“ sagte Cosco sofort und schüttelte dem Admiral, der fast ein Kopf kleiner war, als er, die Hand.
„Das ist das Mindeste, was ich für sie tun kann. Ich würde ihnen sogar noch mehr Jäger mitgeben, aber wir haben alle, die wir entbehren konnten, nach Ara Bandiks geschickt. Und ein paar zur Selbstverteidigung würden wir gern hierbehalten!“ In der Stimme des Admirals schwang große Besorgnis, aber auch die Bitte um Verständnis mit.
„Sie haben ihre Truppen zur Hilfe nach Poremien geschickt?“